Frage: Nächtliches Abstillen

Hallo Frau Dr. Dotzauer,  vielen Dank für den tollen Input hier und bei Instagram! Meine Tochter, knapp 8 Monate alt kann Tag wie Nacht keine Schlafzyklen verbinden. Bin völlig ausgelaugt, schlafe manchmal nächtelang nicht richtig ein und wenn, würde ich so gerne mal länger als 2 Stunden am Stück schlafen. Die Kleine brüllt nachts sofort los, jegliches stufenweise Beruhigen vergebens, es MUSS gestillt werden, damit Ruhe ist. Kuscheltier versuchen wir einzuführen, aber bisher ist sie dafür noch zu klein, auf Schnullern kaut sie tagsüber nur herum. Ein harter Fall. Freunde von uns haben ihren Jungen in etwa dem Alter nachts abgestillt, indem der Vater (Mutter nicht im Raum) ihn bei Erwachen herumgetragen hat, natürlich unter größtem Protest. Nach drei Tagen schlief er dann aber dauerhaft durch. Meine Tochter schreit wie am Spieß, wenn wir das versuchen, so dass ich es dann abbreche. Langsam bin ich aber so verzweifelt, dass ich mir nicht mehr anders zu helfen weiß. Ich fürchte nur, sie hat nach dem nächtlichen Abstillen dann trotzdem keine Strategie wie sie weiterschlafen soll und die Mühe war umsonst, was meinen Sie? Sorge macht mir vor allem, dass ich von Fällen höre, in denen das 2-stündige Erwachen bis zum 3. Lebensjahr geht. Das halte ich nicht durch. Was halten Sie von o.g. Methode? Haben Sie Tipps/Hoffnungsschimmer? Viele Grüße  Lara

von Lara07 am 27.03.2024, 07:04



Antwort auf: Nächtliches Abstillen

Liebe Lara, ich fühle mit Dir, der Schlafmangel ist grausam. Ja es geht  nicht nur ums Abstillen, sondern auch darum, ihr eine Einschlaf- und Beruhigungsstrategie zu zeigen, mit der sie schrittweise selbstständiger ruhig werden und einschlafen kann. Also wenn ihr die Brust durch die Flasche ersetzt seid ihr kaum einen Schritt weiter. Mein Vorschlag wäre auf jeden Fall schon mal das Einschlafen vom Stillen zu trennen. Als erstes, am ersten Tagschlaf nach 3 Wachstunden beim satten Kind. Mit Vorschlafruhe, Runterkuscheln und im Bett ablegen, anfangs schlafend,später zunehmend wacher. 2. Tagschlaf im Kinderwagen oder Trage. Grundsätzlich am Tag gescheit essen, wenn keine richtige Mahlzeit möglich, dann Ergänzungsstillen (Kalorien tagsüber!).  Abends ebenfalls das Stillen vom Einschlafen trennen. Gleichzeitig wäre es auch gut, wenn der Papa zunehmend wichtiger werden würde, nicht nur als "Rumträger" sondern auch als "Beruhiger". Er kann genauso Einschlafroutinen anbieten: wichtigster Tipp dabei bei Abwehrverhalten des Kindes nicht einfach weiter machen und in den Kampf einsteigen und mit schlichten Rumtragen beantworten. Das führt zur Eskalation - sondern er soll versuchen das Kind abzulenken, also es noch "online" halten mit der Aufmerksamkeit. Also ruhig, wenn nötig massiv ablenken zB aus dem Zimmer gehen, ins Bad gehen Hände waschen...egal - alles besser als reinsteigern. Idealerweise würde er dann das Abendeinschlafen übernehmen und zusätzlich die erste Nachthälfte. Du schläfst mit Oropax in einem anderen Raum. Er bringt die Kleine so spät wie möglich zum Stillen und in der 2. Nachthälfte agiert ihr je nach Kraft. Das prakiziert ihr eine Weile und dann kümmert sich der Papa (Wochenende, Urlaub) auch um die 2. Nachthälfte. Dann stillst du nur noch maximal 2 x. Dann irgendwann 1x in den frühen Morgenstunden und irgendwann auch gar nicht mehr. Beim nächtlichen Beruhigen, geht es um Beruhigen nicht nur um Aushalten. Sobald der "Aushaltemodus" eingeschalten wird, droht die Eskalation. Wenn es dafür keinen Papa gibt, dann machst du das halt selber. Genauso möglich. Ist halt anstrengender. Wie groß du die Schritte wählst, ist deine Sache und hängt von deinem Bauchgefühl ab. Die 3 Tagemethode ist halt Erwachsenen orientiert, kleinere Schritte berücksichtigen auch den Lernprozess des Kindes. Beides ist in Ordnung,  ihr lasst sie nicht alleine, sondern seid für sie da. Und es geht dann nicht nach ihrem Willen/Wunsch,  das ist eine Erfahrung, welche Menschenkinder auch machen dürfen und sie können den Umgang damit lernen. Und zwar von euch Eltern. Wenn aber die Eltern aufgelöst, unsicher und verzweifelt auf das Kind einwirken, ist das keine gute Botschaft. Das Kind wird auch aufgelöst, unsicher und verzweifelt. An dieser Stelle appeliere ich an Euch - Ihr seid die Erwachsenen - Ihr braucht den guten Plan! Mit den Worten meiner Mutter: "Reißt Euch zusammen" und als letztes möchte ich dir die Worte von einem tollen, wichtigen Bindungsforscher Powell mitgeben: "Sei allzeit größer, stärker, weiser und gütig und wenn nötig übernehme die Führung" Das ist die "Job-Beschreibung" für Elternsein - für Eltern die Sicherheit - Zuversicht und ein gutes Bindungsangebot leben. Alles Liebe Daniela

von Dr. Dotzauer am 27.03.2024