Frage im Expertenforum Entwicklung von Babys und Kindern besser verstehen an Ingrid Henkes:

Kleinkind 2J ängstlich

Ingrid Henkes

 Ingrid Henkes
Analytische Kinder- und Jugendlichen­psycho­therapeutin

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Frage: Kleinkind 2J ängstlich

Celina1310

Sehr geehrte Frau Henkes, wir machen momentan eine schwere Zeit mit unserem Sohn (2 einhalb) durch. Vor 5 Wochen hat er sich schwer das Bein gebrochen, er musste am selben Tag noch not operiert werden. Ich war immer an seiner Seite und alle waren wirklich sehr lieb dort, aber natürlich war es sehr beängstigend für unseren Sohn und auch für uns. Seitdem ist jeder Arztbesuch mit einem riesen Drama verbunden, nächste Woche steht uns noch die zweite OP bevor und ich weiss nicht, wie ich ihm die Angst nehmen soll. Vorallem habe ich Sorge, dass er jetzt immer weint wenn wir mal zum Arzt müssen. Dummerweise hat er sich letzte Woche dann auch noch ganz doll an einem Stück Orange verschluckt. Der Schreck war groß und seitdem fällt ihm das Essen schwer. Er holt es sich wieder aus dem Mund raus, zermatscht es in den Händen weil es nicht klein genug sein kann, sagt dann kleiner machen und spricht vom Verschlucken.... es ist einfach nur zum heulen. Seit gestern ist das ins Bett bringen auch plötzlich ein problem. Ich begleite ihn immer in den Schlaf, bin an seiner Seite, es ist immer ein Nachtlicht an und Musik. Aufeinmal sagt er immer Mama Angst.. heute morgen ist er auch weinend aufgewacht sagt mama aufstehen angst. Ich versuche alles um ihn abzulenken und trotz der Situation mit dem Gipsbein ihn glücklich zu machen aber es gelingt mir nicht.  Haben sie Tipps? Was kann ich tun, dass er die Ängste ablegen könnte? Wird es überhaupt wieder oder kann sowas dauerhaft bleiben?   Liebe Grüsse


Ingrid Henkes

Ingrid Henkes

Guten Tag, auch wenn diese Zeit für Sie sehr anstrengend ist, geht es zunächst darum anzuerkennen, dass vor allem Ihr Sohn die schwere Zeit durchmacht. Er hat völlig überraschend Belastendes und Schmerzen erlebt, die sein Vertrauen in die Welt zunächst einmal erschüttert haben. Jetzt muss Ihr Sohn lernen, diese schlimmen Erfahrungen in sein inneres Erleben und sein entstehendes Bild von sich einzubauen. Deshalb kann es Ihnen auch nicht gelingen, ihn mit anderen Freuden glücklich zu machen. Ihr Sohn benötigt Zeit, um das Erlebte zu verarbeiten. Vergessen wird er es möglicherweise nicht, aber er wird Kompetenzen entwickeln, die den Ereignissen ihren Schrecken nehmen und zukünftig die Angst nehmen. Zunächst sollten Sie jetzt seine Ängste ernst nehmen. Die hat Ihr Sohn zu Recht. Ärzte haben Ihrem Sohn Schmerzen "zugefügt" in seinem subjektiven Erleben. Ihn erwartet auch wieder Schlimmes. Das lässt sich aufgrund der notwendigen OP nicht vermeiden, aber sie sollten ihm die Angst zugestehen. Er hat ja die Fähigkeit, sich in Unvermeidliches zu fügen, noch nicht lernen können. Sie können ihn allerdings immer wieder darin bestärken, wie tapfer er das alles schon durchgestanden hat. Machen Sie ihm auch deutlich, dass Sie ihm die Schmerzen nicht nehmen können, dass Sie sie aber mit ihm zusammen durchstehen. Ihr Sohn wird es auf Dauer als Hilfe erleben können, sich in schwierigen und ängstigenden Situationen auf die Nähe seiner vertrauten Bezugspersonen verlassen zu können. Lassen Sie Ihren Sohn ruhig das Essen zermatschen und untersuchen. Das stärkt seine Kräfte, Probleme zu lösen. Er kontrolliert, dass das Essen klein genug ist und kann sich so selber helfen. Möglicherweise kommt für Ihren Sohn noch erschwerend hinzu, dass er sich entwicklungsbedingt in der Wiederannäherungskrise befindet. In dieser Phase müssen sich ca. Zweijährige wieder verstärkt der Nähe der Mutter versichern, da ihnen bewusst wird, dass nicht nur sie an Autonomie gewonnen haben und sich von der Mutter entfernen können, sondern dass diese das auch kann. In solchen Phasen hilft es ebenfalls, die Bedürfnisse des Kindes zu akzeptieren und ihm die benötigte Nähe zu gewähren. Dann gewinnen mit der Zeit die Autonomiestrebungen wieder die Oberhand und das Kind kann auf die Nähe verzichten. Sie dürfen sicher auch darauf vertrauen, dass die behandelnden Ärzte mit einem ängstlichen Kleinkind angemessen umgehen können. Ich wünsche Ihnen alles Gute, vor allem auch für die bevorstehende OP Ihres Sohnes. Ingrid Henkes


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