Elternforum Coronavirus

Verzweifelte Situation in unseren beiden Krankenhäusern

Coronavirus
Verzweifelte Situation in unseren beiden Krankenhäusern

Mitglied inaktiv

Eine gute Freundin von mir arbeitet im Krankenhaus. Sie erzählte mir , dass die momentane Situation ganz schlimm ist. Besonders auf der Demenzstation werden die Leute nicht ordentlich versorgt, weil das nicht geleistet werden kann, zu wenig Personal, zuviele Krankmeldungen, Verteilung der Kranken auf andere Stationen. Die Kranken können teils nicht selbständig essen oder trinken und es fehlt die Zeit dafür zu sorgen, meine Freundin meint, sie verhungern und verdursten auf Raten. Meine Freundin ist so fertig, sie sagt ihre Kolleginnen weinen, wenn sie nach Hause gehen. Ich habe gesagt, dann darf das Krankenhaus keine Kranken mehr aufnehmen, wir haben ja noch ein zweites, da sagte sie, das wäre noch schlimmer, vor allem seit Coronafälle bei Mitarbeitern aufgetreten sind und aus wirtschaftlichen Gründen werden Patienten weiter aufgenommen. Sie sagt, sie wird aber jetzt nach drei Wochen in diesem immer schlimmer werdenden Zustand mit der Pflegeleitung sprechen, obwohl das nichts bringen wird, die haben ja auch kein Personal, das aus dem Ärmel geschüttelt werden kann. Das lässt mir jetzt keine Ruhe. Hier im Forum sind doch auch Leute, die als Krankenschwestern arbeiten, ist es bei euch auch so eng mit dem Personal? Kann man denn gar nichts dagegen machen?


Einstein2.0

Antwort auf diesen Beitrag

Ja, das ist die Realität, ist bei uns ähnlich. Wir weisen niemanden ab, nehmen alles auf, schieben Betten ein und haben keine Zeit. Nur alleine im Dienst. Momentan sind wir noch ganze drei Leute auf Station, die Chefin weiß nicht, wie sie die Dienste abdecken soll. Ich habe eigentlich gehofft, dass ich meine Stunden mal abbauen kann, das war wohl nix... Du musst wissen, jedes belegte Bett bringt der Klinik Geld, alleine das zählt und sonst nix! Wenn dir ein Fehler unterläuft, bekommst du zusätzlich noch Druck. Auf meiner alten Station wurde neulich ein Patient mit 3,4 Promille aufgenommen, das ist eigentlich ein Fall für die Intensivstation, aber er bringt eben in seinem Zustand schön Schotter. Es ging schief, die Pflege war schuld. Nicht etwa der Chefarzt, der die Klinik vollgestopft haben möchte..... Ich weiß nicht, wie lange ich das noch mitmache und ziehe in Erwägung auszusteigen, wenn der Kleine bald erwachsen ist und ich mir finanziell was anderes aufbauen kann. Hab keine Lust mit 50 am Ende zu sein.


luna8

Antwort auf diesen Beitrag

das klingt ja furchtbar. Am Anfang hatt ich so die naive Hoffnung, dass die Menschen näher zusammen rücken ( mit Abstand natürlich;)) und vor allem, dass wir unsere Missstände, die C ja extrem verstärkt, mal beheben - es wenigstens angehen. ...


Trini

Antwort auf diesen Beitrag

https://www.welt.de/politik/deutschland/article214094938/In-der-Corona-Pandemie-Jetzt-steigt-sogar-die-Arbeitslosigkeit-von-Pflegekraeften.html Es ist dann wohl eher eine zu geringe Ausstattung der Kliniken mit Planstellen und kein Fachkräftemangel. Trini


Patty

Antwort auf diesen Beitrag

Mein Vater war zwei Wochen im Krankenhaus, davon eine Woche auf derPalliativstation. Meine Mutter war viel dort, auch während der Essenszeit. Aber auch wenn meine Mutter mal nicht da war, hatten die Pfleger Zeit für ein Gespräch Patty


Einstein2.0

Antwort auf Beitrag von Patty

Ist auch mit einem anderen Schlüssel versehen. Im Hospiz zb hat man keinen Druck und keinen Behandlungsauftrag, außer das restliche Leben angenehm zu gestalten. Voll sind solche Stationen trotzdem, aber wie gesagt, mit mehr Personal ausgestattet.


Feuerschweifin

Antwort auf diesen Beitrag

Und jetzt stellt euch mal vor, dass noch mehr Betten wegen Corona gefüllt werden und/oder mehr Personal wegen Corona ausfällt... Keine schöne Vorstellung. Es sind dann nämlich nicht "nur" die behandlungsbedürftigen Corona-Kranken die Gelackmeierten, sondern jeder, der aus welchen Gründen auch immer ins Krankenhaus muss. Das war übrigens schon vor 15 Jahren so schlimm. Ich lag damals mit drei anderen Frauen auf einem Zimmer. Ich war mobil, eine alte Dame dort nicht. Sie konnte nicht alleine essen und keiner der Pfleger hatte Zeit, um sie zu füttern. Dann haben wir Mitpatientinnen übernommen. Eine absolute Sauerei! Hätten wir das nicht gemacht, hätte die alte Dame, die eh schon sehr schwach war, einfach nichts zu essen bekommen. Ganz schrecklich.


Muhkuh-87

Antwort auf diesen Beitrag

Moin, Du, ich glaube, dass das nicht nur in Krankenhäusern ist... Unser Altenheim hat leider genau das gleiche Problem und das nicht nur bei Demenzkranken, sondern eben auch bei den bewegungsunfähigen Patienten... Eigentlich müsste das jetzt alle nochmal wachrütteln (die Missstände sind zwar schon seit Jahren bekannt, aber jetzt durch/wegen/mit Corona noch greifbarer geworden). Statt gegen oder für Masken zu demonstrieren, sollten sie lieber für die Pflegekräfte auf die Straße gehen... Machen wir uns nichts vor : das wird nicht besser...


Tai

Antwort auf diesen Beitrag

Wer von den ganzen Balkonklatschern wäre bereit, deutlich höhere Abgaben für das Pflegepersonal zu bezahlen, damit der Beruf attraktiver wird? So dass genug Personal da ist, um Überlastung und Unterbesetzung zu vermeiden und die anstrengenden Schichtdienste wenigstens zu honorieren. Nicht mal die Corona-Prämie gab es doch für Krankenpfleger. Ich habe neulich mit meiner Freundin, die Krankenschwester ist, gesprochen. In ihrem sehr großen Klinikum wurden viele Stellen abgebaut, um zu sparen. Natürlich braucht man das Pflegepersonal trotzdem, also werden Leiharbeiter geholt, die im Endeffekt viel mehr kosten. Die sind zwar redlich bemüht, sind aber natürlich nicht eingearbeitet und sprechen oft nicht gut Deutsch. Natürlich gibt es trotzdem nicht genug Personal, die Überstunden häufen sich, aber abbauen kann man sie auch kaum. Ab einer gewissen Überstundenzahl soll man sie sich auszahlen lassen, versteuert natürlich. Was wird da wohl übrig bleiben für drei Wochenenddienste am Stück o.ä. Die Zustände werden noch viel schlimmer werden, und irgendwie denke ich, es geschieht unserer Gesellschaft recht. Was die angeblich hohen Arbeitslosenzahlen unter Pflegekräften betrifft: Da gehe ich davon aus, dass die "Arbeitssuchenden" so lange es geht KEINE Arbeit suchen oder die Arbeitszeiten nicht kompatibel mit Familie sind und Angebote so lange es geht abgelehnt werden. Da fällt mir noch was ein, diese Woche traf ich eine Altenpflegerin in der Ambulanten Pflege, die nach zwölf Arbeitstagen am Stück völlig erschöpft war und erzählte, sie hätte ihr freies Wochenende jetzt noch einspringen sollen - um dann wieder zwölf Tage zu arbeiten. Das muss alles zusammenbrechen, wenn sich an den Arbeitsbedingungen und der Bezahlung nichts ändert.


AliceBrownful

Antwort auf Beitrag von Tai

Wenn Krankenhäuser keinen Gewinn abwerfen müssten für Aktionäre, dann müssten ja vielleicht auch die Beiträge der Pflegeversicherung nur ein bisschen steigen...


Tai

Antwort auf Beitrag von AliceBrownful

Und wann kommt es wieder zu einem Umdenken, dass Krankenhäuser nicht gewinnorientiert arbeiten müssen?


starlight.S

Antwort auf diesen Beitrag

OMG das ist ja furchtbar! Mein erster Impuls wäre da an die Presse zu gehen... MIR war das nicht bewusst. Ich war über Pfingsten mit der Großen 2 Nächte in der Kinderklinik, da war es coronabedingt sehr ruhig und sonst habe zum Glück seit zig Jahren keinen Grund gehabt ein Krankenhaus von innen zu sehen. Ich meine, dass man im Krankenhaus nicht im Luxushotel ist, ist klar, aber nahezu zu verhungern, weil kein Personal da ist, das ist doch völlig fahrlässig!!! Wie können Klinikleitungen da denn nachts noch schlafen?


misses-cat

Antwort auf diesen Beitrag

Nein so ist es in dem Haus wo ich arbeite nicht, bin zwar aktuell im Beschäftigungsverbot aber habe noch Kontakt zu einigen Kollegen. Aber das Haus wo ich arbeite hat immer noch eine Recht hohe Mitarbeiterzufriedenheit, dadurch Recht wenig Personalmangel. Bei meinem Mann in der Uniklinik ( gleiche Stadt) sieht es ganz anders aus


Tigerblume

Antwort auf diesen Beitrag

Bei uns ist es nicht so. Mein Chefarzt hat da eine ganz klare Linie die er auch gegenüber der Betriebsdirektion vertritt: Wenn Personal fehlt, dann fahren wir die Belegungszahlen runter damit weder die Patientenversorgung noch die verbleibenden Mitarbeiter darunter leiden. In anderen Abteilungen kann man davon nur träumen. Und dann wundern sie sich, warum keiner mehr in den Pflegeberuf will und jammern über den Fachkräftemangel.


Charlie+Lola

Antwort auf diesen Beitrag

Dazu würde ich ihr und allen Mitarbeitern auf der Station dringend raten. Nachher passiert was und das geht meistens zu Lasten des Pflegepersonals. https://www.pflegen-online.de/ueberlastungsanzeige-vorsicht-vor-diesen-5-fehlern Und ich würde den Betriebsrat mit ins Boot holen. Da muss man Handeln, sowas geht nicht.


Einstein2.0

Antwort auf Beitrag von Charlie+Lola

Ja, Papier ist halt geduldig! Wenn’s so einfach wäre, dann hätten Überlastungsanzeigen und Betriebsräte sicher in den letzten Jahren schon mal gefruchtet, gell? Ist ja nicht so, dass man das nicht probiert hätte.


Charlie+Lola

Antwort auf Beitrag von Einstein2.0

Die Überlastungsanzeige ist ja auch ein Absicherung der Pflegekraft. Man muss schon auf sich aufpassen und sich wehren.


Einstein2.0

Antwort auf Beitrag von Charlie+Lola

Ach was! Und dann passiert was? Dann fallen Sätze wie „steht jedem frei zu gehen“. Du hast nicht wirklich Ahnung, gell?


Mitglied inaktiv

Antwort auf Beitrag von Einstein2.0

Vorab, ich hab auch keine Ahnung von Pflege, aber selbst bei uns (hier geht's um Zahlen und Projekte, nicht um Menschenleben) ist die klare Ansage des Betriebsrates, dass man eine Überlastungssituation auf jeden Fall schriftlich melden soll, gerne auch alle paar Wochen/Monate. Vermutlich ändert sich wirklich nicht viel, aber im Falle eines groben Fehlers ist man selbst besser abgesichert nach dem Motto: Ich habs gesagt, so geht es nicht. Natürlich hoffe ich nicht, dass im Krankenhaus erst Fehler passieren müssen, damit die Situation entschärft wird. Aber ich würde auch jedem in der Pflege in so einer Überlastungssituation empfehlen, diese zu melden. Gerne auch gesammelt an die höheren Instanzen. Vielleicht ändert sich nicht sofort etwas, aber wenn viele Kliniken das tun und auch Fehler als solche offiziell auf diesen Personalmangel geschoben werden, dann bekommen sie ihren A.... vielleicht doch mal hoch und es gibt strengere Vorgaben.


Winterkind09

Antwort auf diesen Beitrag

Das Problem ist, das sich viele Pflegekräfte gar nicht trauen, die Überlastungsanzeige zu machen, bzw. gab es an einigen Stellen deswegen auch schon richtig Ärger. Mir rollen sich auch immer die Fußnägel hoch, wenn ich mit Kind ins Krankenhaus gehe. Das Kind hat einen Pflegegrad, kann kaum etwas alleine- Kommunikation mit Fremden ist extremst schwierig. Wenn ich mir vorstelle solch ein Kind alleine im Krankenhaus zu lassen, nachts oft nur eine Schwester für zwei Stationen... gruselig. Ein Notfall darf so nicht passieren. Tagsüber wird hier noch viel über Praktikanten, Pflegeschüler etc. abgedeckt- das ist aber auch ein Problem, dass das System auf wenig bis hin zu gar keiner Bezahlung aufbaut. Lg


Charlie+Lola

Antwort auf Beitrag von Winterkind09

und grade in dem Beruf wo es so viel Auswahl bei den Arbeitsangeboten gibt..... wo jedes Haus sucht, jeder Pflegedienst. Da traut man sich nicht den Mund auf zu machen? Pflegepersonal auf die Straße....sofort. Aber die meisten leben damit zu meckern und nichts zu machen. Habe es über Jahre hinweg selber erlebt, da wird man dann beschimpft von den eigenen Kollegen wenn man den Mund aufmacht.....ich raff es nicht. Da nimmt man lieber in Kauf hinterher im Burn out zu sitzen..... solange sich die Pflege nicht endlich selber organisiert und auf die Straße geht, flächendeckend und solidarisch schafft sich die Pflege ab. Und dann so Aussagen wie "du hast keine Ahnung".....genau. Lieber weiter buckeln als sich zusammen zu schließen und den Arsch hoch zu bekommen. Jajaa, jetzt bin ich abgesichert und kann meinen Mund aufreißen, werden jetzt wieder einige schreien.... Aber hab ich immer, auch als ich alleine vom Mickergehalt gelebt habe. Ich mache mich doch nicht zum Affen wenn ich stressfreier in jedem Kaufhaus fürs gleiche Geld stressfreier und ohne Menschenleben zu gefährden arbeiten kann. Und ich hab auch im sorglosen Leben mit Kerl noch in der Pflege gearbeitet. Immer wieder mal....Das Pflegepersonal muss den Hintern hoch bekommen. Solange man schief angeschaut wird weil man sagt "wir müssen" und dann behandelt wird als wolle man nicht hart anpacken....wird sich nix ändern. Dieses geduckte Verhalten ist grausam in der Pflege. Und dieser fadenscheinige Zusammenhalt von "wir haben aber heute echt geackert" bringt nix. Außer den oben erwähnten Burn out. Auch alles erlebt, ich bin davon überzeugt das ich einen großen Teil meiner gesundheitlichen Situation dem Job zu verdanken habe....


Einstein2.0

Antwort auf Beitrag von Charlie+Lola

Das ist schön, dass du genau weißt was zu tun ist um bessere Bedingungen zu bekommen. Ich zu meinem Teil bin bei Verdi, war auf Demos und Streiks und habe Überlastungsanzeigen geschrieben, mit dem Ergebnis, dass sich die Situation über die Jahre noch wesentlich verschlimmert hat. Was ich jetzt noch tue ist, den Patienten, die eingeschoben sind, mitzuteilen, dass sie sich beschweren müssen und zwar schriftlich und nicht bei der Pflege durch schimpfen und maulen, dass sie ihre zuständigen Kassen informieren sollten, da Einschieben schon brandschutztechnisch nicht mehr erlaubt ist. Und bei Verdi bin ich noch, aber auch da werde ich kündigen. Die Pflege wehrt sich doch seit Jahren, falls du es nicht bemerkt haben solltest... Eine Überlastungsanzeige gilt immer nur für den jeweiligen Tag, für die jeweilige Schicht um sich abzusichern, man müsste also täglich zu Dienstbeginn den AG schriftlich informieren. Irgendwann gibt man halt auf. Die Krankheitsausfälle sprechen auch für sich. Manchmal wäre es aber auch nett, wenn jeder Arbeitnehmer einfach zum Dienst erscheinen würde, denn das ist ja das nächste und eigentliche Problem. Jeder zweite nimmt sich mehrmals paar Wochen ein Burn-Out und der Rest kompensiert den gelben Urlaub der Kollegen. Ist bei einem Festvertrag ja auch ohne Probleme machbar, gekündigt kann man nur werden, wenn man das zu krass durchzieht und das hab ich bisher erst zweimal erlebt. Wären alle mal da, wäre tatsächlich jede Schicht und jeder Dienst erträglich und für alle befriedigend zu arbeiten. Was schlägst du denn vor, die Mitarbeiter zum arbeiten zu bewegen, hmm?


Mitglied inaktiv

Antwort auf Beitrag von Einstein2.0

eini, noch ein Kind vielleicht? ist doch der schönste grund der welt, um auszusetzen.... du verstehst?


Einstein2.0

Antwort auf diesen Beitrag

NEIIIIIIIN!!!! Außerhalb der Arbeit ist mein Leben doch echt im Moment perfekt.....


Mitglied inaktiv

Antwort auf Beitrag von Einstein2.0

späßle….. ist aber eine Option, aus einem ungeliebten/ungerechten Job rauszukommen. manchmal reicht nur eins....


Zwergenalarm

Antwort auf Beitrag von Einstein2.0

.......und das auf absolut neutralem Terrain (ich weiß, ich war in der Vergangenheit nicht immer nett). Ist es denn auf festvertraglichem Gebiet als Pflegekraft so einfach, sich in ein Burnout oder „gelben“ Urlaub (oder ist das nur eine ‚Autokorrektur‘, ich hab‘s nämlich nicht verstanden?) zu verabschieden? Und ist das denn üblich, sobald man einen Festvertrag hat? Ich kenne nur Krankenschwestern, die zwar ohne Ende arbeiten, und mit denen es sich der Arzt tunlichst nicht verscherzen sollte, die aber niemals ihre Kollegen (hauptsächlich aber Kolleginnen!) im Stich lassen würden. Auf der anderen Seite (ich bin aus der Baubranche) hätte ich mir so einen Stunt genau einmal erlauben können, anschließend hätte ich mich auf dem freien Arbeitsmarkt wieder gefunden.