Frage im Expertenforum Medikamente in der Schwangerschaft an Dr. med. Wolfgang Paulus:

Cotalopram oder Diazepam

Dr. med. Wolfgang Paulus

Dr. med. Wolfgang Paulus
Facharzt und Leiter der Beratungsstelle für Reproduktionstoxikologie an der Universitätsfrauenklinik Ulm

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Frage: Cotalopram oder Diazepam

St3phi

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Guten Tag Herr Dr. Paulus, ich leide schon länger unter Panikattacken und Angststörungen, die ich aber immer wieder gut in den Griff bekam. Nun hat sich seit Beginn der Schwangerschaft diese drastisch verschlechtert. Ich bin in psychotherapeutischer Behandlung. Meine Psychiaterin will mir nun bis zur 12. Woche Diazepamtropfen 10mg/ml verschreiben. Zur Überbrückung als Bedarf bei Panikattacken sozusagen, bis die sensible Phase abgeschlossen ist. 5 - 10 Tropfen. Anschließend ab der 12. Woche Citalopram als Dauermedikation verordnen. Sie sagt, Cotalopram will sich mir noch nicht verschreiben, da ich sehr ängstlich bin und ich wahrscheinlich zu viel Angst vor einer Dauermedikation aufbaue. Nun habe ich gelesen, dass Diazepam nur in absoluten Notfällen in der sensiblen Phase gegeben werden sollte. Was halten Sie von diesem Vorgehen? Sollte ich doch lieber zu Citalopram greifen? MFG Stephi


Dr. Wolfgang Paulus

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Bis Dezember 2004 dokumentierte das Swedish Medical Birth Registry 6.555 Kinder nach intrauteriner Exposition mit SSRI in der Frühschwangerschaft. Die kumulierte Fehlbildungsrate lag bei 4,1%, was dem erwarteten Hintergrundrisiko entspricht. Dabei wurde kein typisches Fehlbildungsmuster beobachtet. In diesem Kollektiv sind 2.701 Kinder nach mütterlicher Medikation mit Citalopram enthalten. Die Fehlbildungsrate gab mit 4,4% keinen Anlass zur Beunruhigung (Kallen & Otterblad Olausson 2007). Nach vorgeburtlicher SSRI-Medikation wurden bei Neugeborenen in einigen Fällen vorübergehende Anpassungsstörungen wie Zittrigkeit, Übererregbarkeit und erhöhter Muskeltonus beobachtet. Daher sollte in den ersten Lebenstagen auf entsprechende Symptome geachtet werden. Bei Bedarf wäre die Fortsetzung der Medikation mit Citalopram in der Schwangerschaft durchaus vertretbar. Bei moderater Tagesdosis (z. B. 10 – 20 mg) wären auch keine Anpassungsstörungen beim Kind nach Geburt zu befürchten. Eine neuere Übersichtsarbeit sieht – wenn überhaupt – allenfalls ein geringes Risiko von weniger als 1% für die Entwicklung einer pulmonalen Hypertonie des Feten bei mütterlicher Therapie mit SSRI in der zweiten Schwangerschaftshälfte. Ein Verzicht auf eine erforderliche Behandlung der Mutter in der Spätschwangerschaft erscheint daher nicht sinnvoll ('t Jong et al 2012). Angesichts Ihrer Beschwerden wäre der Einsatz von Citalopram auch schon in der aktuellen Phase der Schwangerschaft vertretbar. Benzodiazepine wie Diazepam können bei Bedarf vorübergehend eingesetzt werden, sind aber wegen möglicher Gewöhnung nicht für eine längerfristige Behandlung in der Schwangerschaft geeignet.


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