Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Nächtliches Trösten durch Papa (15 Monate)

Biggi Welter

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Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Nächtliches Trösten durch Papa (15 Monate)

Marlie

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Hallo liebe Stillberaterinnen, meine Tochter ist nun 15 Monate alt und ich stille noch nach Bedarf, hauptsächlich während dem Einschlafritual mittags und abends, sowie nachts. Bisher war es so, dass der Papa unsere Tochter nachts auch immer gut trösten konnte. Wenn es zu einem Zeitpunkt war, an dem sie gestillt werden wollte und ich wollte mich z.B. noch schnell bettfertig machen um dann bei ihr zu bleiben, hat Papa die Kleine getröstet, sie auf den Arm genommen oder sich zu ihr gelegt und die beiden haben quasi auf mich gewartet, ohne Geschrei. Nun ist es aber seit ca. 2-3 Wochen so, dass die Kleine sich vom Papa nachts gar nicht mehr trösten lässt. Nur noch dadurch, dass ich mich zu ihr lege und am besten auch stille. Sie wird eher noch wütender und fängt richtig an zu weinen, wenn ich nicht gleich komme, sondern Papa sie versucht zu trösten und zu streicheln etc. Egal was er versucht es wird immer schlimmer. Wir sind darüber beide sehr traurig. Der Papa hat eigentlich eine sehr enge Besziehung zu unserer Tochter und möchte sie natürlich auch gerne beruhigen können. Außerdem würde ich abends auch gerne mal ins Kino oder ähnliches, aber im Moment traue ich mich das gar nicht, weil ich befürchte der Papa kriegt die Kleine gar nicht beruhigt. Ich frage mich nun, ob das nur eine Phase ist und es wieder vorbei geht, wenn wir einfach abwarten und ich erst mal das nächtliche trösten allein übernehme. Oder soll der Papa das weiterhin trotzdem versuchen? Oder sind wir an einen Punkt angelangt an dem meine Tochter sich nachts ohne stillen gar nicht mehr beruhigen lässt, weil sie es einfach immer so gewöhnt ist. Wenn das nämlich der Fall wäre und es von alleine nicht besser wird, würde ich versuchen etwas zu ändern, z.B. das ich sie nachts öfter auch ohne stillen versuche zu beruhigen. Ich hoffe nur dafür wäre ich konsequent genug. Oder wäre dann ein nächtliches komplett abstillen sogar sinnvoller und klarer für meine Tochter? Ich freue mich auf ihre Tipps. Vielen Dank schon einmal :)


Biggi Welter

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Liebe Marlie, das ist tatsächlich nur eine Phase und diese solltet Ihr ohne Druck zusammen überstehen. Es wäre gut, wenn Du dein Baby tröstest, der Papa kann und sollte aber ruhig dabei sein. Irgendwann wird es von alleine besser und dein Kind macht evtl. gerade einen Entwicklungsschub durch und klammert deshalb so. Stillen behindert NICHT die Loslösung. Oft wird einfach nur zu viel von unseren Kindern erwartet, und nicht berücksichtigt, dass jedes Kind einen ganz individuellen Reifeprozess durchmacht. Die Einstellung, dass das Langzeitstillen die Loslösung beeinträchtige oder ein Problem in Hinblick auf die Theorie des Übergangsobjektes darstellt, ist keineswegs wissenschaftlich begründet. Dieser Vorstellung liegt eine Hypothese zugrunde, für die es keinen Beweis gibt. Die Überlegungen beruhen auf Beobachtungen in einer bestimmten Bevölkerungsgruppe, die vor langer Zeit gemacht wurden. Dem Stillen oder gar dem längeren Stillen wurde dabei überhaupt keine Aufmerksamkeit entgegengebracht (wohl auch, weil kaum bzw. nicht lange gestillt wurde). Die Praxis zeigt jedenfalls, dass langzeitgestillte Kinder nicht unselbständiger sind als kurz oder gar nicht gestillte Kinder und auch keine vermehrten Probleme mit der Loslösung haben, im Gegenteil: Oft haben sie ein so starkes Vertrauen in sich und die Welt, dass sie recht forsch die Welt entdecken wollen. Außerdem spricht gegen diese Theorie, dass es dann weltweit gesehen sehr viele Kinder Probleme mit der Selbstregulation haben müssten, denn es gibt ja nun mal viele Kulturen, in denen das lange Stillen deutlich über das Babyalter hinaus üblich ist und es gibt Kulturen, in denen keine Übergangsobjekte bekannt sind. Das lange Stillen führt definitiv nicht zu einer verspäteten Loslösungsphase, aber dein Kind spürt jetzt deine Unsicherheit und das ist etwas, was Kinder extrem schlecht vertragen. Kinder brauchen Klarheit und Zweifel sowie Unsicherheit der Eltern verwirren sie und beeinflussen ihr Verhalten, so dass sie z.B. besonders klammern oder eben sehr lange und häufig an der Brust trinken. Das Problem ist nicht das Stillen - das in diesem Alter außerdem noch vollkommen normal ist, denn statistisch gesehen findet ein selbstbestimmtes Abstillen meist irgendwann zwischen dem zweiten und dem vierten Geburtstag statt - sondern der Druck, der von außen auf einer Mutter lastet. Im Grunde geht es darum: Was hältst DU für das richtige, welcher Ansatz fühlt sich für dich und dein Kind besser an? Wenn dein Kind anhänglich ist, dann doch deshalb, weil es dich braucht. Unsere Erfahrung zeigt: Je uneingeschränkter diese Bedürfnisse befriedigt werden, desto leichter fällt es einem Kind loszulassen. Wenn Du allerdings nicht mehr stillen möchtest, dann ist das dein gutes Recht und Du solltest ohne schlechtes Gewissen abstillen. Auch da ist es wichtig, dass DU klar und konsequent bist, dann wird dein Kind es akzeptieren. LLLiebe Grüße, Biggi


Marlie

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Vielen lieben Dank für die superschnelle Antwort! Du hast recht, wir sind momentan wohl wirklich an einem Punkt an dem man von vielen aus dem Umfeld das Gefühl bekommt, dass es doch langsam zeit wird abzustillen. Und auch die meisten Mama-Freundinnnen haben jetzt abgestillt. Ja, man macht sich selbst Druck ... und denkt sich man schafft es vielleicht nie bzw das es immer schwerer wird, je länger man stillt. Daher möchte ich mich umso mehr bedanken, denn nach deiner Antwort fühle ich mich bestärkt, dass es nicht verkehrt ist, wenn ich weiterhin versuche die Bedürfnisse meiner Tochter zu befriedigen. Dabei sind wir ja bereits auf gutem Weg! Seit einer guten Woche will meine Tochter tagsüber nicht mehr stillen, nur noch beim Kuscheln vor dem mittagsschlaf. Ansonsten hat sie tatsächlich mit dem Kopf geschüttelt als ich ihr die Brust angeboten habe! Vielleicht habe ich dadurch auch ein bisschen viel von ihr erwartet und gedacht sie ist jetzt auf dem Weg sich komplett abzustillen. Meinst du denn das könnte auch damit zusammen hängen, weil sie jetzt tagsüber kaum noch stillt, das sie nachts wieder häufiger und vor allem länger an die Brust will?


Biggi Welter

Biggi Welter

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Liebe Marlie, das kann ich dir nicht sagen, warum dein Kind nachts wieder vermehrt an die Brust mag und ob es daran liegt, dass es am tag weniger trinkt. Lass dein Kind sein Tempo bestimmen, Du machst NICHTS falsch, wenn Du noch stillst! Biggi


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