Hallo Dr. Posth
mein (in den ersten beiden Lebensjahren schwer und mehrfach traumatisierter) Pflegesohn und Neffe (5 Jahre) verhält sich sehr seltsam wenn ich ihn im Kiga abhole. Er beschimpft mich, läuft weg, hört nicht, leistet Widerstand und wirkt verwirrt. Ich denke er äussert so seine Unmut und versuche ihn zu trösten bzw. verstehen. Erzieher vermuten fehlende Grenzsetzung meinerseits. Bin verunsichert. Ich möchte seine Unmutsäusserung nicht unterbinden, bin schon froh, dass er auch mal Gefühle mitteilt, sonst nie. Weint nie etc. Erzählt fast nichts aus dem Kindergarten, auch nicht wenn er geärgert wurde, er ist sehr sensibel, es macht ihm auch Angst wenn er mal "böse" zu einem anderen Kind war. Fängt nun auch an Geschehnisse zu verdrehen (lügen?). Er leidet zudem unter generalisierter Angst mit täglichen Alpträumen, hat auch Angst vor einer -sehr lieben- Erzieherin.
Wie verhalte ich mich denn nun am besten?
Besten Dank. Bin froh, dass es Sie gibt.
;) melosch
Mitglied inaktiv - 10.03.2008, 12:48
Antwort auf:
schwierige Abholsituation Kindergarten
Hallo, das Verhalten, das Sie von Ihrem Pflegekind beim Abholen beschreiben, erinnert sehr stark an das Verhalten von bindungsgestörten Kindern. Kinder mit desorganisierter Bindung fallen beim Älterwerden durch starke Widersprüchlichkeit in ihren Reaktionsweisen auf. Außerdem erweisen sie sich emotional auffallend unbeweglich und wirken nach außen wie unbeteiligt. Die Kinder, so sagt man, schwingen nicht mit der momentanen Gefühlslage mit, die allgemein eingenommen wird. Sie erscheinen wie deplaziert. Wenn das alles bei Ihrem Pflegesohn so ist, dann hat das mit Trotz und grenzen setzen üerhaupt nichts zu tun, und ein einfacher pädagogischer Akt könnte die Sache eher noch schlechter machen. Z.B. könnten Angst und Traurigkeit zunehmen und das ohnehin stark beschädigte Selbstbewusstsein würde noch weiter leiden. Am besten wäre es, sie fänden einen Kinderpsychotherapeuten(in), der viel von Bindungstheorie versteht und der die Problematik mit ihnen bespricht und Sie anleitet. Viele Grüße
von
Dr. med. Rüdiger Posth
am 14.03.2008