Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Baby schläft nicht, nuckelt nur

Biggi Welter

 Biggi Welter
Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Baby schläft nicht, nuckelt nur

Wildblumenmaedel

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Hallo, meine kleine 6 Wochen alte Tochter ist laut Hebamme ein sehr ausgeglichenes und liebes Mädel. Sie weint sehr wenig und lässt sich immer sehr schnell beruhigen. Nur haben wir zur Zeit echte Probleme mit dem einschlafen, egal ob tags oder nachts. Sie ist tagsüber sehr viel wach. Ich achte auf die entsprechenden Müdigkeitszeichen, lege sie dann auch ab, laufe mit ihr rum, singe, schaukele, raus an die frische Luft usw. - sie schläft dann auch ein, ist aber bei dem kleinsten Umlagerungsmanöver wieder wach. Sie weint dann aber auch nicht - sie ist einfach nur wach, freundlich, zeigt aber weiterhin die Müdigkeitszeichen. Zudem plagen sie oft Blähungen. Zum Stillen tagsüber meldet sie sich alle 2 h, zieht dann auch gut. Zum Abend hin ist sie meist dann richtig wach. Wir versuchen schon es ihr zu erleichtern: gedämmtes Licht, leise Stimmen, Rituale. Doch selbst mit stundenlangem wiegen, singen, beruhigen, bleibt sie hellwach. Im Gegenteil, sie wird irgendwann immer wuseliger und lässt sich nur an der Brust beruhigen. Sie nuckelt, nuckelt und nuckelt. Dann kommt aber wieder der Bauch dazu, selbst wenn sie eingeschlafen ist, wird sie wieder wach. Mein Mann trägt sie dann, damit sie die Milch von mir nicht riecht, aber selbst da suchst sie nur und weint dann irgendwann vor Frust. Schnuller haben wir den von MAM und einen aus Kautschuk ausprobiert - diese spuckt sie in einen hohen Bogen wieder aus bzw. wenn sie ihn kurz drin behält, saugt sie wie eine Wilde daran und wirkt dabei völlig frustriert. Wenn sie dann irgendwann - wahrscheinlich aus der Erschöpfung heraus - eingeschlafen ist, schläft sie am nächsten Morgen sehr lange und auch tief (mit Stillpausen, zu welchen sie sich auch meldet). Ich wecke sie dann auch nicht, sondern lasse sie schlafen. Oder ist das falsch? Erziehe ich so einen komplett falsches Rhythmus an? Wie soll ich mich abends mit der Brust verhalten? Vielen lieben Dank und liebe Grüße


Biggi Welter

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Liebe Wildblumenmaedel, das hört sich nach dem ganz normalen Trinkverhalten eines verhältnismäßig jungen Menschenkindes an. Das„Marathonstillen“ ist in diesem Alter so weit verbreitet, dass es als „normal“ angesehen werden sollte. Der Fachausdruck dafür lautet „Cluster Feeding“. So kleine Babys wollen häufig, aber vor allem in unregelmäßigen Abständen gestillt werden und fast alle Babys haben eine Tageszeit, zu der sie fast ununterbrochen an der Brust trinken (oder auch nur nuckeln) wollen. Das Marathonstillen kann für Dich sehr anstrengend und auch nervend sein, aber es hat seinen Sinn. Rein wissenschaftlich gesehen ist es so, dass das Baby durch den Stillmarathon die Prolaktinausschüttung anregt und so dafür sorgt, dass die Milchbildung angeregt wird und genügend Milch für das Kind zur Verfügung steht. Ein Baby sollte nach Bedarf gestillt werden. Alle Stillexperten sind sich einig, dass Stillen nach Bedarf für Mutter und Kind am besten ist. So wird sichergestellt, dass das Baby die Nahrung, die es braucht, genau dann bekommt, wenn es sie braucht und sich das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage einstellen kann. Während eines Wachstumsschubs kann es durchaus sein, dass ein Baby alle Stunde an die Brust möchte. Es gibt keinen Grund einen Mindestabstand zwischen zwei Stillmahlzeiteneinzuhalten. Im Extremfall kann das „Hinhalten" des Babys zu Gedeihstörungen führen. All die Erzählungen von einem bestimmten Rhythmus eines Babys sind schlicht und ergreifend falsch. Muttermilch ist innerhalb von 60 bis 90 Minuten verdaut und der Organismus eines Babys ist auf häufige Mahlzeiten eingestellt. So kleine Babys wollen im Schnitt zwischen acht und zwölf Mal innerhalb von 24 Stunden gestillt werden. Im Schnitt heißt, es gibt Babys die seltener nach der Brust verlangen (eher wenige Babys) und es gibt Babys, die häufiger an die Brust wollen (die Mehrzahl). Nun ist es jedoch nicht so, dass ein Kind zügig zwanzig Minuten trinkt und sich dann nach drei Stunden das nächste Mal rührt, sondern es kommt immer wieder zu Stillepisoden, die so ablaufen: das Kind trinkt eine kurze Weile, hört auf, döst vielleicht sogar weg und beginnt erneut kurz zu trinken usw. Dieses Verhalten heißt Clusterfeeding und ist absolut normal für kleine Babys (und keinesfalls ein Einschlafproblem). Besonders gehäuft treten diese Stillepisoden am Nachmittag und Abend auf, wie überhaupt die Abstände zwischen den Stillzeiten im Verlauf des Tages immer kürzer werden. Dazu kommt, dass in bestimmten Altersstufen Wachstumsschübe zu erwarten sind, in denen die Baby manchmal schier ununterbrochen an die Brust wollen. Du machst also wirklich nichts verkehrt! Menschenbabys sind Traglinge, die den Kontakt zur Mutter brauchen. Es ist von der Natur nicht vorgesehen, dass sie alleine sind und auch nicht, dass sie alleine schlafen. Das widerspricht dem Bild vom süß in der Wiege schlummernden Baby, das fast alle Frauen (zumindest beim ersten Baby) haben. Es ist daher nicht verwunderlich, wenn dein Kind nicht alleine schlafen will und ständigen Körperkontakt sucht. Gib Dir und Deinem Kind die Zeit, die ihr beide braucht, um euch an das neue Leben zu gewöhnen. Leider ist es in unserer Kultur nicht (mehr) so sehr verbreitet darauf Rücksicht zu nehmen, dass eine Frau, die gerade ein Kind geboren hat, Zeit braucht. Zeit zur Erholung, Zeit zum gemeinsamen Kennenlernen des neuen Menschleins, Zeit ums sich an die ganze Veränderung, die so ein kleiner Erdenbürger mit sich bringt zu gewöhnen. Lieben Gruß Biggi


Wildblumenmaedel

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Liebe Biggi, vielen lieben Dank für die tolle ausführliche Antwort. Du hast mir Mut gemacht, genauso weiterzumachen und weiterhin auf meine Instinkte zu hören. Fällt nur manchmal schwer, da von außen so viele Meinungen an einem herangetragen werden. Liebe Grüße und Danke


Biggi Welter

Biggi Welter

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Liebe Wildblumenmaedel, ich danke Dir für die goldige Rückmeldung :-), sie freut mich sehr! Lieben Gruß Biggi


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