Frage: Vertrauensbruch nach Vojtatherapie????

Hallo Dr. Posth, ich hatte vor zwei Monaten geschrieben: Sohn (damals 10 Mon. Nächste Woche wird er 1 Jahr) sehr aktiv, impulsiv, kann keine Sekunde alleine bleiben, schreit oft kurz aber sehr schrill und laut wenn ihm etwas nicht passt und wenn seine Wille nicht geschiet neigt er zur Wutänfällen(auf den Boden schmeißen, brüllen,usw.). Sie hatten geschrieben, dass möglicherweise die Mutter- bzw. Eltern-Kind-Bindung nicht richtig stattgefunden hat. Es ist mir seit dem nicht aus dem Kopf gegangen. Wir haben 6 lange Monate lang mit ihm KG nach Vojta (nach einer schwierigen Geburt Überspannung in den Beinen) gemacht, bzw. machen müssen, was eine sehr harte und nervenaufreibende Zeit für uns alle war. Das war womöglich ein Vertrauensbruch, da wir drei mal am Tag etwas gemacht haben, was er überhaupt nicht wollte. Er hat sich sehr energisch dagegen gewehrt und in höchsten Tönen, die man sich vorstellen kann geschrieen. Er war deswegen aber in seiner Mobilität nicht behindert, gedreht mit 4,5 Mon., 7 Mon. gekrabbelt, 11 Monate gelaufen. Es war eine Therapie, was wir durchziehen mussten und sich auch - was die körperliche Gesundheit meines Sohnes angeht- absolut bezahlt gemacht hat. Die KG haben wir zu Hause mit meinem Mann abwechselnd praktiziert. Nun ist die Therapie vor 5 Wochen erfolgreich beendet worden. Ansonsten sind wir sehr liebevoll mit ihm gewesen. Er war aber von Anfang an ein energisches Baby: die ersten vier Monate fast nur getragen worden, schlief tagsüber entweder auf dem Arm oder im Kinderwagen, aber keine Sek. Im Bett. Er wollte, wenn er wach war nie alleine irgendwo liegen, auch nicht in unserer Nähe auf der Couch. Die Wippe haben wir nach wenigen Wochen wieder verkauft, da er schon mit drei Monaten sich von der Wippe runterpurzeln ließ, und mit Gurt nur gebrüllt. Kurz: er hat die meiste Zeit auf dem Arm verbracht und die restliche Zeit war habe ich bei ihm auf dem Teppichboden verbracht. Er wird heute noch in den Schlaf gewogen, da er nicht alleine einschlafen kann. Er kann krabbeln wie ein Weltmeister, kann sogar seit drei Wochen laufen (noch etwas wackelig) aber er sitzt da und heult lieber anstatt mir nach zu kommen. Fast bei jeder Gelegenheit will er auf den Arm genommen werden, wo er aber auch nur Sekunden verbringt und dann wieder anderweitig beschäftigt werden will oder er nimmt mich an der Hand und will durch die ganze Wohnung geführt werden. Es muss etwas super interessantes sein damit er sich zwei Min. alleine beschäftigen kann, und er braucht dauernd neue Ideen, neue Beschäftigungen, neue Gesichter zum angucken usw. Ich nehme ihn ja überall mit aber auch im gleichen Zimmer komme ich zur nichts. Ich will nicht überheblich klingen, aber ich habe auch das Gefühl, dass er sehr intelligent ist. Er versteht schon so viel in zwei Sprachen (er wird zweisprachig erzogen/ türkisch-deutsch), versucht einige Wörter nach zu sagen, kann schon einfache Holzpuzzle zusammenlegen, den richten Holzklotz in das Loch zu stecken ist für ihn keine schwierige Übung und seine Lieblingsbeschäftigung zur Zeit sind Bücher. Wenn ich fünf bunte Spielsachen auf den Boden legen würde, er würde sich ein Buch aussuchen und erkennt schon zahlreiche Tiere. Sie haben mir geraten eine Beratungsstelle zu besuchen falls ich mit der Situation nicht klarkomme. Ich komme mittlerweile schon damit klar (es geht schon mehrere Monate so), indem ich seine Wünsche erfülle. Wenn er rumgehen will, gehen wir rum; wenn er auf den Arm will, nehme ich ihn. Obwohl ich nichts davon halte gibt es manchmal Situationen, wo ich ihn schreien lassen muss – wenn ich mich mal anziehen muss, ins Bad möchte oder mich kurz um meine Tochter kümmern muss. Aber meine Umgebung meint, dass er schon eins ist und ich/wir ihn zu sehr verwöhnen, die Pekip-Leiterin meinte sogar, dass ich mich zum Sklaven meines Kindes mache, da ich keine Sekunde für mich habe und noch eine Tochter (5) dazu. Sein Verhalten ist nicht nur uns Eltern gegenüber so sondern er braucht eigentlich (irgend)jemanden rund um die Uhr um sich, den er um die Finger wickeln kann. Das kann auch die Oma sein oder die Tante. Sie machen das auch gern, da er ja auch zuckersüß ist und ein kleiner „Lacher“. Ich glaube er ärgert sich auch, weil er sich nicht richtig verständigen kann und seine schrillen Schreie sind so eine Art Brücke. Er schreit nämlich nicht nur um Wut oder Traurigkeit auszudrücken sondern auch wenn er auf etwas aufmerksam machen will, wenn er etwas haben will oder auch wenn er sich freut. Er freut sich auch nicht wie andere Babys. Wenn er sich freut, dann richtig: er hopst, schreit und schlägt die Arme in die Luft. Es scheint so, als ob er nicht weiß wohin mit seinem Elan. Er ist sehr impulsiv. Ich möchte eigentlich nur wissen: mache ich irgendetwas falsch, verziehe ich mein Kind und werde es später womöglich bereuen? Und, wenn die mütterliche oder väterliche Bindung bisher nicht vollständig stattgefunden hat oder gestört ist, wie kann man wieder alles gut machen?? Ab wann und wie kann man so einem Kind Grenzen zeigen, ohne ihn von mir zu verstoßen. LG Bengü

Mitglied inaktiv - 25.10.2004, 10:33



Antwort auf: Vertrauensbruch nach Vojtatherapie????

Liebe Bengü(?), es ist schon richtig, daß die Vojta-Therapie eine starke Belastung für die Mutter-Kind-Bindung ist. Aber um solche Fragen hat sich Vojta nicht gekümmert. Körper und Seele werden in den meisten Kulturen noch vollkommen getrennt. Es klingt so, als haben Sie mit Ihrem Bemühen um Verständnis und Zuwendung aber vieles wieder gut gemacht. Von diesem Weg sollten Sie sich nicht abbringen lassen. Jetzt ist es aber wichtig, auch eigene Wünsche wieder ins Spiel zu bringen, und Ihrem Sohn klar zu machen, daß

von Dr. med. Rüdiger Posth am 26.10.2004



Antwort auf: Vertrauensbruch nach Vojtatherapie????

Hallo Bengü. Ich finde, was du da schreibst, wie du mit deinem Sohn umgehst, klingt nett. Vermutlich brauchst du dir gar keinen "Kopf zu machen". Euer Kleiner ist offenbar ein temperamentvoller Zeitgenosse. Es wird für ihn wohl wirklich nicht schön gewesen sein, was ihr da in dieser Therapie machen musstet. Aber wenn das Drumherum stimmt und er so schön viel getragen und umsorgt wird - dann steckt der das weg! Kinder, deren Bedürfnisse erfüllt werden, werden immer pflegeleichter, nicht "verwöhnter". Liebe Grüße!

Mitglied inaktiv - 25.10.2004, 16:29



Antwort auf: Vertrauensbruch nach Vojtatherapie????

es auch Elternwünsche gibt, die er zu akzeptieren hat. Da wird manchmal etwas Wut bei ihm Ihrerseits zu ertragen sein, aber wenn Sie eindeutig sind in Ihren Entscheidungen und dabei weiterhin insgesamt eine zugewandte und einfühlsame Haltung zeigen, wird er sich danach richten. Auch sollte jetzt im Rahmen der beginnenden Loslösung der Vater stärker ins Spiel kommen. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 26.10.2004