Elternforum Zehn bis Dreizehn

Großer Wortschatz, dennoch schlechte Erzählerin ?

Großer Wortschatz, dennoch schlechte Erzählerin ?

Mitglied inaktiv

Hallo miteinander, immer wieder muss ich feststellen, dass sich meine Tochter im Vergleich mit anderen Mädchen äußerst schlecht ausdrücken und erzählen kann. Wenn Sie etwas Erlebtes erzählen will, dann fängt sie gerne mitten im Geschehen an, rast durch, wirft gerne nurnoch Stichpunkte hin, lässt das wirklich wichtige aus und wundert sich dann, dass niemand wirklich mitkommt oder das Erlebte nachempfinden kann. Auch kann sie kaum Fakten wiedergeben, da sie auf einen ganz simplen Wortschatz zurückgreift und sich nicht die Mühe macht kindgerechte Fachwörter zu werden. Ich meine da nichts hochkompliziertes, aber z.B. würde ihr nie in den Sinn kommen bei der Beschreibung eines Hundes zu sagen: Ein Schäferhund. Sie sagt: "ein Hund so wie der xxx hat, nur größer und mit kürzerem Haar." Man selber darf dann anfangen zu raten, was sie meint. Es ist äußerst mühsam ihr zu zu hören. Als Mutter macht man sich ja noch gerne die Mühe, aber Spielkameraden winken da schon nach kurzer Zeit ab und übernehmen lieber wieder selber das Reden. Was kann man tun? In der Schule hebt ihre Klassenlehrerin bei jedem Gespräch ihren äußerst großen Wortschatz und ihre Wortgewandheit hervor. Ich äußere dann sofort meine Zweifel, aber nein, die Lehrerin beharrt darauf. Auch die Logopädin, welche ich vor ein paar Jahren besuchte, da die Tochter in meinen Augen äußerst undeutlich sprach, erwähnte schon damals ihren wirklich großen Wortschatz und fand sonst nichts an ihrer Art und Weise zu sprechen auszusetzen. Aber nach wie vor habe ich riesen zweifel. Während andere Kinder schon immer in der Lage waren komplette Sätze zu bilden und am Anfang anfingen und dann schön der Reihe nach erzählten redet mein Kind in einem furchtbaren Tohuwabohu. Habt ihr Ideen? Woran kann das liegen? Was kann ich tun? Hilfe! Grüße Sodapop


Shelpy

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geht mir mit meinem 7jährigen ähnlich, der geht auch in die erste klasse und das nacherzählen, war halt beim lernzielkatalog ein unterpunkt, denn er nicht erfüllt hat. er fängt bei erzählungen auch gern irgendwo an und erzählt in bruchstücken. jetzt haben wir auf anraten der lehrerin angefangen, auf ganze sätze zu bestehen und schon nach ein paar zeilen vorlesen, sollen wir uns die geschichte nacherzählen lassen. mittlerweile bestehen wir beim nacherzählen ganz hart auf ganze sätze und siehe da er kann es auch, aber so wie in vielen dingen (ordung = chaos bei ihm) versucht er den einfachsten weg zu gehen. wir tun jetzt einfach so, als wenn wir erzählungen in worten (ohne sätze) und wortfetzen sagen, dass wir es nicht verstehen. dann merken wir direkt wie es bei ihm klick macht und er erzählt sehr schön in eigenen worten und in ganzen sätzen. aber lesen ist ja auch so eine sache, er kann es, sehr sehr gut und flüssig, aber manchmal wenn er den anfangsbuchstaben liest, interpretiert er gleich ein ganzes wort, was grad passen könnte hinein. ich sag dann, er soll genau schauen und schon funktioniert es. lg shelpy


Joy1

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Guten Morgen! Na ja, da gibt es verschiedene Möglichkeiten. Zum einen wundert mich die unterschiedliche Wahrnehmung von Dir und der Lehrerin. Vielleicht bis Du bei deinem Kind zu kritisch? Passiert ja gerne mal... Zum anderen kann es durchaus sein, dass deine Tochter sich in der Schule (da kommt es für sie darauf an, da wird bewertet...) schon die Mühe macht, strukturiert und treffend zu erzählen, während sie die Einstellung verinnerlicht hat "Mama versteht mich auch so". Du schreibst ja selbst "...sich nicht die Mühe macht". Vielleicht ist sie von dem, was sie mitteilen will, so begeistert und eingenommen, dass sie sich nicht bremsen und kontrollieren kann. Man kann aber auch üben, durch Beschreibungen von Bildergeschichten, durch Spiele wie "Tabu" o.ä., oder ganz gewöhnliche Aufsatzübungen. Eine Reizwortgeschichte mündlich nach dem Schema "Einleitung, Hauptteil, Schluss" erzählen (erst Du, dann sie). Und eben viel Lesen. Kurzgeschichten, Anekdoten und auch Witze. Es gibt auch Übungen (im Internet), bei denen Kinder zwei Varianten zu einer Geschichte angeboten werden. Sie sollen vergleichen und selbst feststellen, warum die eine (bildhaft, treffend strukturiert) sie mehr anspricht, als die andere Geschichte (chaotisch, lückenhaft oder langweilig). Letztlich sollte Dich aber trösten, dass selbst sehr viele Erwachsene nicht gut drin sind, ein Ereignis nachvollziehbar, spannend und interessant zu erzählen. Was schriftlich noch halbwegs geht (weil man nachlesen kann, was schon "gesagt" wurde) ist mündlich eine Katastrophe. Man kann nicht in allem gut sein. Viele Grüße! Joy


Mitglied inaktiv

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Hi, der große Wortschatz und das "Durchgängig-und-verständlich-erzählen- können" sind zwei verschiedene paar Stiefel, denke ich. Mein Sohn hat auch einen extrem großen Wortschatz, teilweise auch mit sehr süßen Eigenkreationen wie "insgering" (ein Mix aus "insgeheim" und "wenig", er sagt das, wenn er einen Sachverhalt beschreiben will, bei dem es um eine kleinere, aber nicht genau definierbare Menge geht), aber nicht immer kann er den beim Erzählen oder Geschichtenschreiben auch umsetzen, weil ihn das Erlebnis oder das, was er erzählen möchte, zu sehr antreibt, als dass er sauber formulieren könnte. Er fängt dann auch gern an zu poltern (kein Stottern, aber Wiederholen der Wortendungen, damit er selbst den Faden nicht verliert). Ich denke, das hängt weniger mit der Sprachentwicklung als mit der Emotionskontrolle zusammen, also schlichtweg damit, wie gut sie sich beherrschen, sammeln und dann ruhig sortieren können, was sie erzählen und ist m. E. typisch für lebendige, spontane Kinder, die während des Erzählens emotional sehr intensiv durchleben, was sie erzählen wollen - und dann hinkt der Wortschatz oft hinterher. Bei meinem Sohn funktioniert es ganz gut, wenn man nicht ungeduldig wird, sondern ihm ruhig sagt, er soll erst mal nachdenken und ruhig etwas langsamer sprechen, es wäre genug Zeit zum Erzählen. Manchmal sprudelt es dann trotzdem wild durcheinander aus ihm raus, und man muss ein bisschen "mitraten", was er meint. Das ist manchmal nervig und anstrengend, aber letztendlich denke ich, dass er diese Geduld auch verdient hat, weil er ja schon etwas zu erzählen hat - auch wenn er es in dem Moment nicht so gut kommunizieren kann, wie man es gern hätte. Dass eure Wahrnehmungen da so unterschiedlich sind (die der Lehrerin und deine), hängt sicher damit zusammen, dass die Lehrerin a) sicherlich noch Kinder sieht, bei denen das mit dem Erzählen und dem Wortschatz deutlich schlechter klappt und b) dass die Lehrerin emotional distanzierter von deinem Kind ist und deshalb auch weniger emotional "bewerten" dürfte, wie sie sich ausdrückt. LG Nicole


Mitglied inaktiv

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Vermutlich hat der Wortschatz wirklich nichts mit Erzählkunst zu tun. Und ja, sie ist meist äußerst aufgeregt wenn sie was ihr wichtiges erzählen will. Diese Aufregung scheint sich dann auf alle Fähigkeiten auszuwirken :) Na, dann werde ich mal die nervende Mutter sein, welche den Redefluss ausbremst, steuert, nicht durch Raten hilft sondern Zeit gibt es selber vernünftig auszuformulieren. Danke euch dreien. Es waren einige Denkanstöße mit dabei. Grüße Sodapop