Frage im Expertenforum Kochen für Kinder an Dipl. oec. troph. Birgit Neumann:

Sehr wählerisch beim Essen

Dipl. oec. troph. Birgit Neumann

Dipl. oec. troph. Birgit Neumann
Diplom Ökotrophologin und Ernährungsberaterin

zur Vita

Frage: Sehr wählerisch beim Essen

best

Beitrag melden

Hallo! Mein Sohn, bald 7 Jahre alt, ist sehr eingeschränkt bei dem was er essen mag. Nudeln mit Tomatensauce, Würstchen, Maultaschen, Fischstäbchen, Pizza (aber ohne Käse), und Süßspeisen wie Pfannkuchen usw.. Das ist dann schon fast alles was er isst. So isst er gerne Obst und Tomaten. Erbsen wenn er einen guten Tag hat in der Tomatensauce, Spinat aber nur wenn er in der Sahnesauce mit drin ist. Als 1 jähriger hat er noch Reis gegessen, jetzt nicht mehr. Seine kleine Schwester ist da ganz anders. Sie möchte immer neues probieren und sie isst bei fast allem mit was es gibt. Ich weiß nicht, was ich schon alles versucht habe, z.B.: - du musst wenigstens ein Stück versuchen - wenn du was neues versuchst, darfst ein Stempel machen und bei 5 darfst du dir einen Nachtisch wünschen - mit ihm zusammen gekocht - das ganze ignoriert - er hat schon tagelang nur trockene Beilagen gegessen (z.B.Nudeln) - auch wenn andere Kinder mit essen, mag er trotzdem nicht versuchen Nichts hilft! Teilweise muss er würgen oder sich schlimmstenfalls übergeben (als er mal Kartoffelbrei versuchen sollte). Mengenmäßig isst er immer eine gute Portion. Was kann ich noch tun? Oder muss ich es einfach so akzeptieren? Ansonsten ist er ein aufgeweckter, sportlicher Junge.


Birgit Neumann

Birgit Neumann

Beitrag melden

Hallo best manche Kinder sind in diesem Verhalten sehr extrem. Manchmal kann eine Verhaltensänderung sehr schwierig und langwierig sein. Aber sie ist möglich ! Im Rahmen meiner Arbeit hier im Forum Kochen für Kinder kann ich dir leider nur ein paar Fakten und Anregungen geben. Vielleicht hilft dir das trotzdem ein bisschen weiter. Dein Kind ist gesund und zeigt keine weiteren Auffälligkeiten. Das ist gut. Dein Kind isst. Dein Kind isst nur nicht immer das was du für richtig und gut hältst. Aber insgesamt ist seine Ernährung okay, ausgewogen nur evtl etwas monoton, oder? Du schreibst, dass dein Sohn hin und wieder sehr extreme Erfahrungen beim Probieren verschiedener Speisen gemacht hat. Du schreibst, dass er manchmal würgen musste, sich manchmal gar übergeben musste. Das ist natürlich nicht schön. Mehrmalige schlechte Erfahrungen können eine ablehnende Haltung gegenüber bestimmten Speisen leider durchaus weiter verstärken. Manche Kinder sind sehr sensibel und reagieren sehr extrem auf verschiedene Texturen und Konsistenzen. Das Mundgefühl kann sehr schrecklich sein und einen Spuck - oder Würgereflex auslösen. Es ist meist nämlich nicht der Geschmack einer Speise, sondern vielmehr die Konsistenz die zur Ablehnung führt. Hier kann es helfen, wenn du bzw du und dein Sohn herausfinden, welche Konsistenz er nicht mag. Diese Konsistenz (bspw bröckelig, grisselig, glibberig, körnig, etc) in Zukunft entweder meiden - oder dein Sohn könnte versuchen, sich in kleinen Schritten oder besser gesagt kleinen Bissen daran zu gewöhnen. Kleine Bissen sollten nur ganz ganz klein sein, etwa erbsengroß. Deine Idee deinen Sohn durch Belohnung zum Probieren zu animieren war gar nicht schlecht. Wenn deinem Sohn eure Stempelmethode gefallen hat (als Belohnung besser etwas nicht Essbares in Aussicht stellen), könntet ihr diese Methode noch einmal versuchen. Dr. Lucy Cooke hat eine ganz ähnliche Methode entwickelt (für Kinder bis 5), um sie an mehr Vielfalt zu gewöhnen. Bei dieser Methode (tiny tastes) bekommt das Kind einen Sticker, wenn es eine erbsengroße Probierportion testet. Die Methode funktioniere gut, bedürfe aber der frohen Mitmachbereitschaft des Kindes. Karen LeBillon hatte Erfolg, indem sie mit ihren Kindern nochmals mit einer Art "Beikost", d.h. Breien begonnen hat, um sie an mehr Gemüsevielfalt zu gewöhnen. Die Konsistenz von Brei ist fein und homogen und Kinder gewöhnen sich zuerst an den Geschmack verschiedener Gemüsesorten. Anschließend wächst die Bereitschaft das Gemüse erneut zu kosten, auch unpüriert. Gut durchpürierte, ggf passierte Gemüsecremesuppen sind oft der Schlüssel zum Erfolg. Würzen ist natürlich erlaubt! Ein weiterer wichtiger Faktor für sehr zurückhaltende Esser ist die Gewöhnung durch Präsenz. Je öfter Kinder eine bestimmte Speise sehen und wiedererkennen, desto eher probieren sie. Man spricht vom sog. mere exposure effect. Werde zum Marketingexperten für dein Kind. Was soll dein Sohn essen? Präsentiere diese Speise immer und immer wieder. Gib ihr einen coolen Namen. Eine andere Methode ist es die neue Speise in verschiedenen Konsistenzen anzubieten und das Kind entscheiden zu lassen welche ihm am besten zusagt. Beim Blumenkohl kann es bspw die Cremesuppe, gegarte Blumenkohlröschen oder fein geraspelter, roher Blumenkohl sein. Frage deinen Sohn nach seiner Meinung welcher Blumenkohl ihm am besten geschmeckt hat. Manche Kinder reagieren auf die Optik. Das (Lieblings)gericht muss in jeweils exakt gleicher Optik präsentiert sein, um gegessen zu werden. Erst dann erkennen sie ihr Gericht tatsächlich wieder und essen. Bspw können grüne Kräuter in einer Tomatensosse in einer sonst ohne Kräuter gekochten und dem Kind bekannten und gemochten Tomatensosse zu Essverweigerung führen. Die optische Präsentation ist dann eben falsch und passt nicht mehr zu dem Bild der gewohnten Tomatensosse. Das kann irritieren. Es ist dann, aus Sicht des Kindes, eben eine andere Tomatensosse. Abhilfe schafft aber auch hier nur: probieren lassen Das Thema ist ein weites Feld und es gibt nicht die eine Patentlösung für alle Kinder. Jedes Kind tickt hier ein bisschen anders. Deinem Kind gibt diese beschränkte Auswahl momentan viel Sicherheit. Auf Basis des Vertrauten kann er sich gut (und angstfrei) satt essen. Das macht zufrieden. Zusätzlich kann und sollte er Neues probieren. Schaffe dafür die entsprechenden Anreize und lass ihn das Neue selbst entdecken - auf seine Art, in seinem Tempo. Dein Kind kann und wird noch vieles kennen- und liebenlernen. Kinder lieben gewohnte Speisen, denn hier "wissen" sie genau, dass sie diese gut vertragen werden und damit gut satt und zufrieden machen. Lass dein Kind neues probieren, zwanglos, durch Neugier, durch Selstverständlichkeit, Routine, mit Einfühlunsgvermögen, Zeit. Manche Speisen müssen Kinder bis zu 10 mal probieren, bis sie diese gute akzeptieren. Auch wenn dein Kind nur wenig vom Neuen (zu den Nudeln) essen wird - langfristig führt diese Methode (bei gesunden Kindern) zum gewünschten Ziel - nämlich dazu, die Selbstbestimmung zu fördern und gleichzeitig die kulturell basierte Esserziehung (in eurem familiären Kontext), durch Gemeinschaftserlebnisse bei Tisch (=Anpassung) zu lernen. Also dann Grüße Birgit Neumann P.S. sieh auch hier: https://www.rund-ums-baby.de/kochen-fuer-kinder/beitrag.htm?id=46377&suche1=picky&seite=1


CalliL80

Beitrag melden

Das ist öfter so dass die Geschwister in der Hinsicht komplett verschieden sind das kann sich aber mit der Zeit auch nochmal komplett wende. Ich finde das ist schon relativ gut und viel also kenne da schlimmere Fälle. Solange er auch Obst und Gemüse isst also relativ gesund und abwechslungsreich und nicht nur Teig/Weizensachen dann ist das doch ok. :)


Bei individuellen Markenempfehlungen von Expert:Innen handelt es sich nicht um finanzierte Werbung, sondern ausschließlich um die jeweilige Empfehlung des Experten/der Expertin. Selbstverständlich stehen weitere Marken anderer Hersteller zur Auswahl.