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Wann wird es besser? Ich kann nicht mehr (Lang)

Kigakids
Wann wird es besser? Ich kann nicht mehr (Lang)

Brinchen89

Hallo zusammen, ich habe schon öfter hier um Rat gebeten. Aktuell hat uns die Trotz- bzw. Autonomiephase extrem in der Hand. Unser Sohn, 3 Jahre und 3 Monate alt, war schon immer ein eher "lauteres" und willensstarke Kind. Aber seit dem Kindergartenstart im April, habe ich das Gefühl, es wurde noch schlimmer. Klar, KiGa bedeutet Veränderung und dass sich das Temperament unseres Kindes ändern wird, war uns klar. Man muss dazu sagen, er geht unheimlich gerne in den KiGa, er hat schnell Anschluss gefunden und erzählt hinterher auch immer viel, mit wem er gespielt hat usw. Aber jetzt kommt es. Im Moment gibt es nichts, rein gar nichts, was ihn zufriedenstellt. Im einen Moment frag ich ihn zB während ich einen Apfel schäle ob er denn auch ein Stück haben möchte. Dann kommt ein sehr laut geschrieenes "NEIN", als ob ich eine totale doofe Frage gestellt hätte. Schäle ich dann weiter und schneide den Apfel für das Porridge klein (das Essen wir alle gerne mal zwischendurch), meckert und schreit er rum "ICH WOLLTE ABER EINEN APFEL"!!!! Das ist aber noch harmlos. Heute früh nach dem Aufstehen, wir waren vielleicht grade mal 2 Minuten auf, bin ich in sein Zimmer, habe den Rolladen, wie jeden Morgen, nach oben gemacht und habe sein Nachtlicht ausgemacht. Scheinbar hätte ich hellsehen müssen dass mein Sohn das Licht ausmachen wollte. Denn daraufhin hat er mich geschubst und "BLÖDE MAMA" geschrien. Das ist momentan sein Lieblingsausdruck wieder. Vor kurzem habe ich ihm erklärt, dass wenn er mich schlägt oder sowas sagt, ich dann raus gehe. Was ich dann auch gemacht habe. Ein Gekreische, er rennt mir dann hinterher um weiter auf mich einzuschlagen. Er ist wie von Sinnen. Leute, ich weiß nicht wie ich damit umgehen soll. Ich habe sämtliche Dinge versucht. Ärmchen festhalten und NEIN sagen, davonlaufen, das ganze (zumindest versucht) ausgehalten, ruhig reden, ihm eine Umarmung anbieten. Es hilft nix. Wirklich gar nix. Ich bin mit meinem Latein am Ende. Es ist täglich so. Wirklich täglich. Versuche ich ihn mittags nach dem KiGa hinzulegen, klappt nicht. Er möchte nicht schlafen bzw sich ausruhen. Meist gehen wir dann raus, weil das meistens hilft. Spielplatz oder mit dem Rad raus. Muss dazu sagen, ich arbeite vormittags. Das heißt, ab und an, nehme ich es mir raus, etwas im Haushalt zu erledigen. Natürlich putze ich nicht das ganze Haus von oben bis unten wenn Knirpsi zu Hause ist, aber am Montag beispielsweise wollte ich endlich mal unsere Wäscheberge bügeln. Wir waren auf der Terrasse, Knirpsi hatte seine Toniebox und Malsachen mit draußen. Es ging nicht. Null. Egal wenn ich etwas erledigen möchte, er kann sich nicht mal kurz alleine beschäftigen. Was mich aktuell auch noch so nervt, er will ständig auf den Arm, getragen werden, er folgt mir überall hin. Toilette allein? Fehlanzeige. Damit noch nicht genug, er möchte dann während ich auf der Schüssel sitze zu mir hoch klettern. Er ist in allem sehr wild. Er meint es meist nicht so, aber beim in den Arm nehmen etc. macht er einem immer weh weil er recht grob ist. Er bekommt Umarmungen und Zärtlichkeiten immer von uns wenn er sie einfordert und auch so, aber Leute, es wird mir grade echt zu viel. Er lässt mir kein Raum. Ich kann ihn doch nicht rund um die Uhr herumtragen. Ich bin abends fix und fertig. Ich ertrage keine Berührungen mehr. Und dann diese ständigen Kämpfe ums Anziehen, das Essen, das Zähneputzen etc. Jeden Tag Geschrei bei uns zu Hause, als würden wir unser Kind (sorry für den Ausdruck) abschlachten. Im KiGa ist er super lieb, er hat Freunde, er ist hilfsbereit, er teilt und er verteidigt aber auch seine Sachen. Im Grunde alles normal. Aber diese Phase jetzt topt echt alles. Ich merke mittags nach dem KiGa wenn er leicht müde ist, dass er einfach seinen Mamatank auffüllen möchte. Und das lasse ich natürlich auch zu. Wir kuscheln dann und schauen ein Buch an zB. Aber auch das geht nicht lange gut. Es muss nur etwas nicht ganz seinen Vorstellungen passen und er rastet komplett aus. Ja, es ist eine wichtige und normale Phase. Ja, Kindergarten ist anstrengend und die Kids lassen oftmals alles angestaute zu Hause raus. Aber wann wird das besser? Ich bin mit meinen Nerven am Ende und könnte nur noch heulen. 


Janet90

Antwort auf Beitrag von Brinchen89

Es wird besser, wenn du anfängst Grenzen zu setzen und für dich einzustehen. Ich habe mittlerweile das Gefühl, dass "bindungsorientiert" mit "ich lass mein Kind machen was es will" verwechselt wird. Wenn du draußen bügeln willst, dann bügel auch. Du darfst ruhig deutlich sagen, wenn du etwas nicht möchtest und musst nicht jedem pups nachgeben. Dein Kind schreit förmlich nach Grenzen und wird solange weiter austesten, bis es auf welche stößt. Mein Tipp (was für mich vollkommen instinktiv ist, ich aber fast keinen kenne der es so macht): klare, deutliche, EINFACHE Ansagen und dann konsequent dahinterstehen. Keine ewigen Romane, keine diskutiererei, kein erst nein dann doch nagut. Das wird nicht von jetzt auf gleich gut funktionieren, aber wenn dein Kind merkt, dass du konsequent bist, wird sich was ändern.


Rapunzel39

Antwort auf Beitrag von Janet90

@Janet90: Das ist die beste, nützliche Antwort, die ich seit langem hier gelesen habe. Mir geht es nämlich genauso wie der TE, nur das ich eine Tochter habe. (Wie eine andere Mama hier schreibt, das Jungs da anders sind. Nee, sind sie nicht....) Also vielen Dank. Ich probiere deine Tipps auch mal aus. LG Rapunzel


KielSprotte

Antwort auf Beitrag von Brinchen89

Du machst dich zum Sklaven eures Kindes, was euch beiden absolut nicht gut tut! Wenn du bügeln willst, dann bügelst du! Mache vorher eine Ansage wie lange; also z. B. für die Dauer einer Tonie Geschichte. Dann bügelst du! Allerdings musst du dich dann aber auch deine Zeitvorgabe halten. Nach einer Geschichte ist Schluss und du machst dann was mit ihm - vorlesen, ein Spiel, Spielplatz.....darf er sich dann aussuchen. Und wenn du auf Toilette musst/ willst, dann gehst du - alleine! Notfalls Tür abschließen. Euer Kind ist 3 Jahre, nicht Monate, nicht Tage. Der überlebt das! Natürlich wird es ein paar Tage dauern und wahrscheinlich erst einmal noch mehr Geschrei geben, aber er wird die neuen Regeln und Grenzen schnell verstehen, wenn du konsequent bleibst. Kein nein, nein , naja vielleicht, dann eben nicht........ Ansage was jetzt wie passiert und gut.


kia-ora

Antwort auf Beitrag von Brinchen89

Mein 4. Kind ist auch so extrem. Kann also verstehen, wie es dir gerade geht. Wie die anderen schon schrieben, es wird besser, wenn du klare Regeln und Grenzen konsequent einforderst. Ist zwar auch anstrengend aber die Alternative wäre ein kleiner Tyrann und das hält man noch weniger aus.    Du hast ja selbst schon gemerkt,  wann dein Kind Bedürfnisse hat, die an erster Stelle stehen und wann es warten muss. Bei uns darf das Kind "bestimmen ", wenn es morgens aufsteht (#Morgenmuffel) und direkt nach der Kita. In der Zeit muss die Hausarbeit warten. Zu anderen Zeiten muss das Kind warten.    PS. Ich bügel übrigens nicht. Das ist ein totaler Zeitfresser und bringt nix. 


Windpferdchen

Antwort auf Beitrag von Brinchen89

Hallo, gerade Jungs haben ja in diesem Alter sehr oft noch Probleme, ihre Impulse zu kontrollieren. Ihre Frustrationstoleranz geht zeitweise gegen null. Damit umzugehen, ist natürlich sehr herausfordernd für uns Eltern, weil man selbst irgendwann auch ungeduldig und genervt ist. So entsteht ein Teufelskreis, man selbst und das Kind schaukeln sich geenseitig mit negativer Energie hoch. Mein Sohn war phasenweise auch so. Von mir drei Tipps, die bei uns sehr halfen: 1. Du gehst momentan zu sehr auf jedes wankelmütige Gefühl deines Sohns ein. Das nennen Erziehungsfachleute "Mikro-Management". Das kostet viel Kraft und bringt wenig, weil man den ganzen Tag damit beschäftigt ist, auf jede Laune des Kindes einzusteigen, auf es einzureden, einzuwirken, einzutrösten oder auch mit ihm zu streiten – während man dabei das große Ganze völlig aus den Augen verliert. Dein Sohn will aber gar nicht, dass jede seiner schnell wechselnden Stimmungen gleich eine Reaktion von Mama auslöst. Oder dass es dir schlecht geht, wenn es ihm schlecht geht. Sondern er braucht eine gelassene und souveräne Mama, die ganz bei sich bleibt, die ruhig, aber nachdrücklich die Führungsrolle übernimmt und sich nicht von seinen Emotionen irritieren lässt. Heißt: Erlaube ihm zwar jedes seiner Gefühle, steige aber auf negative Gefühle nicht besonders ein. Behandle sie beiläufig und eher desinteressiert. Sage auch nicht dramatisch: "Wenn du das sagst oder machst, gehe ich raus". Das ist schon viel zu viel. Erkläre kurz, was jetzt ansteht, und mach das dann auch. Wenn er dann schreit oder schimpft, darf er das. Du musst aber nicht auf ihn einwirken. Du darfst warten, bis es von selbst abebbt. Und das tut es, selbst wenn das die ersten Male lange dauert und in Riesen-Drama mündet. Denn zu viel Aufmerksamkeit verstärkt unerwünschtes Verhalten. Wenig Aufmerksamkeit schwächt es ab. Das gilt aber nur, wenn man zugleich positives, erwünschtes Verhalten durch viel Aufmerksamkeit verstärkt. Das Kind also lobt, wenn es einem einen kleine Handreichung gemacht, bei etwas geholfen oder etwas geholt hat, worum man es gebeten hat. So bekommt es viel positive Aufmerksamkeit. Es ist dann viel weniger reizvoll fürs Kind, negative Aufmerksamkeit durch schlechtes Verhalten zu erzwingen. 2. Sei generell klar, ruhig und eindeutig. Erkläre nicht zu viel, rede nicht zu viel auf deinen Sohn ein, ermahne nicht zu viel. Wenn du auf die Toilette gehst, bleibt er selbstverständlich (!) draußen. Notfalls schließt du ab. Wenn er dann schreit oder gegen die Tür bollert, bleibe gelassen. Komme hinterher raus aus der Toilette und gehe mit einem beiläufigen, freundlichen Kopfstreichler an ihm vorbei. Mehr nicht. Fahre fort mit Haushalt usw. Dein Sohn kann es von seinem Alter her aushalten, dass Mama eine Grenze setzt. Dieser Konflikt mag ihn frustrieren, aber er schadet ihm in diesem Alter nicht mehr. Die Symbiose mit der Mutter (wie im Babyalter) ist vorbei.  3. Weil er im Selbstständigkeitsalter ist, muss er jetzt vieles selbst tun und auch mithelfen dürfen. Bei möglichst allem, beim Putzen, Kochen, Heimwerken, Einkaufen usw. Das kostet Zeit, und das Ergebnis ist nicht perfekt. Aber dafür ist das Kind sehr viel zufriedener. Sowohl du als auch dein Partner sollten ihn unaufhörlich mit einbeziehen. Wie's noch geht und was in "trotzenden" Kindern wirklich vorgeht, kannst du in dem wunderbaren Buch: "Mein kompetentes Kind" von Jesper Juul lesen. Bei uns brachte es wirklich die Kehrwende. LG


JoMiNa

Antwort auf Beitrag von Windpferdchen

Ich glaube nicht, dass es am Geschlecht liegt. Meine Tochter ist genauso und ich kenne auch andere anstrengende Mädels 😉 Ansonsten haben die anderen schon gute Tipps geschrieben. Noch zwei Ergänzungen: - Wenn ich merke, dass sich so eine "Ich kann mich nicht entscheiden"-Krise anbahnt, nehme ich sofort den Druck, eine Entscheidung zu treffen raus und widme mich einem anderen Thema. Zum Beispiel, grüne oder blaue Hose: "Ok, dann ziehe ich mich erstmal selbst an, und du nimmst dir die Hose selbst." Oder, falls etwas nicht mehr rückgängig geht: "Ach, du wolltest den Apfel mit Schale? Jetzt habe ich ihn schon geschält, das nächste Mal lasse ich sie für dich dran. Ich stelle die Apfelstücke jetzt in den Kühlschrank, und dann kannst du ihn später essen." Bei uns hilft es oft, den "Stein des Anstoßes" schnell verschwinden zu lassen. Dann gibt es zwar noch kurz Protest, der ist aber viel schneller vorbei, als wenn ich das Kind vor dem Apfelteller sitzen lasse und auf es einrede. - Es macht auf mich den Eindruck, als ob du dir die Stimmung deines Kindes viel zu sehr zu Herzen nimmst und dich dafür verantwortlich fühlst. Das ist noch ein Automatismus aus der Babyzeit, den sehr viele Eltern "zu lange" beibehalten. Dein Kind ist ein eigenständiges Wesen, und ist allen möglichen äußeren Einflüssen ausgesetzt. Du bist nicht dafür zuständig, dass es jede Sekunde glücklich und ausgeglichen ist. Deine Aufgabe ist zwar, es in seinen Emotionen zu begleiten, aber du musst sie nicht zu deinen eigenen machen. Versuche, dich davon nicht so schnell aus der Ruhe bringen zu lassen - dein Kind braucht dich als Fels in der Brandung 😀


salatblatt

Antwort auf Beitrag von Brinchen89

Fühl dich als erstes Mal gedrückt! Ich kenne das von meiner Tochter auch. Sie ist inzwischen 5 und es hat sich sehr gebessert. Sie hat ihre Wut, Hunger, Müdigkeit, Durst und Erschöpfung immer mit den Zähnen ausgedrückt. Sie hat extrem gebissen und uns auch teilweise verfolgt. Dabei half Reden, Festhalten usw.  nichts.    In dem Alter können die Kinder ihre Bedürfnisse vielleicht noch nicht spüren und drücken sich so aus. Trotzdem musst du das natürlich nicht akzeptieren!   Was ich sagen kann:   1. Es wird besser werden. Bei uns in der Familie waren meine Mutter, meine Oma, meine Schwester und deren Tochter genauso. Die haben wohl auch alle so viel gebissen.  Meine Mutter war Lehrerin, meine Schwester ist Ärztin und meine Nichte ist inzwischen gute Schülerin auf einem Gymnasium. ;) Aus denen ist also allen was geworden.  Häufig verwächst es sich.    2. Wenn irgendwie möglich, dann besorg Dir Entlastung! Gibt eine eine Oma/Opa/Papa/Nachbar(in)/Babysitter der dir das Kind mal einen oder 2 Nachmittage pro Woche abnehmen kann, damit du mal Pause hast? Kann der Papa einspringen? Kannst du ihn sonst ggf. einmal pro Woche mit einem anderen Kind aus dem Kiga verabreden, so dass er dort direkt mit nach Hause geht? Dann kannst du im Gegenzug vielleicht das andere Kind auch mal mitnehmen.    3. Vielleicht kannst du ihm TipToi-Bücher oder Spiele besorgen, damit können Kinder sich toll einige Zeit selber beschäftigen. Die kann man vielleicht auch in der Bücherei ausleihen.  Hier gibt es dazu einen guten Beitrag:   https://starkekids.com/aggressives-verhalten/#tab-con-15