Hallo Sweety, wenn Du selbst so unter Deiner Schüchternheit gelitten hast, kann ich gut verstehen, dass Du das Deiner Tochter ersparen möchtest. Ich möchte das auch immer, meine Tochter in Watte packen, ihr Enttäuschungen ersparen usw. Aber letztlich können wir die Kids nicht in ihrer Persönlichkeit verändern. Aber sie fit dafür machen, mit ihrem eigenen Wesen optimal umgehen zu lernen. Ich würde an Deiner Stelle vielleicht an zwei Seiten ansetzen: Bei Erwachsenen (!) ist Schüchternheit ja auch ein bissel eine Frage des Trainings, fand ich jedenfalls bei mir selbst. Geh bewusst hinein in Situationen, die Dir unangenehm sind. Überlege bei schwierigen Telefonaten nicht lange vorher, was Du sagen willst, sondern wähle die Nummer und leg los. Denke nach Gesprächen, Telefonaten, Besuchen u.a. Gelegenheiten nicht darüber nach, ob Du das Richtige gesagt hast, gut angekommen bist, die anderen Dich sympathsich fanden usw. Wenn solche Gedanken kommen, sag innerlich STOPP und mach einfach weiter mit dem Tagesablauf. Nicht-schüchterne Menschen machen sich nämlich solche Gedanken auch nie, und sie sind auch wirklich ganz überflüssig. Schiebe bei Handwerker-Gesprächen, Bank-Erledigungen oder Ämtergängen nicht Deinen Partner vor etc. Das ist wichtig, damit Deine Tochter erlebt, dass Du trotz Deiner Schüchternheit (die sie ja auch spürt) auf Situationen zugehst. Dies ist eine wichtige Erfahrung für sie, und ein Modell, sich irgendwann auch selbst so zu verhalten. Und zweitens könntest Du generell ganz bewusst darauf achten, dass Deine Tochter lernt, ihre Gefühle nicht nur wahrzunehmen, sondern auch zu benennen. Das gibt innere Sicherheit. Indem Du also, wenn sie wütend ist, zum Beispiel sagst: "Ich sehe, dass Du gerade sehr wütend bist. Was ist denn passiert? Vielleicht könnten wir da dies oder jenes tun." oder: "Ich verstehe, dass Du Dich jetzt enttäuscht fühlst", oder "Du bist aber heute besonders fröhlich! So geht es mir auch gerade" usw. Du solltest dabei auch über Deine eigenen momentanen Gefühle sprechen. Ich habe damit bei unserer Tochter sehr gute Erfahrungen gemacht. Ein Gefühl bleibt nicht diffus und beunruhigend, sondern findet einen Platz und kann eingeschätzt werden. Man muss das im Umgang mit dem Kind wirklich richtig üben, weil man es meist nicht von selbst macht. Auf diese Weise kannst Du Deiner Tochter zwar nicht die Schüchternheit aberziehen, aber sie wird sicherer und aktiver damit umgehen, als vielleicht Du in Deiner Kindheit das konntest. Und so kannst Du ihr letztendlich denn doch die unbefriedigene Rolle, in der Du selbst Dich als Kind gesehen und gefühlt hast, weitgehend ersparen. :-) Indem sie lernt: Ich fühle mich manchmal mutig, und manchmal schüchtern, aber das ist ganz okay so. Und wenn mir etwas besonders wichtig ist, mache ich es einfach trotzdem (so wie die Mama im Alltag es auch schafft!). Liebe Grüße, Benia