Knopf2016
Sehr geehrte Frau Henkes, es geht um unseren Sohn, 5 Jahre. Er ist wirklich ein lieber, sensibler kleiner Kerl. Vor 10 Monaten großer Bruder geworden. Vor der Geburt der Schwester die absolute Nr. 1 zuhause. Immer im Mittelpunkt. Das geht seit der Geburt natürlich nicht mehr in dem Maße. An sich hat er sich mittlerweile gut arrangiert. Dennoch kommt es häufig vor, dass er trotz mehrmaligem Bitten Dingen nicht nachkommt, man selbst seine Tonlage ändert, zum Teil auch gereizt reagiert (insbesondere wenn zeitgleich auch noch die Kleine super quengelig wird, weil wieder müde) . Er ist dann immer ganz traurig, fragt warum immer nur mit ihm geschimpft wird. Erklärungsversuche versteht er in dem Moment, im nächsten ist es aber wieder vergessen und er lässt sich wieder bitten. Auch an ihn zurückzugeben: was soll ich denn dann machen, wenn auf lieb und nett nicht reagiert wird, kommt von ihm nichts. Er fühlt sich allgemein schnell ungerecht behandelt (war bereits vorher so), auch von anderen, empfindet klare Worte als schimpfen, was gar kein schimpfen ist. Wie sollen wir am Besten damit umgehen?
Guten Tag, auch wenn Ihr Sohn sich mit der neuen Schwester bereits gut arrangiert hat, wird er psychisch noch sehr mit der sogenannten Entthronung beschäftigt sein. Da er den Eindruck hat, dass Kleine bevorzugt werden, zeigt er jetzt auch wieder ein Verhalten aus früheren Entwicklungsstufen. Er hört nicht und macht nicht das, was er soll. Natürlich fühlt er sich ungerecht behandelt, denn für ihn ist es auch ungerecht, dass da einfach so eine Schwester kam, die ihn aus dem Mittelpunkt verdrängt hat. Zeigen Sie ihm, dass Sie Verständnis für ihn haben und seine Gefühle verstehen. Vielleicht kennen Sie das ja aus der eigenen Kindheit und können die Erfahrung aber auch deren Überwindung mit Ihrem Sohn teilen. Machen Sie Ihrem Sohn deutlich, dass Sie ihn weiter lieben wie zuvor. Sie können ihn in seiner Rolle als großer Bruder unterstützen, sollten ihm aber auch klar signalisieren, dass er manchmal noch klein sein darf (was er ja mit fünf auch noch ist). Ihre Frage, was Sie denn machen sollen, wenn er nicht hört, kann Ihr Sohn Ihnen nicht beantworten. Da erwartet er eher, dass Sie als Eltern wissen, was Sie tun können und dabei auch seine Bedürfnisse berücksichtigen. Wenn Ihr Sohn Ihre klaren Worte zu seinen Gunsten als Schimpfen uminterpretiert, können Sie ihm erklären, was er da versucht. Sie können ihm dann auch sagen, dass Sie Ihre klaren Worten im jeweiligen Fall für angebracht halten, auch wenn Sie seinen Unmut darüber verstehen. Fünfjährige müssen Umgang mit Kritik erst lernen. Das ist in diesem Alter noch nicht gesichert. Ich wünsche ihnen alles Gute. Ingrid Henkes
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