Hallo Frau Neumann,
wie so viele andere auch, komme ich bei der Einführung der Familienkost nicht so recht weiter.
Unser Sohn wird Ende des Monats 11 Monate alt ist 76cm und wiegt 10.5kg.
Aktuell bekommt er:
7:00 Pre Milch 150ml
9:00 Brotzeit in der Kita bekommt er Obst (nur Sorten, die er mag), und drei vier Brotwürfel - in der Regel kommt so gut wie alles zurück
12:00 Mittagsbrei (wobei wir hier versuchen umzustellen, siehe unten)
15:00 GOB
18:00 MGOB mit 2er Milch, ggf Brotzeit
19:00 (verdünnt zum Abgewöhnen) 120ml Pre
Die KiTa macht Brotzeit und ich sehe während der Eingewöhnung, was die anderen Kinder alles auf dem Teller haben und auch Essen. Gut, er ist der jüngste, die anderen sind 13 Monate - 3 Jahre. Aber ein Spatz schlemmt im Gegensatz zu Unserem. Es liegt auch nicht am Essen, denn er isst gern Brot und Obst bekommt er nur das, was er mag.
1. Ist es "schlimm" wenn er erst zum Mittag richtig isst und halt keine Brotzeit mag?
Ich wollte die Milch am Morgen nicht weiter reduzieren damit er dann Hunger bekommt, da ich finde, er braucht die Flüssigkeit nach der Nacht.
Zum Mittag versuchen wir seit etwa vier Wochen ihm vor seinem Brei die Sachen zu geben, die wir auch Essen, aber er lutscht nur kurz an allem, legt es dann weg und lehnt sich zurück bis es Brei gibt.
Es sind alles Sachen, die er als Brei gern isst.
Das einzige, was er sich ohne Pause reingestopft hat waren Nudeln (pur). Ich will mein Kind aber nicht mit Nudeln ernähren. Wir kochen immer frisch und ausgewogen für uns und langfristig soll er da ja mit esssen.
2. Haben Sie einen Tip, was wir noch probieren können?
Die KiTa ist nicht begeistert, dass sie sein Essen pürieren und füttern müssen, jammern da aber jetzt nicht, weil er ja noch kein Jahr ist. Das sollte sich trotzdem demnächst mal ändern.
Mit dem Löffel kann er selbst noch nicht umgehen. Er forder ihn zwar beim Essen ein, stochert damit aber nur im Essen und wenn auf dem Löffel was drauf ist irgendwann, zupft er es mit seinen Fingern runter um es dann auf dem Tisch zu verteilen.
3. Sollte er vor der Familienkost mit dem Löffel Essen können oder geht das auch so, dass er die Finger zum Essen nimmt (machen wir jetzt so)?
Abends haben wir häufig versucht ihn mit uns Brotzeit Essen zu lassen. Er hat einige Brotstücken gegessen, auch gekochten Metzgerschinken und etwas Käse. An den Tagen wo er gut (halbe bis ganze Scheibe Brot) gegessen hat, hab ich die Breimenge halbiert. Dafür wird dann das Abendfläschchen nicht verdünnt.
4. Falls er dort irgendwann mehr isst, wieviel muss er Essen, um den Getreide-Milchbrei zu ersetzen? Und wie machen wir das dann? Einfach ganz weglassen und das Fläschchen zu Nacht ggf. wieder erhöhen? Wir putzen nach der Flasche noch Zähne.
5. Was können wir noch tun, damit er vor allem Mittags besser isst? Oder sind wir da zu ungeduldig und er braucht da nur länger?
Vielen Dank nochmal für Ihre Hilfe hier im Forum!
Lilly
Mitglied inaktiv - 22.09.2015, 00:09
Antwort auf:
Umstellung auf Familienkost
Hallo llilke
ich beginne mit ein paar allgemeinen Schilderungen zur Gewöhnung an Familienkost und gehe im zweiten Teil auf deine Fragen näher ein.
1.Essen lernen ist ein länger dauernder Prozess. Dein Sohn steht noch ganz am Anfang. Erlaube ihm aber unbedingt das Essen mit den Fingern. Denn das ist wichtig für das sinnliche Erlebnis, für das BE-Greifen von Nahrung, für die Akzeptanz und die langsame Annäherung. Kinder lernen ganzheitlich. Es ist mehr oder weniger wichtig, dass sie ihr Essen selbständig und alleine kennen lernen können. Mit allen Sinnen. Sie sehen und greifen, die befühlen mit den Fingern und mit den Tastrezeptoren im Mund. Und sie ahmen andere Essende nach.
Biete ihr zu den üblichen, altbewährten Breien im Gläschen (am besten den Brei auf einen Teller geben) auch einen Teller mit den Speisen, die du/ihr esst. Falls Zerkleinern der Speisen erforderlich ist, kannst und solltest du das direkt vor den Augen deines Kindes tun.
Dein Sohn kann sich so langsam an das Neue herantasten. Zuerst ist es gut, wenn er etwas Neues einfach erst einmal mit den Händen, den Fingern, befühlen kann. Er sollte die Gelegenheit bekommen, das "Ding" ausgiebig zu betasten und zu erspüren. Danach wird er es in den Mund nehmen und dort mit den vorhandenen Tastrezeptoren befühlen. Was gefällt, wird meist geschluckt. Und wenn sich die Konsistenz einer neuen Speise merkwürdig anfühlt, wird sie ausgespuckt. Das bedeutet nicht, dass diese Speise niemals gegessen würde. In ein paar Wochen kann sich das ändern. Bei mehrmaligem "Befühlen" mit der Zunge, mit dem Mundraum, kann sich dein Kind langsam an die neue Konsistenz und den Geschmack gewöhnen. Und je mehr er sieht, was und wie die MIT-Esser essen, desto besser klappt es - durch Imitieren.Für die Kleinsten ist genau das jetzt sehr spannend. Diese Experimentierphase gehört unbedingt dazu und sie vergeht auch wieder. Lasst eure Tochter nun vielfältige Esserfahrungen machen, sodass sie vielerlei Esseindrücke sammeln kann.
Babies, Kleinkinder und Kinder, auch Erwachsene, haben eine mehr oder weniger stark ausgeprägte sog. Neophobie. Das ist eine Art Angst vor dem "neuen" Essen. Ursprünglich eine gute Schutzfunktion, denn gegessen wird nur das, was man kennt, denn Unbekanntes könnte giftig sein. Dieses Phänomen ist sogar in der Tierwelt vorzufinden - neue Dinge werden auch hier nur zögerlich von Jung und Alt gekostet. Und am besten wird das gegessen, was immer und immer wieder von allen nebenstehenden Personen auch verzehrt wird.
Darum ist der gedeckte Familientisch so wichtig. Je jünger die Kleinen sind, desto aufgeschlossener sind sie diesen neuen Angeboten. Mit etwa 18 Lm schränkt sich der Erfahrungshorizont in Essensfragen immer weiter ein, die Auswahl der gemochten Speisen wird meist kleiner. Erst mit 6-8 Jahren und später ab etwa 12 Jahren werden wieder gerne neue Essabenteuer angegangen.
Um Essen zu lernen, d.h. Essbares von nicht Essbarem zu unterscheiden, hilft das sog. soziale Lernen. So kann die Neophobie am besten überwunden werden. Kinder lernen durch Nachahmung und Wiederholung.
Langsam und unmerklich lässt sich die Palette der Gerichte erweitern. Ganz häufig wird Neues besser akzeptiert, wenn es in an einem anderen Ort probiert wird: bspw bei Freunden, auf dem Spielplatz, bei der Oma, im Urlaub, im Restaurant....
Dein Kind kennt die Nahrungsvielfalt, die für dich selbstverständlich ist, noch nicht. Er muss so vieles erst noch kennen lernen. Und das geht oft sehr langsam. Manche Babys sind sehr forsch und probieren alles und finden das ganz toll. Andere Babys sind sehr skeptisch und gewöhnen sich nur langsam an Neues. Bei der Einführung der Familienkost ist es meist sehr hilfreich in kleinen Schritten vorzugehen. Besonders gut wird das Neue angenommen, wenn es direkt vom Teller anderer Mitesser stammt. So siegt die Neugier über eine evtl Scheu. Wiederholungen sind wichtig.
2.
zu Frage 1:
noch ist dein Sohn ein Baby, d.h. unter 1 Jahr (nur fast ein Kleinkind :) ) und hat besondere Bedürfnisse, die berücksichtigt werden sollten. Die Eingewöhnung in die KiTa ist Neuland für deinen Sohn, das ihn stark fordert. Es sind so viele neue Eindrücke, die er verarbeiten muss, dass der Appetit vormittags vorerst noch sehr darunter leiden kann. Mehr Infos zur behutsamen Einführung in die KiTa, insbesondere die Gewöhnung an die Essituation, kannst du bei Frau Ubbens bekommen. Sie ist die Expertin auf diesem Gebiet und kann dir sicherlich ein paar gute Tipps geben.
Packe deinem Kleinen für das Morgenvesper zunächst einfach entweder mundgerechte Brotstückchen oder nur Obst ein. Bei den Obstsorten könntest du dich vorerst auf eine Sorte beschränken. So wird das Angebot übersichtlich und findet mehr Essanreiz - einfach zugreifen, in den Mund stecken und essen.
Bereite die Obststückchen in kleine mundgerechte Happen vor. Trauben bspw halbiert.
Gib ihm den gewohnten Brei weiterhin genau so, wie er ihn kennt. Und zusätzlich dazu die einzelnen Zutaten als weich gegartes Fingerfood und Anderes, Nudeln. Mit dem Brei kann sich dein Kleiner verlässlich satt essen und zusätzlich neue Esserfahrungen machen.
Nutze die Wochenenden für weitere Essabenteuer mit Familienkost (plus Brei)
zu Frage 2 und 3:
dein Kleiner sollte die Möglichkeit bekommen, mit den Fingern, den Händen zu essen. Das Essen mit Besteck dürft ihr weiterhin fleissig üben. Das Spielen mit dem Essen gehört in diese Phase (leider) dazu. Inwieweit das zu tolerieren ist, musst du selbst entscheiden. (Sinnloses) Spielen mit dem Essen ist nicht unbedingt erwünscht, und sollte eher unterbunden werden, damit es nicht zur Gewohnheit wird*. Das musst du im Einzelfall dennoch jeweils neu beurteilen, wann du eingreifen müsstest. Das Essen auf dem Tisch zu verteilen - das ist eher weniger erwünscht.
Gute Tipps bekommst du auch hierzu von Frau Ubbens.
Dass dein Kleiner aber mit dem Löffel alleine essen mag, ist super und langfristig ausbaufähig. Es ist einfach noch schwierig für ihn, das richtig zu koordinieren. Er ahmt dich nach und versucht es immerhin :)
zu Frage 4:
gib deinem Kind so viel, wie er benötigt. Er wird dir zeigen, wann er genug hat. 400-500 ml Säuglingsmilch sind angemessen. Nach dem 1. Geburtstag kannst du auf ca 300 ml Kuhmilchprodukte am Tag umsteigen.
Statt Milchbrei könntest du Milchbreifingerfood geben:
200ml Kuhmilch
ca 35g-40g (*/-) Grieß
Grieß mit der Milch in einem geeigneten Topf aufkochen, rühren, rühren, rühren und kurz quellen lassen, danach auf einen Teller streichen, stehen lassen, bis es gut fest ist. Das geht schnell. Jetzt kannst du entweder Motive ausstechen oder den festen Brei in Stücke schneiden, dazu etwas flüssige Butter, ggf nochmals erwärmen und Obstmus (selbst zubereitet?) zugeben.
Also dann, ich hoffe, das hilft dir weiter
Grüße
B.Neumann
*http://www.rund-ums-baby.de/kochen-fuer-kinder/Tischmanieren_38281.htm
von
Birgit Neumann
am 23.09.2015
Antwort auf:
Umstellung auf Familienkost
Danke für Ihre Hilfe!
Mitglied inaktiv - 23.09.2015, 20:36