Hallo,
ich wende mich heute an Sie, weil ich allmählich am Ende meiner Kräfte stehe, da wie nachts keine Ruhe finden.
Unsere Tochter Nora (10 1/2 Monate) hat noch nicht richtig gelernt ohne Aktion einzuschlafen. D.h. tagsüber schläft sie nur im Kinderwagen und abends/nachts schläft sie üblicherweise durch Stillen ein. Leider wacht sie hierbei in der Mehrzahl der Nächte stündlich auf und verlangt nach der Brust. Hierbei trinkt sie so viel, dass jede Windel überläuft und ohne nächtliches Wickeln, was sie dann komplett wach macht, irgendwann der Schlafsack nass wird. Tagsüber hingegen verlangt sie von sich aus weder nach Essen noch nach Trinken, isst ihre Breie eher widerwillig bis auch schon mal - mit Ausnahme des Mittagsbreis - gar nicht. Auch die Tatsache, dass ich tagsüber seit drei bis vier Wochen nicht mehr stille, hat dies nicht wesentlich verbessert; ich denke, sie deckt ihren Bedarf eben einfach nachts an der Brust.
Mich schlaucht dieses Verhalten ungeheuer, da ich fast keine Nacht auch nur drei Stunden am Stück schlafen kann (das ist eigentlich in sämtlichen Nächten die längste Ruhephase). Hinzu kommt, dass auch Nora morgens unausgeschlafen und den Vormittag bis zu ihrem Vormittagsschlaf um etwa elf Uhr oftmals nörgelig vor lauter Müdigkeit ist, obwohl wir dann meist zwölf Stunden im Bett verbracht haben.
Ab Mitte Januar kommt sie zur Eingewöhnung zu einer Tagesmutter. Ich fürchte, dass es auch dort zu Schwierigkeiten kommen könnte, da sie morgens so schlecht drauf ist. Ab Mitte Februar muss ich dann wieder arbeiten, so dass auch ich tagsüber zumindest halbwegs ausgeruht sein muss, um meine Aufgaben erledigen zu können. Ich werde sie dann auch morgens nicht mehr stillen können, da ich sehr früh weg muss.
Ich überlege nun (auch nachts) abzustillen, da ich denke, dass die Situation so für uns beide nicht gut ist. Zudem sollte ich mich in naher Zukunft einer medikamentösen Behandlung unterziehen, die mit dem Stillen nicht vereinbar ist.
Haben Sie Ratschläge für mich, wie ich hierbei am besten vorgehen sollte?
Zudem würde ich auch gerne abends wieder etwas Zeit mit meinem Mann verbringen. Nachdem ich jetzt mehrere Monate immer mit unserer kleinen Maus zu Bett gegangen bin, weil sie nach 30 bis 50 Minuten sonst ohnehin wieder Alarm geschlagen hat, versuche ich nun, nachdem sie eingeschlafen ist, wieder aufzustehen. Sie wird aber nach wie vor so schnell wieder wach und weint herzzerreißend nach mir. Ich kann mich doch nicht ewig zwölf Stunden täglich daneben legen...
Haben Sie hierzu eine Idee?
Vielen Dank schon mal,
Kerstin
von
Loony2103
am 21.12.2015, 16:53
Antwort auf:
Wie bekommen wir nachts mehr Ruhe?
Liebe Kerstin,
es scheint, dass dein Kind viel Nähe braucht, wenn du nun abstillst, wird dein Kind deswegen sicherlich nicht weniger anhänglich sein.
Du musst dir bewusst sein, dass sich durch das Abstillen dein Leben keineswegs auf wundersame Weise positiv verändern wird. Falls Du diese Vorstellung haben solltest, könntest Du eine herbe Enttäuschung nach dem Abstillen erleben.
Hast Du den Arzt gefragt, ob es eine stillverträgliche Alternative für die Behandlung gibt?
Leider wird Medikamentenrisiko häufig überbewertet und die Konsequenzen, die ein plötzliches Abstillen für das Kind mit sich bringen, werden häufig unterschätzt. Tatsächlich kommt es selten zu Symptomen einer gesundheitsschädigenden Wirkung von Medikamenten über die Muttermilch. Die Risikoinformationen in Beipackzetteln und Einschätzungen in Arzneibüchern sind irreführend und geben keine Hilfestellung bei der Wahl einer adäquaten Therapie. Für die meisten Erkrankungen stehen Medikamente zur Verfügung, die mit dem Stillen zu vereinbaren sind. Bei therapeutischen Empfehlungen oder der individuellen Beurteilung des Medikamentenrisikos während der Stillperiode sollten definitiv Handbücher zu diesen speziellen Thema (z.B. „Arzneiverordnung in Schwangerschaft und Stillzeit" von Schaefer und Spielmann) oder eine Beratungsstelle für Embryonaltoxikologie wie zum Beispiel das Institut für Vergiftungserscheinungen und Embryonaltoxikologie in Berlin hinzugezogen werden.
So hättest Du zumindest Zeit, dein Baby langsam abzustillen, wenn Du das möchtest.
Seit Jahrtausenden und in unzähligen Kulturen ist es so, dass Mütter ihre Babys in den Schlaf stillen. Das Saugen wirkt beruhigend und nicht umsonst wurden im Laufe der Zeit die verschiedensten Brustattrappen (z.B. Schnuller s.o.) erfunden. Von der Natur ist es nicht vorgesehen, dass ein Baby oder Kleinkind allein ist und alleine einschläft. Nur passt dieses „natürliche" Verhalten des Babys nicht in unsere derzeitige Zeitströmung und damit haben wir ein (von uns selbst produziertes) Problem: Babys wissen nicht, was zur Zeit „Mode" ist und benehmen sich so, wie sie es seit Anbeginn der Menschheit getan haben.
Es hat seinen Grund, warum stillende Mütter die besten Einschlafhilfen SIND. Beim Saugen an der Brust findet ein Baby das, was es braucht: Trost, Nahrung, Sicherheit. Es liegt vermutlich an einer gewissen neurologischen Unreife, wenn einige Babys das mehr brauchen als andere, und es "verwächst" sich wirklich von alleine!!
Dein Baby braucht also vor allem eines: Zeit zum Reifen. Vielleicht "schenkst" Du ihm einfach noch ein bisschen von dieser Zeit, in der du ihm gestattest, so zu sein, wie es ist. Du machst nichts falsch!
Die unruhigen Nächte sind furchtbar anstrengend, daran kann ich mich auch noch gut erinnern. Trotzdem: Sie sind normal und werden garantiert irgendwann vorbei sein. Wann, kann ich leider nicht sagen. Aber sie gehen wirklich vorbei! Bis dahin kannst du probieren, dir den Alltag so einfach wie möglich zu machen, so dass auch du tagsüber mal ein kurzes Nickerchen machen kannst.
Sehr empfehlenswert ist von Sibylle Lüpold das Buch: "Ich will bei euch schlafen - Ruhige Nächte für Eltern und Kinder." Von ihr ist auch die Broschüre "Kinder brauchen uns auch nachts", in der 20 namhafte Experten wie Dr. William Sears, Prof. Dr. Gerald Hüther und Prof. Dr. Remo Largo gute Argumente liefern , weshalb von der Anwendung eines Schlaftrainings, wie zum Beispiel der Ferber-Methode, abzuraten ist.
http://www.fuerkinder.org/files/broschre_kinder_brauchen_uns_auch_nachts_de.pdf
Statt nun zu versuchen, Euer Kind zu längeren Abständen zu bringen, kannst Du es ja vielleicht mit einem anderen Ansatz versuchen:
• nimm ALLE Hilfe an, die Du bekommen kannst. Erkundige dich mal, ob Du nicht eine Haushaltshilfe bekommen kannst (wegen absoluter und chronischer Erschöpfung). Möglicherweise kann dir auch deine Mutter, Schwiegermutter, Schwester oder eine Freundin (selbstverständlich auch das männliche Pendant dazu) etwas unter die Arme greifen. Das können ganz simple Dinge sein z.B. einmal alle Fenster putzen, deinen Bügelkorb leerbügeln, einige vorgekochte Mahlzeiten für deine Tiefkühltruhe, ein Nachmittag Babysitten während Du in die Sauna gehst oder sonst etwas für dich tust ...
• Vielleicht findest einen verantwortungsbewussten Teenager, der gegen geringes Entgelt bereit ist, mit deinem Kind spazieren zu gehen. In dieser Zeit solltest Du dann aber wirklich entweder schlafen (bzw. ruhen) oder DIR etwas Gutes tun.
• Lass den Haushalt auf Sparflamme laufen. Nicht alles muss gebügelt werden. Wenn Handtücher nach dem Baden und Duschen wieder aufgehängt werden, statt auf dem Fußboden zu landen, können sie mehrmals benutzt werden, das spart Wäsche. Es ist nicht wesentlich mehr Arbeit die doppelte Menge Spaghettisoße zu kochen, aber Du hast dann eine fast fertige Mahlzeit für die Tiefkühltruhe. Es schadet nicht der Gesundheit der Familie, wenn Du die Fenster erst wieder im nächsten Jahr putzt. Du wirst sicher einiges finden, was im Haushalt nicht so perfekt gemacht werden muss.
• Achte darauf, dass Du genügend isst und trinkst. Du musst keine perfekten Menus kochen und essen, einigermaßen ausgewogen reicht und es darf auch Tiefkühlgemüse statt frischem Gemüse sein (dann sparst Du dir auch das Schälen und Putzen). Eine hungrige Mutter ist nicht so belastbar.
• Eine Möglichkeit für die Nacht ist es, dass statt dir dein Partner die Nachtschicht bzw. das zu Bett bringen zum Teil übernimmt. Also nicht Du wendest dich jedes Mal dem Kind zu, sondern ihr wechselt euch ab und da ein Mann keine Brust zum Stillen hat, wird er euer Kind auf andere Weise beruhigen müssen. Das Verändern von Ritualen kann helfen.
• Schau nach vorne. Die anstrengende Zeit wird vorübergehen. Auch dein Kind wird älter und reifer werden und nicht mehr soooo viel Aufmerksamkeit brauchen.
Kurz: beschränke viel Dinge auf das absolut Notwendige, so dass Du auf diese Weise mehr Zeit für dich bekommst. Diese „gewonnene" Zeit kannst Du dann dazu nutzen, dich wieder zu erholen, neue Energie zu tanken und auch zu einem ruhigen Gespräch und Nähe mit deinem Mann.
Vergiss dich selbst nicht: Gönne dir etwas Gutes, dann lassen sich so anstrengende Phasen leichter überstehen.
Hast du schon den Kinn-Trick beim Abdocken mal ausprobiert? Der ist oft sehr hilfreich bei Babys, die die Brust fast ein wenig aus Gewohnheit im Mund haben wollen beim Schlafen. Dabei legst du, wenn du die Brust dem schlafenden Kind aus dem Mund gezogen hast, einen Finger längs unter die Unterlippe, so dass die Lippe beim "Suchen" einen gewissen Widerstand spürt. Dieser Widerstand wirkt beruhigend auf viele Kleinen, und sie schaffen es sich zu entspannen und eine tiefere Schlaf-Ebene zu erreichen...
Das geht auch, wenn das Kind im Schlaf oder Halbschlaf wieder zu "suchen" beginnt: Man drückt ganz sanft sein Kinn nach oben. Bei vielen Babys wirkt das Wunder und sie schlafen plötzlich auch ohne Brust weiter/wieder ein.
Manche Mütter berichten, dass es sogar geholfen hat, wenn sie ein kleines Kuscheltier ans Kinn des Kindes gelegt haben... Da ist es natürlich wichtig darauf zu achten, dass die Atemwege nicht blockiert werden :-).
Und dann würde ich, wäre ich an deiner Stelle, probieren ob es hilft, wenn ich eine gefaltete Decke auf seine Beine lege. Etwas, das ihm das Gefühl gibt, dass da noch jemand ist...
Ich hoffe, das hilft dir irgendwie weiter!!
LLLiebe Grüße
Biggi
von
Biggi Welter
am 21.12.2015