Hallo Dr. Post,
ich habe schon viele ihrer Antworten auf Beiträge gelesen und sie haben mir viel weitergeholfen. Ein paar Fragen habe ich aber trotzdem.
Sie haben geschrieben, dass bei Eltern, die sich nach den Bedürfnissen ihres Kindes richten, die Fremdelangst des Babys automatisch abnimmt. Wie stark denn und über welchen Zeitraum? Unser Sohn ist 10 Monate alt lässt sich von niemandem außer meinem Mann und mir auf den Arm nehmen.
Weiterhin ist er seit ca. vier Wochen stark auf Papa fixiert und weint, wenn er zur Arbeit muss. Haben Sie einen guten praktischen Tipp? Soll ich unseren Sohn ablenken, damit er nicht merkt, dass er geht?
Und wie begleite ich ihn möglichst gut in seinem nun aufkommenden eigenen Willen?
Danke schonmal!
von
LisaSie
am 25.06.2012, 07:58
Antwort auf:
fremdeln und eigener wille
Hallo, das Fremdeln hat auch sehr viel mit der Veranlagung eines Kindes zu tun, wobei es hier um die Särke der Urangst geht. Das heißt, ein gewisses Quantum an Angst bringt jeder Mensch mit auf die Welt, selbst wenn er sich in noch so sicheren Verhältnissen befindet. Das ist ein Urgefühl im Menschen, das seinen Niederschlag in bestimmten Hirnregionen gefunden hat und dazu dient, erstens sofort nach der Geburt zu beginnen, eine Bindung zu den Hauptbezugspersonen aufzubauen und zweitens immer ihren Schutz zu suchen, solange die Schutzbedürfntigkeit auf natürliche Weise besteht. Zu wenig Angst und zu viel Risiko könnten schnell zum eigenen Verderben führen.
Das Fremdeln zeigt diese Bindung an und verliert sich zum Ende des 1. Lebensjahres, wenn die Loslösung beginnt.
Aber da gibt es dann eine Überschneidung zur Anhänglichkeit, so dass bei besonders ängstlichen Kindern manchmal nicht klar zu unterscheiden ist, wann das eine aufhört und das andere beginnt. Der Beginn der Loslösung zeigt sich darin, dass sich das Kind jetzt immer stärker auf den Vater zu bewegt. Das scheint bei Ihrem Sohn schon langsam anzufangen. Es ist übrigens besser, wenn das Kind das Fortgehen der Bindungsperson nicht so genau bemerkt. Voraussetzung ist, dass die andere Bindungsperson weiterhin da ist. Es ist das Trennungserlebnis, das vom Kind schlecht verkraftet wird. Viele Grüße und danke für Ihr Lob
von
Dr. med. Rüdiger Posth
am 27.06.2012