Frage im Expertenforum Entwicklung von Babys und Kindern besser verstehen an Ingrid Henkes:

1 Jähriger verhält sich seltsam

Ingrid Henkes

 Ingrid Henkes
Analytische Kinder- und Jugendlichen­psycho­therapeutin

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Frage: 1 Jähriger verhält sich seltsam

Johanna0407

Liebe Frau Henkes, unser Sohn ist gerade 1 Jahr alt geworden. Richtig fremdeln tut er selten, nur manchmal klammert er sich in neuen Situationen an uns oder braucht erstmal Zeit zum "warm werden". Anschließend will er immer sofort zu unseren Freunden/Nachtbarn etc. auf den Arm und möchte nicht mehr weg. Mein Mann und ich scheinen ihn kaum zu interessieren und es stört ihn nicht wenn wir aus dem Raum gehen oder kurz weg sind. Was hat das zu bedeuten? Ist das Verhältnis zu uns gestört? Außerdem ist er seit einiger Zeit zunehmend wütend, wenn er etwas nicht bekommt/darf oder wenn er keine Lust hat angezogen oder gewickelt zu werden. Er kreischt und weint dann richtig und tritt beim Wickeln auch manchmal nach uns. Er ist dann kaum zu beruhigen. Woran könnte das liegen und was sollen wir dagegen tun? Für die Trotzphase erscheint uns das zu früh..Wir fühlen uns teilweise richtig abgelehnt. Vielen dank und viele Grüße  


Ingrid Henkes

Ingrid Henkes

Guten Tag, Ihr Sohn lehnt Sie nicht ab und hat auch kein gestörtes Verhältnis zu Ihnen. Mit einem Jahr erweitern sich seine motorischen Fähigkeiten und er erreicht einen größeren Radius. Damit steigt die umfänglichere Wahrnehmung seiner Umwelt. Da gibt es jetzt für ihn viel Neues zu entdecken. Das ist in diesem Alter sehr verlockend und interessant. Daher will er nach der vorsichtigen Kontaktaufnahme zu Ihren Freunden. Die sind selten und spannend, während Sie vertraut sind und den Alltag darstellen. Sie sind sozusagen die sichere Bank. Ihr Sohn hat eine sichere Bindung an Sie. Daher kann er sich trauen, sich von Ihnen zu entfernen. Bei einer unsicheren Bindung ist das nicht möglich, weil die fehlende Sicherheit für das Kind bedeutet, dass es in der Nähe bleiben muss, um die Eltern nicht zu verlieren. Mit einem Jahr ist Ihr Sohn noch nicht in der Trotzphase. Aber er kann jetzt deutlicher signalisieren, dass er etwas nicht will. Anziehen und Wickeln sind für Kleinkinder nicht angenehm. Sie schränken das Kind kurzfristig in seinen Bewegungsmöglichkeiten ein, daher wehrt es sich dagegen. Ihr Sohn zeigt mit seinem Verhalten nicht, dass er Sie ablehnt sondern dass er die Tätigkeit, die Sie ausführen nicht will. Wickeln und Anziehen müssen aber sein und das muss auch Ihr Sohn lernen. Lassen Sie sich von seinem Missfallen nicht irritieren. Beruhigen und trösten Sie ihn beim Wickeln. Sagen Sie ihm, dass es wirklich zu blöd ist, dass er jetzt wieder eine Windel braucht. Aber es geht ja nicht anders. Sie beeilen sich auch, damit es schnell vorbeigeht. Den Inhalt Ihrer Worte wird Ihr Sohn noch nicht verstehen können, aber er wird Ihre Ausstrahlung und Ruhe erfassen und sich bald wieder besser wickeln lassen. Ablenkung durch ein Spielzeug oder ein Lied können auch beruhigend wirken. Vielleicht finden Sie und Ihr Mann in gemeinsamen Gesprächen heraus, warum Sie sich von einem so kleinen Kind abgelehnt fühlen. Ihr Sohn kann Sie gar nicht ablehnen. Sie sind die wichtigsten Menschen in seinem Leben und er ist komplett auf Sie  angewiesen. Er benötigt Ihre Liebe und Fürsorge. Dadurch festigt sich die Beziehung zu Ihnen immer intensiver. Ich wünsche Ihnen alles Gute. Ingrid Henkes


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