Lieber Dr. Posth, vor 2 Wochen schrieb ich wegen der großen Anhänglichkeit meiner Maus ( fast 19 Mon.)Nun war es von einem Tag auf den anderen vorbei und sie wirkt"selbstbewußter". Sie spielt zbsp.allein in ihrem Zimmer und irgendwann ruft sie nach mir und gibt sich damit zufrieden, dass ich ihr sage, wo ich bin. Oder beim Turnen versichert sie sich nur noch mit Blickkontakt, ob ich da bin.Ist das der Sprung den sie gemacht hat???
Was halten Sie von der Studie der Uni Giessen, dass die SICHER gebundenen Kinder nachts wach werden und die unsicher gebundenen ( vermeidend) nicht nach den Eltern rufen?????
LG Astrid, die sich schon sehr auf ihr Buch freut, damit sie in Ruhe (und nicht vor dem PC) in ihren Ausführungen schmökern kann!!!!!!!
Mitglied inaktiv - 12.03.2007, 06:55
Antwort auf:
Anhänglichkeit 2.Teil
Liebe Astrid, nach meinen Vorstellung über die frühkindliche emotionale Entwicklung läßt sich der Entwicklungssprung Ihrer Tochter definitiv nur so erklären. Solche oder sehr ähnliche Entwicklungsschritte konnte ich bei meinen Beobachtungen sehr oft in diesem Alter erkennen.
Womit wir bei der Studie wären. Ich kenne die Gießener Untersuchung, allerdings weiß ich nicht jedes Detail. Ich kann die Aussagen zur sicheren und unsicheren Bindung in Bezug auf das Schlafverhalten nur so verstehen, daß die unsicher-vermeidenden Kinder deswegen nicht nach Ihren Eltern rufen, weil sie es gelernt haben, daß ihre Eltern nicht reagieren. Die ist jedoch kein Schritt zur Selbstregulation, sondern ein Schritt in die Verdrängung. Diese Kinder haben es aufgegeben, auf die Einfühlsamkeit und das Verständnis ihrer Eltern zu hoffen. Hingegen rufen die sicher gebunden Kinder sehr wohl, weil sie davon ausgehen, daß ihre Eltern reagieren und sich um sie kümmern. Vielleicht wollten Sie mir das ja auch sagen?! Daß auch sicher gebundene Kinder nachts wach werden, ist natürliches Ergebnis. So gut wie kein Kind schläft immer durch. Die ambivalent-unsicher bebundenen Kinder machen wahrscheinlich die größten Schwierigkeiten in der Nacht, weil sie nicht nur rufen, sondern gleich ängstlich zu weinen anfangen. Sie sind hinunher gerissen zwischen Hoffen und Bangen.
In meinem Buch vermeide ich es, statistisches Material aufzuarbeiten. Das ist unendlich langweilig und jede Statistik krankt an ihrer Selbstüberzeugung. Was mich interessiert, ist die einfühlsame Beobachtung der Kinder und das Eindringen in ihr Gefühlsleben mit der menschlichen Intuition. Ich selbst beobachte inzwischen die Entwicklung von über einhundertfünfzig Kinder aus meiner Praxis auf diese Weise und komme zu eigenen Schlüssen. Ich muß allerdings einräumen, daß meine Beobachtungen in vielen Punkten mit den öffentlich gemachten Studien übereinstimmen. Was mich aber unterscheidet, sind meine Interpretationen. Ich glaube, meine Buch ist in dieser Hinsicht sehr spannend. Viele Grüße
von
Dr. med. Rüdiger Posth
am 12.03.2007