Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Stillst Du schon wieder?

Frage: Stillst Du schon wieder?

Mitglied inaktiv

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...ich kann es nicht mehr hören! Hallo Biggi, ständig "darf" ich mir sowas anhören, von Familienmitgliedern, die selber ihren Babys aller 4Std. das Fläschchen gegeben haben. Da habe ich doch auch nix gesagt! Mein Süßer (übrigens ja Nr.3!) ist eben etwas anspruchsvoller und möchte aller 2-3 Stunden stillen, auch noch mit fast 5 Monaten. Ich finde es in Ordnung, auch wenn ich manchmal Organisations-Kopfstand machen muss, um alle 3 Kids unter einen Hut zu kriegen. Aber ich kriege es hin (mal selber schulterklopfe). WARUM nur fühlen sich alle berechtigt, mir reinzureden?! WARUM soll ich ihn schreien lassen, wenn er wirklich Hunger hat? Wenn er nämlich keinen Hunger hat, beruhigt er sich augenblicklich, wenn ich ihn hochnehme! Weint er weiter und ist definitiv nicht müde, hat er Hunger! Ich kenne doch mein Baby! Und ist es so schlimm, dass ich es nicht super finde, mein Kindchen für paar Stunden bei Oma zu lassen und etwas für mich zu machen? Ich will das nämlich nicht, es erzeugt nur Stress bei mir. Ich finde es aber völlig in Ordnung, wenn anderen Mamas das leicht fällt und sie Freizeit haben möchten. Ich will das aber nicht und brauche es nicht. Mein Mann unterstützt mich wunderbar in jeder Hinsicht. Ich geniesse mein (mit Sicherheit) letztes Baby. WARUM nur muss ich mich dafür rechtfertigen?! Danke fürs Lesen, ich bin wohl etwas dünnhäutig in letzter Zeit! Gibst Du mir paar Argumente? Vielleicht ist es ja genetisch programmiert, dass wir unsere Babys nicht abgeben und ich bin halt sehr ursprünglich? Ich bin im übrigen ein gefühlsbetonter Mensch... LG und Danke, danke, danke für dieses wundervolle Forum! Jana


Biggi Welter

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Liebe Jana, ich sitze hier und grinse, weil es mir damals GENAU wie dir ging und jeder, wirklich jeder so tolle RatSCHLÄGE gab. Stell dir mal vor, es gäbe für dich kein Internet, Du bist in einer Gesellschaft groß geworden, in der überspitzt ausgedrückt der Herr Pfarrer, der Herr Lehrer und der Herr Doktor für die große Mehrheit der Menschen eine unangefochtene Autorität sind und Du erlebst, dass sich in der Technik fortwährend riesige Neuheiten auftun. Von frühester Kindheit an wirst Du geprägt durch das Verhalten deiner Eltern, die in bester Absicht und nicht selten gegen ihr Gefühl handeln, weil "man" Kinder so erziehen muss. Die Medien, die dir zur Information zur Verfügung stehen sind eher einseitig und Vorbilder, die von dem, was die Mehrheit tut, abweichen, gibt es ebenfalls so gut wie keine. Wie würde wohl dein Weltbild aussehen? In dieser Situation haben sich unsere Mütter und Großmütter befunden und sie haben das getan, was aus ihrer Sicht heraus, das Beste für ihre Kinder uns war. Ich kenne eine Frau, deren erster Sohn 1958 geboren wurde. Sie hat erzählt, wie sie weinend neben dem Bett ihres ebenfalls weinenden Kindes saß und die Minuten gezählt hat, bis sie ihn aus dem Bett herausnehmen und füttern durfte. Aber sie wollte ihrem Kind ja auf keinen Fall schaden, also hat sie sich strikt an die Anweisung des Arztes gehalten. Ihr Baby hatte wie sich wenige Wochen nach der Geburt heraus stellte einen Herzfehler und musste ins Krankenhaus. Diese Mutter hat es 1958 (!) durchgesetzt, dass sie mit ins Krankenhaus konnte. Aber sie hat sich all die langen Wochen nicht getraut, ihr Kind aus dem Krankenhausbett zu nehmen, wenn es nicht gerade die offizielle Fütterzeit war oder das Kind gewickelt wurde. Sie hat mit aller Kraft ihre Tränen unterdrückt und neben ihrem Kind ausgeharrt, froh, dass sie zumindest in seiner Nähe bleiben durfte. Auf keinen Fall wollte sie riskieren, dass sie dieses in den Augen der Ärzte riesige Privileg am Tag auf einem Stuhl neben ihrem Kind zu sein und es selbst füttern und wickeln zu dürfen, verliert. Kannst Du dir vorstellen, wie diese Frau sich gefühlt haben muss und wie sie sich heute fühlt, wenn sie ihre Schwiegertochter mit den Enkeln erlebt? Diese Frau war mit Sicherheit eine Pionierin, eine Revoluzzerin, die immerhin den Mut hatte, sich gegen eine vollständige Trennung von ihrem kranken Kind aufzulehnen. Aus heutiger Sicht lässt sich leicht sagen "Warum hat sie nicht auf ihr Gefühl gehört und ihr Kind in den Arm genommen?" Wir heute haben die Möglichkeit, uns zu informieren, eine zweite oder dritte (ärztliche) Meinung einzuholen, die Klinik zu wechseln. Doch welche Möglichkeiten standen unseren Müttern offen? Unseren Müttern wurde einleuchtend erklärt, warum sie wie mit ihren Kindern umzugehen hatten und sie haben es geglaubt. Ich denke sogar, sie hatten oft gar keine andere Wahl als das zu glauben, was ihnen gesagt wurde und was sie in der ihnen zur Verfügung stehenden Literatur nachlesen konnten. Wie alle Mütter wollten sie nur das Beste für ihre Kinder und das Beste war laut damaligen Zeitgeist nicht die Muttermilch. Hochglanzbroschüren mit Bildern von glücklichen, wohlgenährten Babys und ihren strahlenden Müttern gab es auch damals und die Skepsis gegenüber dem gedruckten Wort war noch nicht so verbreitet wie heute. Der Geist der Zeit lautete "sei modern" und stemme dich nicht gegen den Fortschritt. Stillen war sicher nicht modern. Nun erleben unsere Mütter heute als Großmütter, dass wir es so ganz anders machen. Sie sehen, dass wir andere Entscheidungen treffen, Autoritäten anzweifeln und andere Prioritäten setzen. Ein Teil unserer Mütter wird voll Wehmut erkennen, dass wir das leben, was sie in ihrem Inneren gefühlt und nicht gewagt haben. Das sind Mütter wie die Frau, die ich oben erwähnt habe. Sie leidet heute nochmals, wenn sie erlebt, wie ihre Schwiegertochter stillt und ganz selbstverständlich das Kind jederzeit auf den Arm nimmt, im Tragetuch trägt und all die Dinge tut, die ihr vor über 40 Jahren verwehrt wurden. Doch ein Teil unserer Mütter sieht nur, dass es jetzt anders ist und fühlt sich dadurch angegriffen und vor den Kopf gestoßen. Unsere Art, mit den Kindern umzugehen und das Stillen, stellt in Frage, dass sie gute Mütter waren (und sind). Es ist für sie schwer zu akzeptieren, dass es heute "anders" ist, denn das gibt ihnen das Gefühl, dass sie "falsch" gehandelt haben ein schlechtes Gefühl. Sie können kein Vertrauen in die Muttermilch haben, weil ihnen dieses Vertrauen gründlich abtrainiert wurde und dazu kommt dann in vielen Fällen auch noch dieses unangenehme Gefühl, das einen Menschen beschleicht, der erlebt, dass sein eigenes Verhalten als falsch hingestellt wird. Je älter ich werde und vor allem je älter meine Kinder werden, um so mehr beschäftigt mich dieses Thema und damit auch der Gedanke, wie wird es sein, wenn meine Kinder Eltern werden, wie werde ich mich fühlen, wenn sie andere Wege gehen als ich sie gegangen bin? Es ist wirklich ein schwieriges Thema und es ist sicher wichtig, dass wir uns ab und zu bewusst machen, dass unsere Mütter uns nicht in besserwisserischer Form ärgern wollen, sondern damit zurecht kommen müssen, dass ihr Weltbild auf den Kopf gestellt wird. Ich kann mich heute schmunzelnd daran erinnern, als ich meinem Sohn einen Kuchenkrümel aus dem Mund gefischt habe und meine Schwiegermutter zornentbrannt den ganzen Kuchen in die Tonne geschmissen hat, weil ihr Kuchen ja nicht gut genug ist. Es gab erst einmal Tränen auf beiden Seiten, dann ein gutes und ehrliches Gespräch (zugegeben, es hat etwas gedauert : ) ) heute vertraue ich ihr voll und ganz, sie kennt meine Grenzen und ich ihre. Ich weiß, dass sie meine Kinder liebt und mich nicht ärgern will, trotzdem ist es natürlich wichtig, dass sie in unserem Sinne handelt und das ist wurde nur möglich durch viel Reden und Verständnis von beiden Seiten. Ich hoffe, es klappt bei dir bald besser! LLLiebe Grüße Biggi


Mitglied inaktiv

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Da schreibst du was. Ist bei mir genau das Gleiche. Meine Schwiegermutter fragt meinen Mann jedes Mal am Telefon, ob ich noch stille. Und wenn er es bejaht, dann ist sie ganz erstaunt und findet, dass es ja so langsam mal reichen sollte mit der Muttermilch. Neulich war meine Schwägerin da (im 4. Monat schwanger) und ich habe so beiläufig erzählt, dass Svea manchmal alle 2-3 Stunden gestillt werden möchte. Da meinte sie: Boah, das wäre mir zu anstrengend. Sie würde gleich sofort die Flasche geben und ihr Kind nicht großartig herumnuckeln lassen. Schlimm sind auch echt die Argumente, wenn meine Tochter häufiger ran möchte: Na bist du dir sicher, dass sie noch genug bekommt? Oder wenn Svea mal etwas mehr Blähungen hat, dann wollen mir einige Leute echt weiß machen, dass sie meine Milch nicht verträgt. Dann ist einigen meine Milch zu fetthaltig und andere finden sie zu dünnflüssig. Echt schlimm. Im Moment schlittern meine Tochter auch von einer Stillkrise in die nächste. Da kommen natürlich erst recht die Ahnungslosen und wollen einem zum Abstillen ermutigen. Aber bis jetzt habe ich immer durchgehalten und ich werde auch solange weiterstillen wie Svea es möchte. Ich genieße es einfach zu sehen wie sie wächst und gedeiht und das nur, weil sie meine Milch trinkt. Es ist für mich so eine Bestätigung und Ermutigung. Das lasse ich mir von dummen Kommentaren nicht kaputtmachen. Lg. Melanie mit Svea (10 Wochen alt)


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Hallo, ich finde es schön, wie Biggi Verständnis erzeugt für die Befindlichkeiten der (älteren) Verwandschaft. Das kann nur gut sein! Dennoch - es gibt Themen, da finde ich es einfach total unhöflich, sich ungefragt einzumischen, und entsprechend furchtbar den daraus resultierenden Stress. Bei uns war es etwas anders: Das Stillen bei Clemens gab ich nach nur 2 Wo. völlig fertig mit der Welt auf (war ein harter Kampf mit tausend Widrigkeiten und ohne kompetente Hilfe, oft mit Falschaufklärung etc.). Nun, er bekam u.a. ohne, dass ich gefragt wurde, am 2. Tag Flaschenmilch und später eine kräftige Milcheiweißallergie (die sich glückilcherweise aber ausgewachsen hat). Trotzdem hatte bzw. hat er noch weitere Allergien. Bei Felix machte ich dann allen klar, dass ich alles daran setzen würde, ihn erfolgreicher zu stillen, und es klappte (unter ganz anderen Voraussetzungen). Ich konnte nun immer auf Clemens verweisen, was passiert, wenn man der Natur ins "Handwerk" pfuscht, und so staunten alle höchstens über das wochenlange Cluster-feeding, und demgegenüber erschien der anschließende 2-h-Rhythmus rund um die Uhr bis zum Alter von 6 Mon. dagegen ganz entspannt. Er ist allergiefrei. Ich persönlich glaube ja an kühle statistische Rechnungen und kann nicht behaupten, dass Clemens mit Stillen keine Allergien bekommen hätte, aber gerade die Leute, die impulsiver denken und entsprechend am ehesten dazu veranlagt sind, ungefragt mit Ratschlägen um sich zu werfen, waren durch dieses anschauliche Allergiebeispiel außer Gefecht gesetzt. Kannst du gerne weitergeben! Und es kam später höchstens Staunen: "Was, NUR durch Muttermilch ist er schon so schwer geworden?" Neben den Kindern selber als Beispiel habe ich alle, die es wissen wollten, mit Fachwissen plattargumentiert. Ich bin zwar nicht Fachfrau, aber mittlerweile genügend übers Stillen informiert, um z.B. auf die Frage, ob er wohl nicht satt wird, weil er sich schon wieder meldet, ganz cool zu antworten: "Er stellt sich mit der Stillhäufigkeit Menge und Zusammensetzung der Milch optimal seinem Bedarf entsprechend zusammen, da darf man nicht hineinpfuschen." Auf die Frage, ob die Milch reicht, kann man immer auf Ammen oder Zwilingsmütter oder sogar auf Kühe verweisen, die bedarfsgerecht sogar viel größere Mengen zustande bringen. Und du bist gesund - warum solltest du zu den ganz seltenen Ausnahmen zählen, bei denen die Milch nicht reicht? Ein weiteres Argument fürs Stillen und später auch Essenlassen nach Bedarf: Mit Hinweis auf das Buch von C.Gonzales "Mein Kind will nicht essen" (seeehr zu empfehlen!): "Guckt Euch Eure Generation und die vielen Übergewichtigen an, die als Kinder gezwungen wurden, mehr als nötig oder anders als nach dem eigenen Bedarf zu essen - völlig verkorkstes Körpergefühl in Sachen Ernährung mit allen gesundheitlichen Konsequenzen. Und wofür??? Wenn es doch nicht nur viel gesünder, sondern auch viiiel einfacher ist, wieder einmal der Natur zu vertrauen!" Damit solltest Du alle mundtot machen können, und daneben immer dein zufriedenes gesundes Kind präsentieren (wie könnte man daran rütteln wollen!). Wenn sich die Gemüter daraufhin nicht beruhigen, würde ich meiner Mutter klar sagen, dass ich das Thema nicht mehr mit ihr besprechen werde, bzw. meinen Mann bitten, seiner Mutter oder Verwandschaft das gleiche mitzuteilen. Man muss gerüstet sein, halte durch und LG, Emily


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meine Tochter ist jetzt 6 Monate alt und war noch NIE!!! ernsthaft krank und ich stille voll. Dabei heisst es doch 12 Erkältungen in den ersten 12 Monaten. Die Muttermilch enthält alle Abwehrstoffe und -kräfte der Mutter. Lass sie reden - lass sie einfach reden. Ich musste mir auch anhören "Ja stillst Du schon wieder?" "Wozu Tragetuch wo es denn Kinderwägen gibt - das ist zeitgemäßt!" "Ja kriegt sie denn auch mal was Richtiges zu essen? Muttermilch ist ja nur Zucker und Fett" "Du läßt sie immer trinken, wenn sie Hunger hat? Davon wird sie ja dick und fett - sie soll nur alle 4 Stunden trinken" Ich habe irgendwann kategorisch gesagt: "Ihr habt das so gemacht wie ihr das bei euren Kindern für Richtig hieltet und ihr hattet eure Kinder und ich mach es so wie ich es für richtig halte und wenn ihr die Kleine mal betreuen wollt, dann nach meinen Regeln oder gar nicht!" Halt durch und lass sie reden! Liebe Grüße


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Ich hoffe nur, dass ich später mal meine Kids machen lasse! Biggi, Du hast natürlich Recht, nur ist man nach Schwangerschaft und Geburt empfindlicher als sonst und ärgert sich drüber... Ich habe beschlossen, "Frieden" zu halten und es nicht persönlich zu nehmen sondern als Generationenproblem. So springe ich nicht jedesmal drauf an und rechtfertige mich für (mittlerweile) selbstverständliche Dinge. LG Jana


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