Frage im Expertenforum Entwicklung von Babys und Kindern besser verstehen an Ingrid Henkes:

Bedürfnisse

Ingrid Henkes

 Ingrid Henkes
Analytische Kinder- und Jugendlichen­psycho­therapeutin

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Frage: Bedürfnisse

Caramia

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Sehr geehrte Frau Henkes, seit einigen Monaten beschäftigt mich die Frage, ob ich in den ersten Lebenswochen meines nun 11 Monate alten Sohnes vielleicht Fehler gemacht haben könnte. Er ist ein sehr aufgewecktes und gut entwickeltes Kind, von dem jeder sagt, dass es ihm eindeutig an nichts fehlt, jedoch kann man Bindungsstörungen etc. in diesem Alter ja noch gar nicht richtig feststellen. Es kam in den ersten Wochen sicher insgesamt 3-4x vor, dass er aufwachte, während ich gerade duschte und dann natürlich mindestens eine Minute weinend im Bett lag, bis ich aus der Dusche bei ihm war. Zudem habe ich im Nachhinein das Gefühl, dass ich ihn vielleicht zu oft abgelegt habe - selbstverständlich nicht gegen seinen offensichtlichen Willen, er wirkte immer zufrieden und ich habe ihn auch nicht schreiend liegen lassen. In die Trage wollte er von Anfang an absolut nicht, so dass es schwer möglich gewesen wäre, ihm ständig Körperkontakt zu bieten, aber im Nachhinein frage ich mich, ob es ihm nicht vielleicht geschadet haben könnte, dass ich auch mal kurz etwas gekocht oder die Spülmaschine ausgeräumt habe, während er zwar im selben Raum, aber doch einige Meter von mir entfernt auf der Couch oder in seinem Stubenwagen lag - viele andere Babys sind dann ja einfach in der Trage immer mit dabei. In meinem Bekanntenkreis gibt es momentan gefühlt lauter Neugeborene, die keine Minute abgelegt werden können, nachts nur auf einem Elternteil schlafen und nicht einmal den Kinderwagen tolerieren. Unser Sohn hat von der ersten Nacht an problemlos (zumindest soweit ich es wahrgenommen habe) im Beistellbett geschlafen, tagsüber zwar gerne auch mal auf mir, aber mindestens genauso oft ohne Körperkontakt - ich habe mir einfach überhaupt keine Gedanken darüber gemacht bzw. das alles nie so dogmatisch gesehen wie es einige meiner Bekannten tun. Er wurde durchgehend voll gestillt und wie gesagt nie lange schreien gelassen. Nachts auf uns zu schlafen haben wir ihm gar nicht "angeboten", aber es gab ja auch keine Probleme im Beistellbett, er schlief darin eigentlich immer sofort ein, wenn wir uns mit ihm abends hingelegt haben. Ihn mit auf die Toilette zu nehmen kam mir ehrlich gesagt auch nicht von Anfang an in den Sinn, allerdings wäre das ohne Trage ja auch etwas schwierig gewesen... Kann ich mir sicher sein, dass ich es als Mutter instinktiv gemerkt hätte, wenn er mehr Körperkontakt gebraucht hätte (auch ohne mich überhaupt mal konkret zu fragen, ob er mehr bräuchte?)? Und können die wenigen Male, die er kurz weinend auf mich warten musste, unserer Bindung geschadet haben? Hinzu kommt ja, dass ich auch ansonsten sicher nicht immer seine Bedürfnisse genau richtig interpretiert und erfüllt habe... Kann ein voll gestilltes Kind zu oft abgelegt werden und zu wenig Nähe bekommen, auch ohne dass man es ihm immer direkt anmerkt? Und ist das Bedürfnis nach Nähe und Körperkontakt bei Säuglingen wirklich so unterschiedlich ausgeprägt? Mir kommt es vor, als wäre mein Sohn da die absolute Ausnahme und daher meine Zweifel daran, ob ich oft genug adäquat und feinfühlig auf seine Bedürfnisse eingegangen bin oder einfach nur nicht gemerkt habe, was er noch alles benötigt hätte? Im Voraus herzlichen Dank für Ihre Antwort!


Ingrid Henkes

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Guten Tag, ich denke, Sie können wegen Ihres Umgangs mit Ihrem Sohn ganz unbesorgt sein. Säuglinge drücken Unwohlsein und nicht erfüllte Bedürfnisse sehr spontan durch Schreien oder Weinen aus, da ihnen noch keine anderen Möglichkeiten zur Verfügung stehen. Ihr Sohn war ein zufriedener Säugling und ist jetzt gut entwickelt. Dann kann nichts falsch gewesen sein. Perfekt ist mütterliches Verhalten sicher nicht immer. Das ist aber auch gar nicht notwendig. Für eine gute Entwicklung reicht es aus, dass Mütter sich Mühe geben, es so gut wie möglich zu machen. Das ist bei Ihnen sicher der Fall. Kleine Frustrationen, wie kurzes Weinen, weil die Mutter unter der Dusche stand, ertragen bereits Säuglinge in der Regel gut, wenn die Menge der guten Erfahrungen mit den Bezugspersonen überwiegt. Diese Erfahrungen hat Ihr Sohn gemacht. Gestillte Kinder haben ohnehin durch das Stillen bereits sehr viel wichtigen Körperkontakt zur Mutter. Babys müssen nicht auf einem Elternteil schlafen, wenn sie auch im Beistellbett gut schlafen können. Ich wünsche Ihnen alles Gute. Ingrid Henkes


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