Anni1500
Ständig bekomme ich im Moment gesagt, wie stark ich doch bin. Und das die anderen nicht wüssten, ob sie es so gut verkraften könnten. Die Wahrheit ist, ich verkrafte meine Situation kaum. Ich weine mich so gut wie jede Nacht in den Schlaf. 2019 wäre ich fast an einer eileiterschwangerschaft gestorben. 2020 wurden wir mit unserer 2. Tochter belohnt. Aber das Glück hielt nicht lange. Das Schicksal hat uns nur 2 Monate Glück gegönnt. Mein Mann ist bei einer Musikprobe ohnmächtig geworden. Diagnose gehirntumor. Genauer Astrozytom. Kann nicht komplett entfernt werden. Der tumor sitzt genau da, wo unter anderem die Emotionen gesteuert werden. Ergebnis. Ich erkenne teilweise meinen eigenen Mann nicht mehr. Er ist so leicht reizbar an manchen Tagen. Er hat ein sehr schlechtes Gedächtnis bekommen und Gespräche sind auch schwierig geworden. Er ist jeden Abend so kaputt, dass er schläft. So sitze ich jeden Abend alleine auf dem Sofa mit meiner Angst um unsere Zukunft. Das ich meinen Mann wieder bekomme, befürchte ich, wird nicht mehr passieren. Früher oder später werde ich ihn komplett an diese scheiße verlieren. Es zerreißt mir das Herz. Wir haben schon so viel zusammen geschafft und uns immer gegenseitig aus unseren Tiefs gezogen. Wo ich ihn kennengelernt hatte, war ich so in meiner Welt gefangen gewesen. Ich wollte eigentlich niemanden an mich ran lassen. Durch ihn konnte ich meine sozialphobie Schwächen. Es tut einfach nur verdammt weh. Unsere Kinder tun mir Leid. Alleine schon für sie kämpfen mein Mann und ich gegen den Tumor. Beide lieben ihren Papa über alles. Ich bete, dass er so lange wie möglich mit seinen Kindern Zeit verbringen kann. Das war aber nicht genug vom Schicksal. Mein Vater ist 2020 ebenfalls den Tod noch so gerade von der Schippe gesprungen. Auch noch nicht ganz in Sicherheit. Er hat Prostatakrebs und einen schweren Herzinfarkt mit stillstand bekommen. Wenn er nicht bereits im Krankenhaus gewesen wäre, wäre er nicht mehr unter uns gewesen. Er liegt aktuell wieder im Krankenhaus, da er noch Bypässe bekommen musste. Falls einer anmerken möchte, dass es Psychologen gibt, mein Mann und meine große Tochter sind bereits in Behandlung. Ich bin noch auf der Suche. Aber mehrere Stellen haben erkannt, dass meine Seele auch mal irgendwann am Limit ist und wollen mir helfen. Eine Organisation ruft mich sogar wöchentlich an, bis ich eine Therapie gefunden habe. Dank Corona nicht so einfach. Ich weiß nicht, warum ich das hier alles geschrieben habe. Vielleicht wollte ich mich einfach mal entladen. Zumindest, wenn mich einer stark nennt, kann ich nur müde lächeln. Ich Kämpfe um meine Familie, um die Leute die ich liebe. Wer würde das nicht tun? Gerade meine Kinder geben mir sehr viel Kraft. Entschuldigt den langen Text.
Du meine güte, das ist wahrlich zu viel an bürde. Ich glaube, eher als fachhilfe könnten zeit für dich zum erholen und dampfablassen nützlich sein. Hast du eine freundin, bei der du dich ausheulen kannst? Kannst du kleine auszeiten nur für dich planen?
Bin ja wie gesagt dabei an eine Therapie zu kommen. Brauchen gerade nur zu viele Menschen ebenfalls eine. Ich habe eine gute Freundin. Nur merke ich bei ihr leider, dass es sie bereits auch zu sehr belastet. Sie mag meinen Mann auch sehr gerne und hat selbst harte Schicksalsschläge hinter sich. Einer davon triggert sie sehr. Weswegen ich ihr nicht mehr alles erzähle. Das mit den Auszeiten ist schwer. Durch die Kinder und meinen Mann fallen sehr viele Termine an. Er ist jetzt demnächst zur Kur. Da werde ich ebenfalls ein wenig durchatmen können. Da werden viele Termine weg fallen.
Puh... Da trägst du aber einen sehr schweren Rucksack. Gut das ihr schon fachliche Hilfe habt und du zumindest schon dran bist welche zu bekommen. Was mir noch als Idee zur Entlastung einfällt. Such dir einen Babysitter, nur zu deiner Entlastung. 2 Std die nur dir gehören. Keine Termine mit deinem Mann, nur du und was dir gut tut. Und sei es einfach nur laut Musik hören, durch den Wald gehen, irgendwo lesen, stricken, was dir eben Spaß macht. Alles Gute dir.
Da hilft mir der Kindergarten. Meine kleine wird ab Montag in den Kindergarten Eingewöhnt. Sie sollte eigentlich erst ab August, aber wir haben es vorgezogen.
Lass dich ganz fest umarmen! Du musst auch auf dich sehr aufpassen gerade. Du bist ja gerade die, die alles zusammen hält. Und die alles auffängt, deine Kinder, deinen Mann.... Mir fällt folgendes ein: - Frage bei der Krankenkasse nach einer Haushaltshilfe. Für deinen Mann fallen viele Termine an, die er wahrscheinlich nicht alleine wahrnehmen kann. Und sei es "nur", dass du ihn fahren musst. Evtl. besteht die Möglichkeit, eine Haushaltshilfe zu bekommen. - Habt ihr Pflegegeld beantragt? Meine Mutter hat das gleich am Anfang beantragt und bekommen. Das kannst du auch für solche Entlastungsdinge einsetzen. - Du kannst auch beim Jugendamt nach Unterstützung fragen. Das kann dann die Vermittlung von Babysittern sein, Vermittlung von Dorfhelferinnen (hier gibt es das, die springen ein, wenn nichts anderes geht und helfen bei allem - von der Pflege der Oma bis zur Versorgung eines Neugeborenen, Gartensachen, Kochen...). - Vielleicht findest du ein kleines Ritual mit deinem Mann, was er bewerkstelligen kann. Und wenn es nur ist, jeden Tag zu einer bestimmten Uhrzeit eine Tasse Kaffee oder Tee zu trinken oder schweigend eine Viertelstunde am Tisch zu sitzen.
Vielen Dank für deine lieben Worte. Pflegegrad haben wir frisch beantragt.