Liebe Biggi, liebe Kristina,
unser Sohn ist knapp 15 Monate alt und wird nachts sowie teilweise tagsüber zwischen den Mahlzeiten gestillt. Wir haben seit jeher einige Unterbrechungen nachts gehabt, inzwischen hat sich aber etwas eingestellt, das uns ratlos macht. Wir bringen den Kleinen gegen 19:30 Uhr ins Bett, mit Glück schläft er dann gegen 20 Uhr ein (er wird davor nochmal gestillt). Dann wacht er nach einigen Stunden, ca. 23 Uhr, wieder auf, ich stille ihn wieder und hole ihn dann meistens schon ins Bett (eine Zeitlang hat er dann nochmal bis zur nächsten Stillpause in seinem Bettchen - steht bei uns im Schlafzimmer - geschlafen und kam dann erst zu uns, zur Zeit protestiert er da aber vehement, daher legen wir ihn dann nicht mehr zurück). Immer häufiger gibt es Nächte, in denen er dann an einer Brust trinkt - wenn ich ihn dann ein paar Zentimeter in die Mitte des Bettes schiebe, weil er meistens quer auf meiner Seite liegt, fängt er extrem an zu weinen und sucht wieder die Brust, dann stille ich ihn auf der anderen Seite, so geht das weiter bis (Rekord letzte Nacht) fünf Mal im Wechsel innerhalb von 2 Stunden, in denen weder er noch wir schlafen. Beim nächsten Aufwachen geht es so weiter, er schreit so, dass er durch nichts zu beruhigen ist, außer durch Stillen. Er nuckelt dann aber nicht nur, sondern trinkt wirklich - wenn er fertig ist, döst er kurz weg, wenn man ihn dann etwas verschiebt (minimal), wacht er wieder auf, schreit, bis er wieder an die Brust darf, fängt wieder von vorne an zu trinken.
Wir sind ziemlich ratlos! Er kann eigentlich keinen Hunger haben (er bekommt abends einen Halbmilchbrei mit Obst, den er auch in der Regel komplett futtert und wird ja vor dem Schlafengehen noch gestillt), Durst auch nicht (wir bieten ihm auch nachts Wasser an, von dem er auch meistens etwas trinkt), wir bekuscheln ihn, trösten ihn, er kann an die Brust, er hat Körpernähe - und trotzdem reicht das alles nicht, er findet keine Ruhe! Manchmal habe ich den Eindruck, dass meine Nähe bzw. die Nähe zur Brust ihn eher stresst bzw. am Schlafen hindert. Wenn ich außerhalb des Schlafzimmers übernachte und nur jeweils kurz zum Stillen komme, klappt das alles besser - aber auf Dauer ist das keine Lösung.
Wir sind ziemlich erschöpft, ich kann weder längere Abschnitte schlafen noch entspannt liegen, meine Brust tut weh, es ist anstrengend, wenn alles immer wieder von vorne anfängt in so kurzen Abständen - und wir sind auch gestresst, weil der Kleine offensichtlich nicht zur Ruhe kommt und wir einfach nicht wissen, woran es liegen kann.
Wir haben vom Kinderarzt eine Überweisung für das sozialpädiatrische Zentrum (mit Schlafberatung), die Wartezeit auf den Termin ist aber mehrere Wochen... Wir bräuchten aber jetzt schon einen Rat, so geht das nicht weiter! Habt Ihr eine Idee, woran es liegen könnte und was wir noch probieren können?
Vielen Dank vorab und liebe Grüße
Bea
von
Bea0805
am 29.06.2015, 10:56
Antwort auf:
Extrem häufiges Stillen nachts, Kind (15 Monate) kommt nicht zur Ruhe
Liebe Bea,
Stillen ist eine Zweierbeziehung und wenn es dazu kommt, dass sich ein Partner dabei nicht wohl fühlt, dann müssen Lösungswege gefunden werden.
Eine Möglichkeit ist, dass Du mit deinem Kind darüber sprichst, dass Du das Stillen als unangenehm empfindest und dass Du denkst, dass es nun an der Zeit ist, eure gemeinsame Stillzeit zu beenden oder zumindest das viele Stillen in der Nacht einzuschränken. Überlege mit deinem Partner gemeinsam, wie ihr nun zu einem harmonischen Ende finden könnt. Vielleicht indem ihr auf ein bestimmtes Datum hinarbeitet oder aber auch durch ganz klare Regeln, die auch lauten können „Es wird nur noch gestillt, wenn es dunkel ist“ oder „wir stillen nur noch am Morgen“.
Dein Mann sollte dir unbedingt den Rücken stärken und dir auch helfen, deinen kleinen Mann in der Nacht zu beruhigen.
So lange DU nicht ABSOLUT sicher bist, dass Du weniger stillen möchtest, wird dein Kind das spüren.
Ist die Mutter innerlich nicht davon überzeugt, dass sie ihr Kind ab- oder weniger stillen will, dann ist dieser Zweifel für das Kind sehr deutlich fühlbar und es reagiert in fast allen Fällen so, dass es eher noch häufiger gestillt werden mag. Zweifel und Unsicherheit sind für ein Kind unerträglich, Kinder brauchen Klarheit.
Dein Kind spürt jetzt deinen Zwiespalt und da es sich nicht hinsetzen und sagen kann „Mama, ich spüre, dass Du dir nicht sicher bist, was jetzt das Richtige ist, deshalb werde ich dir jetzt bei deiner Entscheidungsfindung helfen" reagiert es auf deine Zweifel mit Unruhe, Weinen und Verunsicherung. Es hat keine anderen Ausdrucksmöglichkeiten als Weinen und (vermehrte) Anhänglichkeit. Kinder sind für „geordnete Verhältnisse", Unsicherheit und Zweifel bringen sie aus dem Gleichgewicht.
Wichtig ist nun, dass ihr zum einen wirklich miteinander redet und Du deinem Kind klar erklärst und sagst, was Du willst und was Du nicht mehr willst. Zum anderen muss für dein Kind deutlich erkennbar sein, wo deine Grenzen gesetzt sind. Liebevolle Konsequenz ist das Zaubermittel in der Erziehung.
Erkläre deinem Kind schon bei Tag, was sich in der Nacht ändern wird, und versuche, Signale zu definieren, die es wieder erkennen kann (z.B. "erst wenn der Radiowecker angeht, dann darfst Du trinken") und die sich eventuell anpassen lassen (den Radiowecker kann man etwa jeden 2. Tag eine viertel Stunde nach hinten programmieren, so dass die Pause immer länger wird). So wird die Nacht allmählich stillfrei.
Wenn sich dein Kind dann in der Nacht beschwert, dass es nicht trinken darf (und das kann es natürlich nur durch weinen oder schreien), dann tröste es und sprich liebevoll-beruhigend mit ihm, und gestehe es ihm auch wirklich zu, sauer zu sein, aber bleib konsequent beim "Nein", bis der vereinbarte Zeitpunkt (z.B. der Radiowecker geht an) für das Stillen gekommen ist. Dann jedoch solltest Du auch von dir aus deinem Kind die Brust anbieten - so lernt es, dass es sich auf dein Wort verlassen kann.
Natürlich kannst Du ihm während der Nacht einen Schluck Wasser oder auch einen Schnuller anbieten, doch sei nicht allzu überrascht, wenn das anfangs mit Wut abgewiesen wird.
Ehrlicherweise muss ich dazu sagen, dass die ersten Nächte zwangsläufig sehr unruhig sein werden. Doch in der Regel akzeptieren Kinder relativ schnell die neuen "Spielregeln", und je älter sie sind, desto einfacher. Einen "Knacks" beim Kind brauchst du nicht befürchten, wenn du ihm wirklich beistehst und ihn nicht "strafst" für seine natürliche Reaktion auf diese Veränderung.
Dieser Vorschlag stammt von Elizabeth Pantley, Autorin des Buchs "Schlafen statt Schreien: Das liebevolle Einschlafbuch: Das 10-Schritte-Progamm für ruhige Nächte", das ich wärmstens empfehlen kann.
Pantley hat ein Programm entwickelt, mit dem man älteren Babys, auch Stillkinder, dabei helfen kann, auch ohne Brust oder ständiges Stillen die Nacht zu schaffen. Auch wenn man nicht alle ihre Schritte anwendet haben viele Mütter doch gute Erfahrungen mit diesem Buch gemacht.
Dein Kleiner wird vermutlich schreien, toben, treten oder dich schlagen wollen. Ist das schlimm? Nein, es ist völlig normal, denn es ist die einzige Art, wie er in diesem zarten Alter seinen Frust ausdrücken kann. Wie kannst du damit umgehen? Lass es zu. Lass dich nicht verunsichern, denn es geht deinem Kind ja trotzdem gut, er bekommt kein Trauma fürs Leben, wird nicht an deiner Liebe zweifeln. Er ist sauer, und das wird auch wieder vergehen. Bleibe bei ihm und sei du ruhig und klar, so dass er sich an dir orientieren kann. Vielleicht wirst du ihn ein wenig ablenken wollen (falls er sich ablenken lässt), vielleicht bleibst du auch einfach nur in seiner Nähe und versicherst ihm, dass alles ok ist, und dass ihr weiter stillen könnt (oder kuscheln), sobald er sich etwas beruhigt hat.
Wenn du konsequent bleibst, wird es klappen. Nur davon hängt es ab: Schaffst DU es...
Ich würde mich freuen, wenn Du mir in ein paar Tagen noch einmal schreibst, wie es Euch dann geht.
LLLiebe Grüße,
Biggi
von
Biggi Welter
am 29.06.2015