Frage: extreme Wutausbrüche

Hallo Herr Prof. Jorch, meine Tochter, 2 1/2, hatte schon immer Wutausbrüche, die wir aber immer unter Kontrolle halten konnten. In letzter Zeit aber, sind sie sehr extrem geworden. Sie "regt" sich meist ohne ersichtlichen Grund auf, dabei wirft sie sich auf den Boden und schlägt mit Armen und Beinen um sich. Meist aber, dies macht mir sehr große Sorgen, schlägt sie mit ihrem Kopf heftigst gegen die Wand oder den Steinboden (so heftig, dass Schrammen und Blutergüsse die Folgen sind). Ich versuche mit ihr zu reden und Frage sie, was denn der Grund dafür war. Aber sie versteht das ja noch nicht. Während jedem "Anfall" versuche ich sie zu beruhigen und rede ihr ruhig zu, aber sie kratzt und haut mich. Ich lege mich mit ihr dann auf das Bett, damit sie sich nicht weh tun kann. Nach einiger zeit kriegt sie sich dann wieder ein und ist dann wieder ganz die Alte und spielt friedlich. Ich war schon bei vielen Ärzten, auch bei der Risikountersuchung habe ich das Thema mehrere Male angesproche. Doch es wurde mir ständig gesagt, dass das föllig normal sein und nur die Trotzphase, aber es beunruhigt uns sehr. Würde mich sehr über einen Rat freuen. liebe Grüße. Levi

Mitglied inaktiv - 21.01.2004, 15:22



Antwort auf: extreme Wutausbrüche

Der Umgang mit der eigenen Erregung gehört zur "Selbstregulierung", die jeder Mensch lernen muß. Dem einen fällt es leichter, dem anderne schwerer, mancher lernt es nie ganz. Die Kolleginnen und Kollegen aus der Kinderpsychologie empfehlen, die Reaktionen auf diese Wutausbrüche so auszurichten, dass sie nicht als Belohnung empfunden werden. Das Kind muß also die Erfahrung machen, dass es keinerlei Vorteile durch diese Wutausbrüche gewinnt. Mit Liebsentzug sollte man aber nicht reagieren. Weggehen oder das Kind allein sich in einem Zimmer austoben lassen sind sicher gute Maßnahmen. Vor allen Dingen aber Konsequenz. Man sollte gegenüber seinem Kind das Wort "nein" nur sehr selten verwenden und sich genau überlegen, ob ein Verbot oder Verzicht wirklich notwendig sind. Wenn aber ein "Nein" ausgesprochen wurde, darf es nicht wieder zurückgenommen werden und muß konsequent und nachvollziehbar durchgesetzt werden. Dabei dar fman Dinge nicht manchmal verbieten und ein anderes Mal erlauben.

von Prof. Dr. med. Gerhard Jorch am 22.01.2004



Antwort auf: extreme Wutausbrüche

Liebe Levi, auch, wenn es dir vielleicht nicht sonderlich weiter hilft: Unsere Tochter, fast so alt wie eure (*04.09.01, SSW 38+0) hatte schon immer und hat noch heute heftige Wutausbrüche, mit denen wir aber meiner Meinung nach recht gut zurecht kommen. Allerdings bringt sie uns manchmal an unsere Grenzen (aber dafür sind Kinder vielleicht auch da!?). Vor einigen Wochen dachte ich allerdings auch, das könne nicht normal sein - hat sich wieder etwas gebessert. Ich finde aber und bin mir dessen auch sicher, dass die Kleinen sehr gut verstehen, wonach man sie fragt, und unsere Tochter kann auch recht differenziert antworten ("Is bin wütend, weil is doch noch nist ins Bett möste", "...aber is möste doch noch s-piiiielen", "...weil is noch eine Süßisteit möste"...). Die Antworten kommen allerdings immer erst, wenn die akute Wutphase vorbei ist und ich sie dann erneuit befrage. Manchmal ist auch kein Anlass erkennbar, und dann kennt wohl auch Anne die Ursache ihrer Wut nicht. Ähnlich wie eure Tochter schmeißt sie sich auf den Boden, tritt, schreit und schlägt um sich. Natürlich tut sie sich auch ab und an dabei weh, was zu noch größerem Tumult führt. Der eigentliche Anlass kann natürlich aus unserer Sicht nichtig sein, aber für die Kleinen ist sicher auch ein verpatzter Strich auf einem Bild oder ein misslungener Puzzleversuch eine Katastrophe. Wenn es ganz schlimm ist, muss Anne das Zimmer verlassen und darf erst zurück kommen, wenn sie wieder "lieb" sein möchte. Das gilt aber NUR für Fälle, in denen die Wut aus einer Trotzreaktion heraus entsteht (nicht aufräumen wollen, mutwillig mit Dingen werfen, hauen usw.). Inzwischen besteht sie in solchen Situationen ab und an selbst darauf, den Raum zu verlassen. In der Öffentlichkeit bemühe ich mich um Ruhe und Gelassenheit (gelingt nicht immer und wenn, dann nur äußerlich, aber das reicht). Ich habe sie auch schon schreiend auf dem Supermarkt-Fußboden liegen lassen - unter den fast tödlichen Blicken der genervten Kunden und Kassierinnen. Ach ja, noch etwas: Anne ist bereits im Alter von 11 Monaten in eine Krippe gekommen, und ich hatte aufgrund ihrer starken Mama-Bindung und ihrer "Schreibaby"-Geschichte große Bedenken. Ich habe NIE eine Rückmeldung über Wutausbrüche, Schreiattacken o.ä. bekommen, sie benötigt also (vermute ich) den häuslichen bzw. mütterlichen Rahmen, um sich zu erproben, ihren Trotz und ihre Wut auszulassen und um sich und uns zu "testen". Uff, was für ein Roman, und natürlich alles nur sehr laienhaft und recht eindimensional betrachtet. Bin daher sehr gespannt auf Prof. Jorchs Antwort oder den Rat anderer Eltern. Liebe Grüße, alles Gute Jo + Anne *04.09.01

Mitglied inaktiv - 21.01.2004, 20:59