Frage im Expertenforum Frühgeburt an Prof. Dr. med. Gerhard Jorch:

Plexuszysten

Prof. Dr. med. Gerhard Jorch

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Kinderarzt und Neonatologe

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Frage: Plexuszysten

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Hallo Herr Professor Jorch, mein Sohn wurde als 2. Zwilling in der 30/4 SSW geboren und hatte unter Anderem ein IRDS IV. Grades mit schwerer ANS-Symptomatik. Er wurde mehrere Tage auf HFO-Ventilation umgestellt und bekam mehrmals Surfactant appliziert. Im Verlauf des der intensivmedizinischen Behandlung hatte er Lungenblutungen und eine ICH I. Grades. Aus dem Befundbericht kann ich entnehmen, dass sich beiseitig vereinzelte Plexuszysten (bis 3mm im Querschnitt) gebildet haben. Weiter steht dort, diese Zysten würden sich in der "kaudothalamischen Rinnenregion beiseits und im linken Hinterhorn befinden". Das ist inzwischen ein halbes Jahr her. Er gedeiht gut, die schwerste Zeit ist überstanden. Dennoch mache ich mir häufig wegen der Zysten Sorgen, da mir die Ärzte damals sagten, es besteht die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein ADHS entwickelt. Wie schätzen Sie das ein? Kann man solche Aussagen bereits aufgrund der Lage der Zysten so frühzeitig treffen? Für welche Fertigkeiten etc. ist der genannte Hinrbereich zuständig? Sind Plexuszysten nun harmlos oder doch nicht? Mir scheint, Einigkeit besteht darüber nicht. Vielen Dank. Annett


Prof. Dr. med. Gerhard Jorch

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Ziemlich verwegen, von Plexuszysten auf ADHS zu kommen. Das müssen Sie mißverstanden haben. Plexuszysten an sich machen keinerlei Hirnschädigung. Der Plexus ist ein Gefäßkäuel in den Hirnkammern, der Liquor abscheidet. Keine einzige Nervenzelle ist also bei einer Plexuszyste betroffen. Man kann sie aber sehr gut im Ultraschall sehen. Diesem Umstand verdanken sie ihre häufige Erwähnung. Der einzige Aspekt, der zu berücksichtigen ist, ist, dass man, wenn es zu Blutungen und nachfolgenden Zysten im gut durchbluteten Plexus gekommen ist, man annehmen könnte, dass, diesen Plexusblutungen Störungen der Hirndurchblutung zugrunde lagen, die vielleicht Hirnschädigungen verursacht haben könnten, die man im Ultraschall nicht sehen konnte. Sie sehen, dass dies ein Schluß über viele Ecken ist. Wichtiger ist der Gesichtspunkt, dass IRDS IV mit der Notwendigkeit der HFO-Beatmung mit einem Risiko für Hirndurchblutungsstörungen einhergeht. Dennoch sind aber weder Plexuszysten noch HFO-Beatmung ein Beweis dafür, dass die drohenden Hirnschädigungen wirklich eingetreten sind. Beides sind also nicht mehr und weniger als Risikofaktoren und die weitere Entwicklung wird zeigen, ob Hirnschädigungen eingetreten sind oder nicht. Zu Ihrer konkreten Frage: Plexuszysten für sich sind harmlos.


Mitglied inaktiv

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Hallo Herr Prof. Jorch, vielen Dank für Ihre Antwort. Ich habe mir nun den Bericht noch einmal genauer durchgelesen. Da mein Sohn durch einen hämodynamisch bedeutsamen PDA am 1. Lebenstag in einer sehr instabilen Kreislaufsituaton war und ihm in der Klinik nicht mehr geholfen werden konnte, wurde er mitten in der Nacht in die nächste Uni-Klinik geflogen. Schon vor dem Transport wurde ihm mehrfach Surfactant verabreicht, was aber nicht zu einer Verbesserung seines Zustandes führte. Die Ärzte der Uni-Klinik verabreichten ihm deshalb auch Katecholamin als Infusion noch vor dem Transport und anschließend mehrere Zyklen Indometacin. Glücklicherweise konnte so der PDA in den darauf folgenden Tagen geschlossen werden. In Folge kam es zu einer Überwässerung der Lunge und zu einem grenzwertig großem Herz. Die Ärzte beider Kliniken sagten mir nur, nachdem sein Zustand sich stabilisiert hatte, dass alles sehr kritisch aussah und mein Sohn vermutlich ADHS entwickeln würden, neben der BPD, die er durch die Beatmung hat. Mehr Aufklärung wollte man mir wohl nicht zumuten. Auch wurde mir gesagt, er würde seinem Bruder in der Entwicklung bestimmt hinterhinken. Inzwischen sieht es so aus, dass mein Sohn seinem älteren Bruder (1 Min. älter) noch etwas vormacht. Er lernt viel schneller sich zu drehen, zu greifen, lautiert viel mehr und ist überhaupt viel aufgeweckter. Manchmal so aufgeweckt, dass mir der Satz mit dem "ADHS" wieder einfällt. Bis vor ein paar Wochen hatte ich immer ein zusammengeknäultes, steifes Baby im Arm, beide Hände vor dem Gesicht haltend und äußerst schreckhaft. Er war nie entspannt, sondern so sehr angespannt, dass ich mir ständig Sorgen machte. Und von einem Tag auf den anderen änderte sich das... Ich erinnere den ganzen Ablauf auch nicht mehr sicher, da sich sein Bruder in einer ähnlich schlechten gesundheitlichen Situation befand und ich vollkommen überfordert war, da ich zwischen zwei Krankenhäusern hin-und herpendeln musste. Vielleicht ist es ja so, dass diese ADHS-Aussage demnach nur auf Vermutungen beruht, weil so viele Risikofaktoren (Medikamente, die schlechte Kreislaufsituation durch den PDA) bestanden? Vielen Dank nochmal für Ihre Antwort.


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