Frage im Expertenforum Kochen für Kinder an Dipl. oec. troph. Birgit Neumann:

Extreme Probleme mit der Ernährung, was kann ich tun?

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Frage: Extreme Probleme mit der Ernährung, was kann ich tun?

Michelle2016

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hallo und guten Tag, Ich habe extreme Probleme mit meinem fast 3jährigen Sohn. Im Grunde mag er nur trockenes Brot, trockene Nudeln+Reis, Geflügel Wurst und Würstchen, Scheiben Käse und Obst (Weintrauben, apfel, Melone, Erdbeeren) quetschi und diese Getreide Riegel. Das war's eigentlich schon. Sobald irgendwo nur etwas Soße dran ist mag er es nicht mehr essen und mit Fleisch und Gemüse hab ich garkeine Chance das er das im Moment essen mag. Er hat bis vor paar Monaten noch so gern alle Arten von Eintopf gegessen und Suppen und Fisch und Hähnchen und Soßen eigentlich auch. Er schaut nur auf seinen Teller und sagt bäh...schüttelt den Kopf und geht. Das war's.. Er war schon immer ein schwieriger Esser, er mochte noch nie belegtes Brot oder Müsli oder so was.. Trinken tut er so gut wie alles, am liebsten Tee und Wasser. Ich weiß nicht ob es evtl.. Daran liegt das er vor paar Monaten so eine Reis Pfanne mit Gemüse und Rosenkohl gegessen hat und danach musste er sich schlimm übergeben das über 2tage lang. Danach hatte ich das Gefühl ist das mit dem Essen immer schlimmer geworden. Wenn er nicht essen mag, dann versuch ich ihm alles zu erklären und sag ihm bitte probier es doch wenigstens mal, aber er schaut es nur an und geht Weck. Ich sitze mit ihm am Tisch und esse das gleiche. Er geht dann entweder hungrig ins Bett oder er bekommt halt eins von den aufgezähltten Produkte die er aufjedenfall ist. Tja das ist aber alles mehr als eintönig und nicht die beste und Gesundeste Ernährung die ich mir für meinen Sohn wünschen würde. Können Sie mir vielleicht helfen und sagen was ich machen kann das mein Sohn wieder paar andere Sachen ist, vorallem die ganz normalen Sachen was jedes Kind isst? Oder irgendein Tip geben wie ich sein Ess verhalten ohne Stress und Druck verbessern kann?


Birgit Neumann

Birgit Neumann

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Hallo Michelle2016 in der Altersphase um den 3. Geburtstag (+/-) herum beginnen die meisten Kinder ihre Speisenauswahl plötzlich drastisch einzuschränken. Viele Dinge, die sie zuvor gerne gegessen haben werden plötzlich nicht mehr angerührt. Viele Kinder entwickeln phasenweise eine Vorliebe für eine bestimmte Speise, die sie am liebsten wochenlang essen. Aber eines Tages ist auch hier wieder Schluss und sie erklären etwas anderes zu ihrem Favoriten. Man nennt das die spezifisch sensorische Sättigung. Nochmal in kurz: Mit etwa dem Beginn des 3. Lj beginnt eine Zeit, in der viele Kinder sehr einseitige Essensvorlieben entwickeln und neue Speisen gar nicht mehr probieren möchten. Dein Sohn entwickelt sich von diesem Standpunkt aus betrachtet demnach prächtig und altersgerecht. Das einseitige und schwierige Essverhalten zu akzeptieren fällt uns Eltern meistens schwer. Und das zurecht. Du brauchst nicht tatenlos zusehen. Aber du brauchst dich auch nicht all zu sehr zu sorgen. Lehne dich entspannt zurück und erfreue dich an deinem essenden Kind. Dein Kind isst und das ist gut. Er isst nur nicht so, wie du dir das wünschst oder erwartest, was mitunter frustrierend ist und eben doch in Sorgen mündet. Um den Essalltag wieder fröhlicher und leichter, sorgenfreier zu gestalten, kannst du tatsächlich doch etwas tun: Esst gemeinsam mit viel Spaß und Freude. Gestalte eure Mahlzeiten erlebnisreich. Sei (auch Papa und andere Mitesser) deinem Kind ein gutes Vorbild. Bleibe authentisch und hab selber Freude beim Verzehren deiner Gerichte. Ernährungserziehung passiert zu großen Teilen nonverbal. Kinder imitieren. Du kannst auf die Bedürfnisse deines Sohnes eingehen ohne ihm dabei ein Gefühl einer Sonderbehandlung zu geben. Wenn dein Kleiner Nudeln gerne mag - prima - serviere Nudeln in einer Schüssel und stelle die Schüssel aufden Esstisch - für alle - jeden Tag, wechsle die Sorten ggf ab und zu, und gib allen Essern bei Tisch die Möglichkeit aus dem Nudeltopf etwas zu nehmen. Beziehe dein Kind hier ganz aktiv mit ein und lass dir von ihm ein paar Nudeln schöpfen. Lass dir von ihm Gemüse aufgeben, Sosse. Durch dieses Spielchen wächst die Bekanntheit des Gerichtes, was den Weg ebnet und dein Kind irgendwann auch davon probiert. Schaffe Vertrautheit bei den Speisenangeboten. Durch das ständig sich wiederholende Angebot der gleich aussehenden, gleich benamten, gleich duftenden Speisen wächst das Vertrauen. Je öfter euer Sohn euch Großen das Gericht essen sieht, desto bekannter wird ihm die Speise. Je bekannter eine Speise, desto eher wird sie probiert und bei Gefallen für gut befunden. Das Ding hat sogar einen Namen. Man nennt das den mere exposure effect. Diesen macht sich auch die Werbung zunutze. Du kannst diesen Effekt sehr vielseitig nutzen. Beziehe dein Kind in die Essenvorbereitungen mit ein. Lass ihn helfen wann immer möglich, lass ihn mitkochen, vorbereiten, den Tisch decken, ein Bild für den Esstisch malen...Und ganz wichtig: lass ihn häufiger auch mal direkt aus dem Topf probieren. Lass ihn riechen. Frage ihn nach einer ehrlichen Meinung: frage bspw, ob er findet, dass noch etwas Gewürz daran müsste - und lass ihn selbst den Gewürzstreuer benutzen - Lass ihn von neuen Speisen am Esstisch nur eine klitzekleine Probiermenge kosten. Gerade so groß wie eine Erbse. Auch das hat einen Namen: tiny tastes, benannt von einer Psychologin, Lucy Cooke. Finde eine tägliche Routine. Kinder lernen das ganz schnell. Versuche am Anfang möglichst viele positive Esserbnisse zu bieten. So wächst das Vertrauen in die Probiermomente und macht deinem Kind auch irgendwann Spaß. Spaß macht das Essen, wenn das Essen bspw eine cremige Konsistenz hat, wenn es bspw eher süßlich und milde schmeckt. Das sind aber nur enie weinige Beispiele. Bitter oder sehr sauer schmeckende Speisen lehnen Kinder dagegen aber instinktiv i.d.R. ab. Diese Esserfahrungen können für Kinder sogar sehr schrecklich sein, weshalb du bitter schmeckende Speisen zu Beginn auf gar keinen Fall anbieten solltest. Allerdings kann so mancher Möhrenbrei leicht bitter schmecken. Je sensibler das Geschmacksempfinden, desto eher die Ablehnung bestimmter Speisen. Auch bestimmte Konsistenzen können sehr schrecklich sein und ggf sogar einen direkten Würgereiz auslösen. Meist ist es, abgesehen von "bitter" übrigens gar nicht der Geschmack, der Kinder etwas wieder ausspucken lässt, mangels Gefallen. Es ist viel häufiger die Konsistenz. Neue Gemüsesorten bspw kann man darum meist einfach über Suppe oder Rohkost einführen. Kinder lieben die cremige Textur einer Cremesuppe. Der Name "Suppe" schafft, wie oben bereits beschrieben, eine erste Vertrautheit. Die Konsistenz (die jeweils cremige Masse) schafft ebenso Vertrautheit. Und wenn nun bspw jeden Tag Suppe (mit wechselnden Gemüsesorten) als Vorspeise auf den Tisch kommt, dann wird dein Kind jeden Tag Suppe essen. Vielleicht wird er nicht gleich am ersten Tag der neuen Essgewohnheiten am Mittagstisch eine Riesenportion schaffen. Aber in den kommenden Wochen wird er sich immer mehr daran gewöhnen und irgendwann, gewohnheitsmäßig mit essen. Beginne mit einer Tomatensuppe. Kinder lieben nämlich die Farbe rot und orange. Das ist für sie sehr appetitlich. Also erst Tomatensuppe, dann Möhrensuppe, dann Blumenkohlsuppe, Brokkolisuppe und dann erst eine braune Suppe wie Champignons. Ja,das Aussehen ist tatsächlich auch sehr wichtig für die Kinder. Und auch die Farbe hat einen Wiedererkennunseffekt für eine Speise.* Statt einer Cremesuppe könntest du auch fein geraffelte Gemüserohkost anbieten. Zu Beginn der neuen Essroutine gerade mal 1/4 TL. Fein geriebene Möhre, fein geriebener Kohlrabi. Beim Vorbereiten kann er bereits probieren. Lass ihn in ein Stück hineinbeißen. Das ist Esspaß pur! Oder richte du für ihn oder lass ihn für dich das herrichten: https://www.rund-ums-baby.de/forenbilder/index.htm?seite=4&forum=kochen-fuer-kinder&bild=3#start Vorschlag für belegtes Brot: siehe Anhang Das ist leider nur ein Auszug aus den vielen Möglichkeiten, wie man auch 3-jährige Ess-Neophobiker (wieder) zum gesunden Essen bringen kann. Vielleicht verstehst du die Grundidee dahinter schon so gut, dass du selbst neue Wege finden kannst, wie du deinen Kleinen unauffällig, mal mit Worten und noch häufiger ohne Worte - mittels Essalltag durch Routine und Spaß, mit einer hohen emotionalen Wärme (= bestärkende, liebevolle Begleitung) dazu bringst einfach zu probieren. Ernährungserziehung bzw das Essenlernen funktioniert neben deinem aktiven Tun vor allem häufig auch einfach so. Manchmal klappt es umso besser, je weniger man aktiv dafür sorgt, nebenbei. Je mehr Druck auf Kinder ausgeübt wird, dieses oder jenes zu essen, desto weniger möchten sie essen. Das has du sicher auch schon beobachten können, oder? Das soll nicht entmutigen, auf gar keinen Fall. Es soll viel eher Mut geben, denn wenn es aktiv (mit oben genannten Tipps) doch nicht so gut klappt, bleibt immer noch die zweite Schiene der Erziehung: Kinder lernen durch Beobachten und durch sinnliches Erleben in einer großen Ganzheit. Der Duft der beim Kochen durchs Haus strömt, das Essen bei Freunden, Das Teilen einer Speise (du dir für dich und nicht explizit für dein Kind gerichtet hast) mit dir am Spielplatzrand. Bleibe also weiterhin bemüht, lass dich nicht frustrieren und iss selbst "gesund" und ausgewogen. Esst regelmäßig und biete ein umfangreiches, ausgewogenes Angebot. Das ist das Beste, was du als Basis bieten kannst. Also dann Grüße Birgit Neumann *das ist auch der Grund, warum Quetschies so gut funktionieren und beliebt sind: Wiedererkennugseffekt: Quetschbeutel, Konsistenz, Noch dazu kommen die Beutel mit einem bunten Aufdruck daher und stimmen fröhlich. Der Inhalt schmeckt süß. Kauen entfällt.

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