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Bevölkerungsdichte und Coronainzidenz

Bevölkerungsdichte und Coronainzidenz

fritzi3

Weil mich die Frage interessiert, woran die unterschiedliche Coronainzidenz in den unterschiedlichen Bundesländern liegt, habe ich mal die Inzidenzraten der Bundesländer (vom 16.10.) mit der Bevölkerungsdichte abgeglichen. Die Bevölkerungsdichte scheint tatsächlich einer der wesentlichsten Faktoren zu sein: Vier Bundesländer haben im Inzidenzranking und in der Bevölkerungsdichte den gleichen Platz: Berlin auf Platz 1, das Saarland auf Platz 5, Baden-Württemberg auf Platz 6 und Thüringen auf Platz 13. Sieben Bundesländer sind in der Coronainzidenz um 1 bis 3 Plätze schlechter als es der Bevölkerungsdichte entspricht (das sind eher die mit richtigen Großstädten wie Bayern oder Nordrhein-Westfalen), vier sind um 1 bis 4 Plätze besser als es der Bevölkerungsdichte entspricht (das sind eher die ohne richtig große Städte, wie Rheinland-Pfalz oder Schleswig-Holstein). Der einzige Ausreißer ist Hamburg, das die zweitgrößte Bevölkerungsdichte hat, aber in der Inzidenzliste nur auf Platz 8 steht. Dass die Bevölkerungsdichte die Inzidenz beeinflusst, ist klar. Dass der Einfluss aber so stark zu sein scheint, hätte ich so nicht erwartet. Vielleicht deutet das ja doch auf einen wesentlich größeren Anteil der beengten Verhältnisse im ÖPNV (und evt. in dne Mehrfamilienhäusern der Städte) auf die Ansteckungsrate hin?


Charlie+Lola

Antwort auf Beitrag von fritzi3

St. Wendel zum Beispiel ist viel höher als Duisburg. Und wir in Duisburg wohnen defintiv viel beengter als die Leute in St. Wendel


fritzi3

Antwort auf Beitrag von Charlie+Lola

In einzelnen Landkreisen machen sich wahrscheinlich auch einzelne Clusterausbrüche stark bemerkbar. Wenn man ganze Bundesländer nimmt, mitteln sich solche zufällig verteilten Ausbrüche dann doch eher raus. Ich fand die Korrelation doch recht deutlich. Ich hätte nie gedacht, dass es nur zwei Bundesländer gibt, wo der Listenplatz der Coronainzidenz und der Bevölkerungsdichte mehr als 3 Positionen voneinander abweicht.


Mitglied inaktiv

Antwort auf Beitrag von Charlie+Lola

Unser Dorf hat die ganze Zeit 0 positive Fälle, da aber der gesamte Landkreis zählt. Sind wir nun Risikogebiet seit Mittwoch. Saarbrücken als Großstadt ist es seit gestern trotz mehr Fälle.


Mitglied inaktiv

Antwort auf Beitrag von fritzi3

Kann ich nicht bestätigen, Bayern am Land wirklich am Land, nix größere Stadt , wieder Hotspot, nix mit dichter Besiedelung


fritzi3

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Wenn man einzelne Landkreise nimmt, wird die Korrelation sicher nicht so "schön", wie bei den Bundesländern. Aber die Korrelation auf Bundeslandebene ist schon durchaus auffallend. Ich stell mal die Liste ein (erste Zahl: Platz auf der Coronainzidenzliste; zweite Zahl: Platz auf der Bevölkerungsdichte-Liste) Berlin: 1; 1 Bremen: 2; 3 Nordrhein-Westfalen: 3; 4 Hessen: 4; 7 Saarland: 5; 5 Baden-Württemberg: 6; 6 Bayern: 7; 10 Hamburg: 8; 2 Niedersachsen: 9; 12 Rheinland-Pfalz: 10; 9 Sachsen: 11; 8 Brandenburg: 12; 15 Thüringen: 13; 13 Mecklenburg-Vorpommern: 14; 16 Schleswig-Holstein: 15; 11 Sachsen-Anhalt: 16; 14


Felica

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Meine Jahre in Bayern hat bei mir folgende Prägung hinterlassen: viel Dorfgemeinschaft. So gut wie jeder ist in irgendeinem Verein. Extrem viel pendeln, wenig öffentliche auf dem Lande. Weil entweder Zug oder Bus, beides ist selten, entsprechend alle paar Stunden fährt mal was. Aussen vor ist der Schulverkehr. Der karrt halt. Pendeln zum Arbeiten in die größeren Städten, in den Dörfern ist kaum was, Einkauf oft in Zentren auf dem platten Land. Da trifft sich dann halt alles weil in den Dörfern kein bis kaum Läden. Evtl mal ein Bauer mit Direktvertrieb, aber auch das selten weil Genossenschaften das verbieten. Viel klüngelei untereinander. Wie gesagt meine Erfahrung mit dem ländlichen Bayern. In NRW sind selbst die dünn besiedelten Landstriche mit Industrie durchzogen. Da fährt man nicht zum Einkaufen mal 20km, sondern eher 5km. Pendeln wegen Beruf gibt es auch, aber auch da sind wir eher bei 30-45min Fahrt und dann eher wegen Stau auf der Autobahn.


Spirit

Antwort auf Beitrag von Felica

Da warst du aber schon SEHR ländlich in Bayern unterwegs und ich wohne schon ländlich, aber ich kenne nicht sooo viele die in größere Stadt pendeln zum Arbeiten. Selbst Einkaufsmöglichkeiten haben wir hier zu genüge in unserer Provinzstadt. So kenne ich es aber von allen umliegenden "Städten" und Dörfern auch. Plattes Land gibt es hier nun wirklich nicht. Zumindest nicht so, dass man in irgendwelche Zentren fahren müsste. Die Frage im Betreff meine ich übrigens ernst und nicht ironisch oder so. Mich interessiert ganz ernsthaft wo du damals gelebt hast. Liebe Grüße


Felica

Antwort auf Beitrag von Spirit

Tiefstes Bayern, Dorf hat keine 1000 Einwohner. Gut 1,5 Std von München entfernt. Trotzdem Pendeln da viele zur Arbeit hin. Weil eben deutlich geringere Wohnkosten.


Spirit

Antwort auf Beitrag von Felica

Dann bin ich wohl noch tiefer. Unser Dorf hat vielleicht 50 Einwohner und wir fahren fast 2 Stunden nach München hbf. Ich kenne niemanden der diese Fahrt täglich auf sich nehmen würde. Ganz im Gegenteil. Hier kann niemand was mit den Münchnern anfangen. Warum bist du weg von dort?


Korya

Antwort auf Beitrag von fritzi3

Ich vermute, da spielen mehrere Faktoren mit hinein: Bevölkerungsdichte ist sicherlich ein wichtiger, aber auch die tägliche Durchmischung (viel Nutzen der Öffentlichen, Studentenstadt oder nicht, viel "Durchgangsverkehr", Feiern in großem Kreis und mit vielen verschiedenen etc etc) Bei uns ist z.B. einer der immer wiederkehrenden Hotspots Shinjuku gewesen. Kein Wunder: das Viertel beherbergt das größte S-Bahnkreuz der Stadt (3,6 Millionen täglich, die hier umsteigen), hat Partymeilen, Nachtclubs, und allgemein einfach viel quirliges Durcheinander. In den beschaulichen reinen Wohnvierteln hingegen, wo um 6 die Bürgersteige hochgeklappt werden und die Leute nur zu Arbeit und Einkauf das Haus verlassen, sind die Zahlen im Vergleich relativ niedrig.


Mitglied inaktiv

Antwort auf Beitrag von Korya

Ich glaube auch, dass da noch mehr eine Rolle spielt. Man darf auch beim Vergleich der Bundesländer nicht vergessen, dass die Grenzen zwischen den Bundesländern im Alltag meist keine Rolle spielen. Im Rhein-Main-Gebiet gibt es zum Beispiel sehr viel Pendelverkehr auch aus der dünn besiedelten Provinz in die größeren Städte wie Frankfurt oder Mannheim, da findet auch eine Vermischung zwischen Hessen, Rhl-Pf. und Ba-Wü statt. Das Einzugsgebiet von Frankfurt ist sicherlich noch deutlich größer als das von München. Und in Sachsen wiederum, das mit Dresden und Leipzig zwei ziemlich große Großstädte hat, liegt das einzige Gebiet, das momentan etwas höhere Inzidenzzahlen hat, ganz abseits der Städte...


fritzi3

Antwort auf Beitrag von Korya

Dass in den Partymeilen und an großen Umstiegsbahnhöfen viel Ansteckung passiert, ist logisch. Aber welcher Gegend werden denn die Personen, die sich dort anstecken, aber woanders wohnen, zugeschrieben? Ist das nicht der Wohnort? Dann müssten doch dort die Hotspots sein, wo viele Menschen wohnen, die nachts auf den Partymeilen unterwegs sind? Oder sind das die gleichen Gegenden?


Korya

Antwort auf Beitrag von fritzi3

Klar, die tragen es dann nach Hause. Allerdings wird bei uns immer versucht nach zu vollziehen, wo die Ansteckung erfolgte, denn dort werden in der Regel die meisten angesteckt, die wenigsten zuhause. Als Hotspots benannt werden in dieser Logik dann die Ansteckungsorte, nicht das Viertel, in dem man wohnt (mal abgesehen davon, dass man natürlich auch in Shinjuku selbst wohnen kann - das Viertel hat allein über 300,000 Einwohner).


Felica

Antwort auf Beitrag von fritzi3

Ja, es zählt immer der Wohnort. Nicht wo die infektion erfolgte. So wird Mecklenburg-Vorpommern gut seine Zahlen los. Erwischt es Urlauber, zählen die nicht, die werden dann dem Wohnort zugeschrieben.


fritzi3

Antwort auf Beitrag von Korya

Dass man versucht, den Ansteckungsort zu eruieren (und so erkannte Ansteckungs-Hotspots auch veröffentlicht), lässt natürlich mehr Rückschlüsse auf die eigentlich "gefährlichen" Situationen und Orte zu als die deutsche Statistik.


Korya

Antwort auf Beitrag von fritzi3

In Korea sogar punktgenau auf Naver (das koreanische Google), wo man sich auf der Straßenkarte ansehen konnte, wo ein Infektionengeschehen nachgewiesen worden war (und wo sich jemand aufgehalten hat, der dann positiv getestet hat). Das ginge in Deutschland vermutlich gar nicht, allein schon wegen der quasi Echtzeit, mit der Positivmeldungen mit der Karte verbunden werden. Aber so legt man jedem selbst in die Hand, bestimmte Gegenden zu meiden und Hotspots zu umgehen, und es gibt kein lokales Kleinklein an sich widersprechenden Regeln, sondern nur wenige, klare.


Mitglied inaktiv

Antwort auf Beitrag von fritzi3

Wie passt der Nordwesten von Niedersachsen in das Schema?


fritzi3

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Je kleinteiliger man schaut, um so mehr lösen sich wahrscheinlich die Korrelationen auf, weil einzelne inzidenzerhöhende Ausbrüche mit einer entsprechenden Erhöhung der Tests die Relationen doch sehr verfälschen. Trotzdem gibt es auf der Ebene der Bundesländer eine doch recht augenscheinliche Koinzidenz, die ich so stark nicht erwartet hätte und für die ich keine gute Erklärung habe, Deshalb habe ich es hier reingestellt ... Vielleicht hat ja jemand eine überzeugende Idee, woran es liegen könnte.


lilly1211

Antwort auf Beitrag von fritzi3

Also BGL ist alles andere als dicht besiedelt, inzidenz 149.


Philo

Antwort auf Beitrag von fritzi3

Regen und Berchtesgaden sind quasi hinterm Mond und haben eine hohe Inzidenz, höher als die Großstadt München (ob das derzeit noch aktuell ist, weiß ich nicht, war in den letzten Wochen / Tage jedoch so).


fritzi3

Antwort auf Beitrag von Philo

Beides liegt halt an der Grenze zu einem Land, in dem die Inzidenz noch früher hoch ging als in Deutschland. Das würde dann ja vielleicht auch erklären, warum in Bayern - trotz strengerer Regeln als anderswo - die Inzidenz nicht noch niedriger liegt.


Spirit

Antwort auf Beitrag von Philo

Das ist gewiss noch aktuell. In Regen ging es wohl von einem infizierten Schüler/Lehrer aus. Zumindest wird sich das hier erzählt, bzw wurde die Schule geschlossen und dann schoßen die Zahlen hoch.


kuestenkind68

Antwort auf Beitrag von fritzi3

Na ja, in unserem Kreis treten die Fällle nicht in den Städten mit den meisten Einwohnern auf sondern eher in den Städten mit den höchsten Zahl von Bewohnern in sozialen Brennpunkten... Ob das nun mit der Wohnungssituation zusammenhängt (Mehrfamilienhaus) oder mit der Bildung oder mit sonstwas weiß ich nicht. Es fällt hier in NRW zumindest auf, dass Bürger aus schwächeren Schichten sich auch mit der Maskenpflicht schwer tun. Manche werden die Anweisungen vermutlich nicht verstehen (wenn sie aus dem Ausland kommen - ich verstehe eh nicht, wieso nicht alle Anweisungen zumindest in den wichtigsten und am häufigsten vertretenen Sprachen verbreitet werden, also Englisch, Französisch, Türkisch, Arabisch, Russich usw usf veröffentlich werden. Das wäre vielleicht auch wichtig und hilfreich)


Felica

Antwort auf Beitrag von kuestenkind68

Hier hängen bei den Ärzten oft Hinweisschilder auf polnisch, russisch, rumänisch, türkisch. Mit Telefon-nr zu entsprechend landessprachlichen Hotline.


emilie.d.

Antwort auf Beitrag von kuestenkind68

Eigentlich auch etwas, das die Bundesregierung im Sommer adressieren wollte, über Aufklärungsprogramme und Kampagnen. Ich hab davon nicht so viel mitbekommen ehrlich gesagt... Entweder nicht auf meinen Kanälen oder sie haben wie so vieles Andere das verbummelt.


kuestenkind68

Antwort auf Beitrag von emilie.d.

Ja, das ist auch mein Eindruck, dass es auch ein Bildungsproblem ist. Ich habe nichts mitbekommen, dass hier irgendetwas in Fremdsprachen veröffentlich wurde, ich hoffe, dass das auf den entsprechenden Kanälen passiert. Viele gucken ja auch kein deutsches TV sondern Sender aus den Heimatländern über Satellit, da wird man ja natürlich nicht über deutsche Vorschriften informiert. Und Hinweise in Fremdsprachen habe ich zB auch nicht auf den Webseiten unserer Landes oder Kreisparlamente gesehen... Warum ist das eigentlich kein Thema bisher?


emilie.d.

Antwort auf Beitrag von fritzi3

Mich wundert, dass der Einfluss nicht höher ist. Die Stadtstaaten Berlin, Hamburg, Bremen haben logischerweise eine viel höhere Bevölkerungsdichte als der Rest, NRW als bevölkerungsreichstes Bundesland kommt weit dahinter. Berlin füht bei der 7-Tage Inzidenz vor Bremen, aber dann kommen schon NRW und Hessen. In Berlin ist die Bevölkerungsdichte rund 8 mal so hoch wie in NRW, aber die 7 Tages Inzidenz liegt in Berlin glaub bei sowas um die 80 und NRW kratzt an der 50 oder ist drüber, weiß ich grad nicht. Auf jedenfall nicht 8 mal höher. Wenn man nur danach geht, scheint das vielgescholtene Berlin etwas besser zu machen als NRW. Oder bessere Voraussetzungen zu haben. Oder sie erfassen weniger Positive.


fritzi3

Antwort auf Beitrag von emilie.d.

Ich glaube nicht, dass man man von einer linearen Korrelation ausgehen sollte, in dem Sinn, dass eine Verachtfachung der Bevölkerungsdichte zu einer Verachtfachung der Coronainzidenz führen müsste. Ich hätte, wie gesagt, nicht einmal eine so deutliche Korrelation der Platznummer in den beiden Rankings vermutet, weil ich nicht glaube, dass die tatsächlichen Kontakte (in der Schule, im Büro, beim Feiern) in dicht besiedelten Gebieten zwangsläufig in so viel engeren Räumlichkeiten stattfinden. Noch zu dem Vergleich Berlin - NRW: Ich glaube nicht, dass man bei der Korrelationssuche einfach Stadtstaaten mit Flächenstaaten in einen Topf werfen darf. Z.B. um München gibt es mehrere Landkreise mit einem beträchtlichen Flächenanteil an Staatsforst. Der ist aber so wenig frequentiert, dass er nicht nennenswert zu einem größeren Platzangebot bei den Kontakten im täglichen Leben (im Bereich Mobilität, Einkaufen, Wohnen, Schule etc.) führt. Höchstens dass ein paar Jogger mehr Platz haben. Das dürfte aber kaum nennenswert die Coronainzidenz beeinflussen. Allerdings senken diese großen kaum frequentierten Flächen doch deutlich die Bevölkerungsdichte in den jeweiligen Landkreisen. Das zeigt sich auch, wenn man die Betrachtungsebene ändert: Vergleicht man Berlin als Stadt z.B. mit der Stadt München, schneidet Berlin nicht mehr gut ab: München hat eine Einwohnerzahl von 4800 EW/km2 und eine Inzidenz von 70, Berlin eine Einwohnerzahl von 4115 EW/km2 und eine Inzidenz von 87.


ImvPP

Antwort auf Beitrag von fritzi3

Finde die Auswertung sehr interessant - und sehr transparent kommuniziert. Du hast sicher auch recht, dass eine noch kleinteiligere Betrachtung (Landkreise) nicht sinnvoll ist, da der Einfluss einzelner Ereignisse dann zu gross wird.