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Beschleunigt die Pandemie den Aufstieg Chinas?

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Beschleunigt die Pandemie den Aufstieg Chinas?

Korya

Noch etwas zum Teilen: der neueste Politikpodcast der "Zeit" unter der Überschrift: "Vorteil Peking: Bringt Corona China die Weltherrschaft" https://www.google.com/amp/s/www.zeit.de/amp/politik/2020-04/corona-pandemie-weltordnung-china-politikpodcast Das Gespräch läuft wie immer eine Stunde. Wer die Zeit nicht hat, hier ein paar Stationen: 13:25 Auswirkungen der Pandemie auf Chinas Inneres 15:30 Neue Politik der Seidenstraße 20:30 USA 29:20 Änderung des Trump'schen Wahlkampfs während der Pandemie 35:25 Das chinesische Modell 38:50 Die neue multipolare Welt 43:32 Fünf Sätze die man nicht mehr hören mag 46:45 Wo steht Europa als Modell für zukünftige Krisen


Mitglied inaktiv

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Ich schaue es mir nicht an, aber vorstellen kann ich es mir sehr gut. Das ist ja auch der Grund, weshalb Trump aus dem Lockdown will, koste es, was es wolle und weshalb Putin auch so spät reagiert hat. Europa schwächt es, Grenzen zu, Handel eingeschränkt, weitere Tendenz zu Nationalstaaten. Es war ja auch sehr "nett", das China Schutzausrüstungsentwicklungshilfe nach Italien leistete. Das schürt die Wut auf insbesondere Deutschland, treibt weitere Keile rein ( wobei die USA noch Russland darin in nichts nachstehen) Die neue Seidenstraße spielt mit rein, auch, das vieles, was wir wollen Made in China ist, weil sie günstiger und inhumaner produzieren. Wenn Europa nicht zusammen steht, sind wir raus aus dem Spiel. Und Zusammenstehen war hier doch auch schon vor Corona schwieriger, Brexit, deutlicher Rechtsruck einiger Staaten, Nationalstaatenkleinklein ( ja, was nun, ihr Antieuropäer und AFD-Fans?Ist es das, was ihr wollt, sich vom Drachen, Bären oder Adler fressen lassen?) China macht das am geschicktesten. Und Corona hilft dabei. Wobei ich nicht davon aus gehe, das das geplant war mit dem Virus, das war ein dicker Unfall. Wir könnten es uns in der neuen Weltordnung einrichten, wenn wir zusammen halten würden. Das tun wir aber nicht. Korya, was denken denn die asiatischen Mittelgroßen?


Korya

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Ich kenne mich ja, wenn überhaupt, nur mit Korea und Japan ein wenig aus. Und gerade bei Korea gibt es bei vielen Themen oft drei sich widersprechende Interpretationen: die der englischsprachigen (meist amerikanischlastigen) Medien, die persönliche Sicht der koreanischen Freunde und Bekannten, und meine eigene Sicht als Außenstehender. Aber zu deiner Frage: ich habe sowohl bei den Japanern als auch bei den Koreanern den Eindruck, sie sind gespalten zwischen Hochachtung vor der Geschichte ihres ehemals alles dominierenden Nachbarns, und der modernen Realität des Wettbewerbes, auf deren Bühne China nun seit 20 Jahren ebenfalls dominiert, und lästiger Gegner und Konkurrent wird - allein schon durch die Größe. In der jüngeren Gegenwart schielte und maß sich Korea im wirtschaftlichen Wettbewerb eher auf Japan als den ewigen Rivalen. In Korea wurde nie vergessen, dass die Japaner noch bis ins frühe Mittelalter die Barbaren waren, denen die Koreaner erst Kultur (und Religion, und Schrift) brachten. Die Japaner dankten es ihnen, in dem sie über die folgenden Jahrhunderte auf grausamste Art versuchten, Korea zu vernichten, zu demütigen, zu schlagen. Nun ja, wie halt Geschichte so läuft. Immer, wenn die Koreaner glauben, endlich einen Fuss in der Tür zu haben, steht Japan schon drin und tritt ihnen gegen das Schienbein. Nur dank ihres eisernen Willens, mit unglaublichem Wissensdurst und ihrer Schnelligkeit haben sie es geschafft, sich immer wieder empor zu arbeiten. China spielte da lange die Rolle des erstarkenden Nachbarns, aber nicht des Rivalen auf Augenhöhe. Ein gutes Beispiel ist die Automobilindustrie. Korea hat sehr von dem Aufstieg Chinas profitiert, denn die aufstrebende chinesische Mittelklasse wollte ausländische Autos. Die deutschen waren zu teuer, die Koreaner schwemmten den Markt mit soliden, mittelteuren Gefährten, und Hyundais / Kias waren gefragt ohne Ende. Seit es vor vier Jahren zu einer zeitweisen kalten Eiszeit zwischen Beijing und Seoul kam, zeigte die chinesische Führung auf einmal Zähne. Anscheinend hielten sie den Zeitpunkt für gekommen, die Koreaner vom chinesischen Automarkt zu verdrängen. Es wurde unverhohlen Werbung für eigene Marken gemacht, und Hyundai direkt angegriffen. Und es wirkte: die Koreaner verzeichneten einen dramatischen Einbruch, von dem sie sich nur langsam erholen. Es wurde gemunkelt, es sei kein vorübergehendes politisches Husten, sondern ein langfristiger Plan: die Chinesen fühlten sich im Automobilmarkt nun stark genug, erst Korea anzugreifen, in 5 Jahren dann die Japaner und - wenn die vom Markt aind - die deutschen. Mit entsprechender Sorge wird dies von Korea und Japan betrachtet. Die ehemalige Milchkuh ist zum Stier mutiert, ist wieder auf dem Weg zum Zentrum des Universums. Japan ist zu träge, zu veraltet, zu sehr gefangen in den eigenen Strukturen und Regeln, um dem wirklich etwas entgegen zu setzen. Ich sehe diese Erkenntnis aber nicht im Lande selbst reifen. Sie trotten weiterhin in altbekannten Spuren und wagen nicht den Sprung ins 21. Jahrhundert (das ist meine persönliche Meinung - es gibt hier einige deutsche Kollegen, die es ganz anders sehen). Korea hätte die Plietschheit / Schläue und Flexibiltät, aber sie als Land sind zu klein. Und sie haben ihre eigenen Probleme, die alte Generation aus den Gremien und Konzernen abzulösen und die jungen ans Ruder zu lassen. Zur Zeit sehen wir viele der alten Chaebols am Rande des Grabes stehen, aber sie geben die Ruder noch nicht aus der Hand.


Mitglied inaktiv

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Vielen Dank für Deine Einschätzung und Deinen Bericht


Muts

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Hat nicht die Pandemie gezeigt, dass wir unbedingt unabhängiger werden müssen von China, von Fernost. Wir müssen versuchen, wieder mehr in Europa, in Deutschland zu produzieren, damit nicht unsere Wirtschaft still steht, wenn in China nicht produziert werden kann. Klar wird China die Situation nutzen und auch die USA sind auf einem kritischen Weg. Wobei die Lockerungen in Deutschland gerade auch extrem schnell gehen und ich eine strake zweite Welle erwarte, wenn wir so weiter machen. LG Muts


Jomol

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Ich habe gerade keine Zeit, es zu hören, aber das denke ich schon die ganze Zeit. China ist uns mit Corona ja zeitlich etwas voraus und die superdrastischen Beschränkungen wurden langsam und minimal gelockert, als es hier richtig losging. Und wir machen uns schon lange von China abhängig, indem wir mehr auf billig als auf irgendetwas links und rechts des Weges achten (Menschenrechte, Umweltbedingungen, Qualitätsstandards). Wenn ich schauen, wie sich China in Südostasien einkauft und in Afrika etc. pp., dann wird mir angst und bange. Grüße, Jomol