Sehr geehrter Herr Dr. Wahn,
bei unserem 5,5 jährigen Sohn wurde im Alter von 2 Jahren ein IgG-Mangel festgestellt. IgA und IgM waren damals auch noch erniedrigt, haben sich aber mit der Zeit im Normalbereich eingependelt. Das IgG ist nach wie vor erniedrigt. Bei der letzten Kontrolle ist es zwar auch wieder etwas gestiegen, aber dadurch, dass die untere Normgrenze mit zunehmendem Alter auch stetig angehoben wird, erreicht der Wert diese (bisher?) nicht.
Meine Fragen wären die Folgenden:
Bis zu welchem Alter ist es möglich, dass das IgG weiter steigt bzw. könnte der Mangel immer noch ein transitorischer sein?
Seine Infektanfälligkeit ist deutlich zurück gegangen und würden wir die Blutwerte nicht kennen, würden wir sagen, dass er eben in den ersten Jahren sehr anfällig war, sich das nun aber verwachsen hat.
Aber: Die Impftiter von Tetanus und Masern wurden auch immer mit kontrolliert und waren 2018 so weit gefallen, dass sie nach geimpft wurden. Der Tetanus-Titer hat sich bis heute gehalten, auch wenn er bei jeder Kontrolle etwas niedriger war als bei der davor.
Der Maserntiter war bereits 2019 wieder unter die Nachweisgrenze gefallen, es wurde erneut geboostert, der Erfolg war jedoch eher mäßig und jetzt bei der Kontrolle 2020 geht man wieder von keinem Schutz aus.
Die Frage wäre, ob dieser isolierte Maserntiter ausschlaggebend in Kombination mit dem immer noch zu niedrigen IgG ist, um eine Immunglobulingabe in Betracht zu ziehen und von einem primären Immunglobulingabe zu sprechen oder ob der starke Rückgang der Infektanfälligkeit und das langsame Ansteigen des IgG, wenn auch immer noch unter der Normgrenze, auch trotz des aus der Reihe tanzenden Maserntiters gegen eine Immunglobulingabe und für eine transitorische Angelegenheit spricht?
Uns wird derzeit etwas Angst vor Folgeerkrankungen in Form von Bronchiektasen gemacht, die wohl bei 44% der Personen mit Immundefekt auftreten würden. Aber bedarf es hierfür nicht einer nahezu dauerhaften Entzündung der Bronchien? Von einigen mehr oder minder banalen Infekten im Jahr wird dies doch nicht eintreten oder? Er hat immer nur virale Infekte, bakteriell war zum Glück noch kein einziger bisher.
Über eine Rückmeldung würde ich mich sehr freuen. Vielen Dank für Ihre Hilfe!
LG Julia
von
Blumentraum
am 13.02.2020, 14:25
Antwort auf:
PID oder transitorischen IgG-Mangel
Es sieht am ehesten danach aus, dass hier eine transitorische Hypogammaglobulinämie vorliegt, die auf dem Wege der Normalisierung ist. Das Kind kann Antikörper bilden, wenn auch noch etwas schwach. Was die Bronchiektasen angeht, ist Ihre Einschätzung richtig, dass in erster Linie eitrige Atemwegsinfektionen zu deren Entwicklung beiträgt. Sie sagen aber, dass meist virale Infekte vorliegen und insgesamt die Infektanfälligkeit zurück geht. Da sehe ich keine Indikation zur Gabe von IgG.
Wenn Ihr KA mal wieder Blut abnimmt, sollte er die klassengewechselten Memory B-Zellen (= geswitchte Memory B-Zellen) mit untersuchen. Diese sind bei transitorischer Hypogammaglobulinämie i.d.R. normal, bei vielen PID aber vermindert. Bei www.immundefekt.de kann Ihr KA sich weiter informieren, wenn er in das Suchfenster den Begriff "Transitorische Hypogammaglobulinämie" eingibt.
von
Prof. Dr. med. Volker Wahn
am 13.02.2020
Antwort auf:
PID oder transitorischen IgG-Mangel
Vielen herzlichen Dank für Ihre Einschätzung. Habe ich das richtig verstanden, dass mit dem langsam steigenden IgG- Spiegel irgendwann sich dann auch der Maserntiter halten Würde? Wenn ja, würde es dann ja Sinn machen, dass wir noch ein Mal MMR impfen oder?
Und bis zu welchem Lebensjahr hätte der IgG-Spiegel bei einem transitorischen Mangel Zeit sich im Normbereich einzupendeln oder kann man das pauschal nicht beantworten?
Vielen Dank für Ihre Hilfe!
von
Blumentraum
am 13.02.2020, 18:42
Antwort auf:
PID oder transitorischen IgG-Mangel
Eine zusätzliche MMR-Impfung wäre aus meiner Sicht sinnvoll. Vorher sollte aber die Analyse der klassengewechselten Memory B-Zellen gemacht werden.
In den meisten Fällen normalisieren sich die IgG-Werte bis zum 6. Lebensjahr, manchmal dauert es aber ein paar Jahre länger. Ich verweise dazu auf die ausführlichen Originalarbeiten, die auf meiner Internetseite www.immundefekt.de zu finden sind.
von
Prof. Dr. med. Volker Wahn
am 14.02.2020
Antwort auf:
PID oder transitorischen IgG-Mangel
Die klassengewechselten B-Zellen wurden bereits kontrolliert und sind wohl normal, allerdings sind die Plasmablasten erniedrigt. Ist dies im Rahmen einer transitorischen Hypogammaglobulinämie auch legitim?
Vielen herzlichen Dank!
von
Blumentraum
am 14.02.2020, 09:05
Antwort auf:
PID oder transitorischen IgG-Mangel
Die Aussagekraft der Plasmablasten ist geringer. Dennoch würde ich den Befund in vielleicht 2 Jahren noch einmal überprüfen.
von
Prof. Dr. med. Volker Wahn
am 14.02.2020
Antwort auf:
PID oder transitorischen IgG-Mangel
Wie meinen Sie das, dass die Aussagekraft der Plasmablasten geringer ist? Das ist mir nicht ganz klar.
von
Blumentraum
am 14.02.2020, 20:12