Lankojärvi
Guten Abend Frau Henkes, ich weiß nicht, inwieweit Sie dem Konzept der autonomen Kinder von Jesper Juul etwas abgewinnen können. Ich kam kürzlich damit erstmals in Kontakt und fand erstaunlich, wie gut die physischen und verhaltensbezogenen Beschreibungen zu unserem Sohn (8 Monate) passen (z.B. auffallend "fertig" aussehendes Gesicht gleich nach der Geburt, kaum Babyspeck, sehr aktiv und motorisch weit, mochte von Anfang mitunter keinen Körperkontakt haben, oftmals nur auf seine Initiative hin, möchte schon jetzt am liebsten alles selbst machen und Tätigkeiten wie Wickeln und Anziehen, die er mehr oder weniger passiv erlebt, mag er gar nicht; wenn er Dinge haben möchte, die er nicht bekommen soll (z.B. Brille), reagiert er schon jetzt ziemlich wütend). Ich vermute doch sehr, dass es beim Autonomiestreben auch von autonomeren Kindern ein Kontinuum gibt und es keineswegs eine Schublade für autonome Kinder gibt, das sie von den nicht autonomen trennt. ;) Dennoch bin ich verunsichert. Ich habe in mehreren Forenbeiträgen und Blogartikeln gelesen, dass es in vielen Fällen unheimlich anstrengend für die Eltern ist, ein frühzeitig besonders stark nach Autonomie strebendes Kleinkind zu handeln. Nun wird ja aber viel geschrieben, teilweise auch übertrieben. Daher wüsste ich gerne, wie Ihre Erfahrung ist. Kann man beim Alter meines Sohnes schon davon ausgehen, dass er ein Kind ist, das generell besonders stark nach Selbstbestimmung streben wird? Oder kann dies in unterschiedlichen Phasen unterschiedlich stark ausgeprägt sein? Auch wenn es in besagten Artikeln z.T. heißt, dass man "autonome Kinder" nicht mit den "üblichen" Methoden (welche auch immer das sein mögen) erziehen könne, würde ich davon ausgehen, dass liebevolle Klarheit und Führung, Integrität und Geduld auch bei besonders selbstbestimmten Kindern mit die wichtigsten Grundlagen gelingender Erziehung sind. Für eine Einschätzung auch dazu wäre ich Ihnen dankbar!
Guten Tag, auf diese Grundlagen können Sie vertrauen, denke ich. Zum Konzept von Jesper Juul kann ich Ihnen leider nichts sagen. Sie können aber davon ausgehen, dass Ihr Sohn jetzt und noch längere Zeit kein selbstbestimmtes Kind ist, weil sich das Selbst noch gar nicht so weit entwickelt hat, dass es Absichten verfolgen könnte. Ihr Sohn verhält sich noch stark Impuls gesteuert und bekundet seine aktuelle Befindlichkeit durch das gezeigte Verhalten. Vor allem ist er nicht autonom, weil er ohne Sie nicht überleben könnte. Es gibt in der kindlichen Entwicklung Phasen, in denen Kinder nach größerer Unabhängigkeit streben. Wenn Kinder laufen können und sich ihre motorischen Fähigkeiten rasch entwickeln, gewinnen sie Interesse an ihrem weiteren Umfeld und können sich so ein Stück aus der engen Beziehung zur Mutter lösen. In der Trotzphase mit ca. zwei Jahren haben Kinder bereits ein kohärenteres Bild von sich und der Möglichkeit sich unabhängig von den Bezugspersonen zu verhalten. Nun wollen sie ihren Willen erproben und ihn durchsetzen. Das kann - je nach Temperament und Charakter des Kindes - für alle Beteiligten eine schwierige Zeit sein. Auch in dieser Phase gewinnen Kindes mehr Autonomie. Sie erleben aber auch, dass sie starke Eltern als Gegenüber haben, die sich durchzusetzen wissen. Das ist für Kleinkinder sehr wichtig, denn nur so können sie sich von den Eltern geschützt und gesichert fühlen. Sie spüren nämlich sehr wohl, dass sie alleine zu schwach und hilflos wären (auch wenn man das an ihrem Verhalten nicht immer erkennen kann). Ich wünsche Ihnen alles Gute. Ingrid Henkes
Die letzten 10 Beiträge
- Fehlendes Selbstbewusstsein und sehr sensibel
- Kind ist im Verhalten verändert
- Zehenspitzengang
- Kind 3 Jahre Sprachentwicklung/Erziehung/hört oft nicht richtig zu
- Selbermachen (ausziehen etc.)? - Fehlanzeige (29 Monate)
- 2 Kindern gerecht werden
- Kind möchte, dass andere traurig sind und weinen
- Erziehung/schimpfen 5 jährige
- Ist die Bindung gestört?
- Lautstärke bei Sprachentwicklung