Frage im Expertenforum Frühgeburt an Prof. Dr. med. Gerhard Jorch:

Vojta

Prof. Dr. med. Gerhard Jorch

Prof. Dr. med. Gerhard Jorch
Kinderarzt und Neonatologe

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Frage: Vojta

Mitglied inaktiv

Guten Tag, Herr Prof. Jorch, es geht (mal wieder) um Ihre Meinung zur Vojta-Therapie. Mein Sohn ist ein Extrem-Frühchen aus der 26. SSW, hatte Hirnblutungen und einen Hydrocephalus (Shunt-versorgt). Seit seiner Entlassung aus der Klinik (vor 1,5 Jahren, jetzt ist er unkorr. 21 Monate) turne ich mit ihm nach Vojta (muss gestehen, nicht immer konsequent, auch weil er oft krank ist, aber doch regelmäßig), inzwischen macht unsere KG (zu der ich 2 mal die Woche gehe) mit ihm auch einige Übungen nach Bobath parallel dazu. Er ist körperbehindert, aber alle Ärzte und Therapeuten geben uns heute die Rückmeldung, dass sie nie erwartet hätten, dass er sich so entwickelt, wie er es momentan tut. Er kann sich seit 6 Monaten drehen, kreiselt seit 3 Monaten und robbt seit 1 Monat durch die Wohnung, sitzen kann er noch nicht und auch das Krabbeln wird noch lange dauern (ist stark rumpfhypoton, Spastiken hat er allerdings laut SPZ "erstaunlich wenig" (nur in der linken Hand)). Jetzt ist gestern im Forum von Herrn Dr. Busse ein Beitrag zu Vojta aufgetaucht, auf den Herr Dr. Busse (nicht wortwörtlich, aber sinngemäß) geantwortet hat, dass es heute praktisch keine Erkrankung (mehr) gäbe, bei der erfahrene Kinderneurologen die Anwendung von Vojta noch für akzeptabel halten würden??? Uns wurde die Vojta-Therapie von allen Ärzten (SPZ, KiA, KH) nahegelegt, da diese bei Kindern mit Hirnschädigungen und Rumpfhypotonie die Methode der Wahl wäre, wenn es die Eltern schaffen, diese durchzuführen. Na ja, es ist schon eine extreme psychische Belastung und wenn mein Sohn nur eine Vorzugshaltung oder so etwas hätte, würde ich sie nicht anwenden, aber kann man diese Aussage so pauschal treffen? Gibt es wirklich keine Erkrankung, bei der Vojta sinnvoll ist? Mich würde Ihre Meinung hierzu einfach mal interessieren, vor allem, da Sie mir schon häufiger sehr weitergeholfen haben. Vielen Dank für Ihre Arbeit hier! Mit freundlichen Grüßen, Katja S. Vielen Dank


Es kommt bei Physiotherapie nicht so sehr darauf an, wie die Methode heißt, sondern wie engagiert und erfahren der/die Physiotherapeut/in ist und welche Methode er/sie am besten beherrscht. Ohnehin kommt es gerade bei ehemaligen Frühchen mit Bewegungsstörungen auch darauf an, was daheim an Übung, Training und Förderung angeboten wird/werden kann. Die 1 oder 2 Stunden Physiotherapie pro Woche allein machen es nicht. Da der/die Physiotherapeut/in aber die Person ist, die abgesehen von den Eltern am längsten "die Hand anlegt", kommt ihm/ihr schon eine gewisse Bedeutung zu - auch als Trainer für die Eltern, damit sie den einen oder anderen "Trick" abschauen.


Mitglied inaktiv

Guten Tag, Herr Prof. Jorch, was Sie mir geantwortet haben, ist mir völlig klar. Natürlich kommt es immer darauf an, wie gut einen die Therapeutin in der entsprechenden Therapie anleiten kann und welche Förderung das Kind zu Hause bekommt. Ich denke schon, dass wir unseren Sohn (jetzt 1,5 Jahre alt) so gut wie möglich fördern (immer nur Therapien geht ja auch nicht), er hat 2 mal die Woche KG, ich mache 2-3 mal am Tag die Vojta-Therapie (außer wenn er krank ist), er hat einmal motorische FF (im Rahmen einer Eltern-Kind.Gruppe) und einmal Hör-/Seh- oder Hörsehfrühförderung (die 3 Frühförderinnen kommen nur allle 3-4 Wochen, so dass sich meist ein wöchentlicher Wechsel ergibt), wir gehen ins therapeutische Babyschwimmen und demnächst werden wir mit Ergo- bzw. Logopädie anfangen. Meine Frage war, ob es stimmt, dass die Vojtatherapie von Neurologen überhaupt nicht mehr als akzeptabel angesehen wird (wie Hr. Dr. Busse auf eine Frage einer anderen Mutter geantwortet hatte), egal bei welcehr Grunderkrankung auch nicht bei ICP. Gibt es da neue Erkenntnisse, dass Vojta den Kindern schadet? Uns wurde das immer als Methode der Wahl (wegen Eriks Hirnblutungen und dem Hydrocephalus) dargestellt. Vielen Dank nochmal! Viele Grüße, Katja S.


Das kann man m.E. so nicht sagen. Ich habe immer wieder Früchen erlebt, die davon profitiert haben. Als weiteren Beleg für meine Ansicht habe ich die Zusammenfassung einer nicht zu alten Publikation in einer renommierten internationalen Zeitschrift für Ärzte kopiert: "Motor outcome differences between two groups of children with spastic diplegia who received different intensities of early onset physiotherapy followed for 5 years. Kanda T, Pidcock FS, Hayakawa K, Yamori Y, Shikata Y. Department of Pediatric Neurology and Rehabilitation at St. Joseph's Hospital for People with Handicaps, 6 Higashikobai-cho, Kitano, Kita-ku, Kyoto, 603-8323, Japan. azatuji@d1.dion.ne.jp The objective of this study is to determine the clinical effectiveness of early onset long-term intensive physiotherapy on motor development in children with spastic diplegic cerebral palsy (CP). The study was a non-randomized cohort study with 62 months (mean) follow-up. The participants were ten infants who were first examined before 3 months of age corrected for prematurity. All had a gestational age of less than 33 weeks and a birth weight of less than 2000 g. Brain magnetic resonance imaging revealed periventricular white matter injury in nine subjects and moderate grade bilateral porencephaly in one. Five completed a full course of training of 52 months (mean), two did not receive therapy, and three received an insufficient course of therapy. The study was conducted at the Regional Center for Children with Disabilities including outpatient clinics and a school for children with special needs. The Vojta Method was used, which is an extensive family oriented physiotherapy program which uses isometric strengthening of muscles with tactile stimulation. Subjects were evaluated for the highest motor developmental level at the outcome evaluation 59 months (mean) after initiation of therapy. Four of the five who completed training could either stand still for 5 s or walk at the time of the outcome evaluation 52 months after the beginning of the therapy program. None of the five subjects with no training or insufficient training could accomplish this task when evaluated 64 months following therapy initiation. This was a statistically significant difference (P = 0.0278). A consistently applied physiotherapy program resulted in better motor outcomes in this group of children at risk for developing spastic diplegic CP." Das heißt natürlich nicht, dass diese 5 Kinder nicht vielleicht auch von einer anderen Physiotherapie-Methode profitiert hätten.


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