Frage im Expertenforum Schwangerschaftsberatung an Dr. med. Vincenzo Bluni:

Gestose

Dr. med. Vincenzo Bluni

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Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe

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Frage: Gestose

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Guten Abend Bei meiner ersten Schwangerschaft wurde Gestose diagnostiziert und meine Tochter wurde dann bei 36+3 per KS geholt, da sie eben nicht mehr ausreichend versorgt wurde.Meine Frage nun:Wie wäre das bei einer erneuten Schwangerschaft.Könnte die normal verlaufen oder wäre da wieder die Gefahr einer Schwangerschaftsvergiftung. Danke und liebe Grüße


Dr. med. Vincenzo Bluni

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Hallo, die Zahlen der Literatur beziffern das Wiederholungsrisiko für eine Präeklampsie (Gestose) zwischen 19,5 -25,9 Prozent. Dabei ist das Wiederholungsrisiko umso größer, je früher die Erkrankung aufgetreten ist und liegt über 60%, wenn sich eine Präeklampsie bereits vor der 28. SSW manifestiert hatte (Steinhard, 1999); Es ist also nicht gerade gering. Laut einer Studie aus Israel aus dem Jahr 2000 liegt das Wiederholungsrisiko für eine Präeklampsie bei 25,7% in der nachfolgenden Schwangerschaft und bei 37% für Patientinnen, die in ihrer ersten Schwangerschaft an einer schweren Präeklampsie litten. Nach einer Eklampsie ist das Wiederholungsrisiko etwa bei 21.9 Prozent bis 46.8 Prozent. Nach einem HELLP-Syndrom ist das Wiederholungsrisiko zwischen 3-5 Prozent anzusiedeln. Für HELLP Patientinnen, die vor der 32. SSW entbunden worden sind, steigt das Risiko für eine erneute Frühgeburt in der nächsten Schwangerschaft um 61% (Sullivan et al. 1994). Im Falle eines erneuten Kinderwunsches mit derartiger Vorgeschichte sollte sicher schon im Vorfeld auch der Hausarzt nach internistischen Symptomen, die vom Herz-Kreislaufsystem ausgehen können, oder auch die Niere betreffen können, schauen, um hier im entsprechende Risiken auszuschließen. Auch können schon mal Gerinnungsstörungen bei der Frau, die nur mit speziellen Untersuchungen nachweisbar sind, ursächlich sein. Nach den vorliegenden Leitlinien scheint zurzeit die einzige verfügbare Methode zur Prävention der Präeklampsie in einer ab der Frühschwangerschaft beginnenden Einnahme von niedrig dosierter Acetylsalicylsäure (150 mg/Tag) zu sein. In Deutschland ist hier die ASS-Dosierung von 100-150mg/Tag schon fast etabliert. Die Wirksamkeit von ASS scheint umso größer zu sein, je eher die Prophylaxe begonnen wird. Aufgrund fehlender Unbedenklichkeitsnachweise wird derzeit die ASS-Gabe erst ab der 12. SSW empfohlen. Wichtig ist aber, dass die Einnahme am Abend erfolgen sollte, da dann der Wirkeffekt offensichtlich deutlich besser ist. Im letzten Schwangerschaftsdrittel sollte die ASS-Gabe (bei hoher Dosierung) wegen des möglichen vorzeitigen Verschlusses des Ductus botalli zurückhaltend durchgeführt werden. Darüber hinaus muss eine ASS-Therapie spätestens mit Abschluss der 37.SSW beendet werden, um Blutungskomplikationen unter der Geburt zu vermeiden (Gynäkologe: 2009, 42:219). Wenn es um das Thema Früherkennung geht, so können wir der aktuellen Datenlage zufolge (ASPRE-Studie) nur dazu raten, dass in der kommenden Schwangerschaft schon um die 13. SSW ein so genanntes Präeklampsie-Screening erfolgt (ist jedoch noch eine Privatleistung). Den Daten der ASPRE-Studie (Rolnik DL et al, NEJM 2017) zufolge ist die prophylaktische Gabe von 150 mg ASS täglich bis zur 36. SSW zu empfehlen. In der genannten Studie wurden im Vergleich zum Placebo zwei Drittel der vor der 37. SSW auftretenden Präeklampsie-Fälle verhindert, wenn mit der Therapie in der 11.-14. SSW begonnen wurde. Was beinhaltet dieses Screening? 1.Erhebung der Krankenvorgeschichte u. bestimmter Parameter der Schwangeren (Raucherstatus, Risiken, Ethnizität, aktuelles Gewicht, Körpergröße, Blutdruck an beiden Armen) 2.Pulsationsindex der Gebärmutterarterien (Doppler) 3.Im Labor Messung von PlGF („placental growth factor“), sFlt-1 („soluble fms-like tyrosine kinase-1“) und PAPP A Aus diesen Daten wird zusammen mit den beiden biochemischen Werten je ein individuelles Risiko für das Auftreten einer frühen und einer späten Präeklampsie errechnet. Aus den Werten für das Flt-1 (hemmt das Gefäßwachstum der Plazenta) u. PlGF (fördert das Gefäßwachstum der Plazenta) wird ein Quotient gebildet, welcher uns eine sehr zuverlässige Aussage über das individuelle Risiko für eine manifeste oder drohende Präeklampsie gibt, welches dem klinischen Auftreten einer Präeklampsie bis zu 4 Wochen vorausgeht. Im Fall eines erhöhten Risikos sollte dann entsprechend der ASPRE-Studie der sofortige Beginn einer Prophylaxe mit 150 mg ASS bis zur 34. SSW empfohlen werden. Darüber hinaus sollte die Frau dann während der Schwangerschaft auf eine möglichst gesunde Ernährung unter Wahrung der maximalen Gewichtszunahme, einer ausreichenden Flüssigkeits-, Eiweiß- und Salzaufnahme achten. Unter Berücksichtigung der Vorgeschichte sind entsprechende Hinweiszeichen frühzeitig zu beachten. Weiterhin ist die Ultraschall-Doppleruntersuchung schon früher, als andere Methoden in der Lage, Hinweiszeichen für eine Präeklampsie erkennen zu können. VB Quellen: http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/015-018l_S1_Diagnostik_Therapie_hypertensiver_Schwangerschaftserkrankungen_2014-verlaengert.pdf (AWMF-Leitlinie 015/018 Diagnostik und Therapie hypertensiver Schwangerschaftserkrankungen, Stand:15.06.2016, letzter Abruf:15.05.2018) Askie LM, Duley L, Henderson-Smart DJ, Stewart LA: PARIS Collaborative Group: Antiplatelet agents for prevention of preeclampsia. A meta-analysis of individual patient data. Lancet 2007; 369: 1791–98. Dukler D MD, Porath A MD; Bashiri A MD, Erez O MD; Mazor M MD. Remote prognosis of primiparous women with preeclampsia. Eur. J. of Obstet. Gynecol. And Reprod. Biol. 2001,96: 69-74 Duley L, Henderson-Smart DJ, Meher S, King JF: Antiplatelet agents for preventing pre-eclampsia and its complications (review). Cochrane Database Syst Rev 2007; 2 CD 004659. Janssen, Petra, „Wiederholungsrisiko und anamnestisches Risikoprofil bei hypertensiven Schwangerschaftserkrankungen (HES)”, Dissertation, 2004 Roberts JM et al: Summary of the NHLBI working group on research on hypertension during pregnancy. Hypertension 2003;41:437-445 Rolnik, Daniel L., David Wright, Liona C. Poon, Neil O’gorman, Argyro Syngelaki, Catalina de Paco Matallana, Ranjit Akolekar et al. "Aspirin versus placebo in pregnancies at high risk for preterm preeclampsia." New England Journal of Medicine377, no. 7 (2017): 613-622. Scharf, R.E. und Beck, L., Anwendungsbeschränkung von Aspirin während der Schwangerschaft - Blutungsgefahr bei medikamentöser Thrombozytenfunktionshemmung, Gynäkologe: 2009, 42:219 Schlembach D et al, Frauenarzt 10/2015, S. 858-865 Sibai BM., Gordon T, Thom E, Caritis SN, Klebanoff MK, McNellis D et al. Risk factors for preeclampsia in healthy nulliparous women: a prospective multicenter study. Am. J. Obstet. Gynecol. 1995a;172:642-48. Steinhard J, Klockenbusch W. Schwangerschaftsinduzierte Hypertonie und Präeklampsie. Risikofaktoren und Vorhersagemöglichkeiten. Gynäkologe 1999;32:753-60 Stepan H et al, Ultrasound Obstet Gynecol 2015;45:241-246 Sullivan CA, Magann EF, Perry KG, Jr., Roberts WE, Blake PG, Martin JN, Jr. The recurrence risk of the syndrome of hemolysis, elevated liver enzymes, and low platelets (HELLP) in subsequent gestations. Am. J. Obstet. Gynecol. 1994;171:940-43. Verlohren S et al, Hypertension 2014;63:346-352 Verlohren S et al: An automated method for the determination of the sFlt-1/PIGF ratio in the assessment of preeclampsia Am J Obstet Gynecol 2010;202:161-171. Zeisler H et al, N Engl J Med 2016;374:13-22


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