Trotzphase - die erste Krise

schmollendes Baby

© Adobe Stock, lisalucia

Zwischen dem zweiten und dem dritten Lebensjahr ist es bei jedem Kind soweit - die Bedeutung des Wörtchens "nein" wird entdeckt und der Umgang damit getestet. 

Leider oft ausgerechnet dann, wenn's Mami am unangenehmsten ist - im Supermarkt, auf dem Spielplatz oder beim Besuch bei Tante Frieda. In dieser Phase entdeckt das Kind, dass es einen eigenen Willen hat - und nichts anderem als den Gesetzen der Natur folgend versucht es zum ersten Mal, diesen auch durchzusetzen. Es begreift, das die Durchsetzung des Willens die Voraussetzung für das Erreichen bestimmter Dinge sein kann. Aus Mangel an Erfahrung müssen zur Durchsetzung die Mittel herhalten, die für das Kind nahe liegen: das gerade erlernte Wörtchen "nein", das zornige Weinen, Werfen von Gegenständen und Wehren mit Händen und Füßen, Wälzen auf dem Boden usw. Das Problem ist, dass das Kind zwar seinen Willen kennt - damit aber nicht wie ein Erwachsener umgehen kann. Jetzt brauchen Mamis und Papis eine geeignete Mischung aus Verständnis, Fingerspitzengefühl, Führungsqualitäten und Durchsetzungsvermögen.

Deshalb hier ein paar Tipps für die "Trotzphase":

  • Die ersten Anzeichen werden Sie bei Ihrem Kind wohl in der gewohnten, häuslichen Umgebung bemerken, wenn es die Durchsetzung seines Willens gegenüber Mutter, Vater oder Geschwistern probt. Erst später folgt das Erproben auch gegenüber Außenstehenden. Den Beginn der kritischen Phase erkennt man daran, dass das Kind ganz gezielt das Wörtchen "ich" anstelle seines Vornamens benutzt, wenn es von sich selbst spricht.
  • Befürchten Sie nicht, dass Sie an Autorität einbüßen, wenn Sie auch jetzt noch die eine oder andere Sache durchgehen lassen. Ganz im Gegenteil ist es sogar positiv, wenn Sie Ihr Kind gelegentlich spüren lassen, dass Sie Ihren Willen nicht in jedem Fall als den einzig Richtigen durchzusetzen gedenken. Wenn es "erlebt" und lernt, dass mit Ihnen "zu reden" ist, wird es später auch nicht so sehr versuchen, Ihre Nachgiebigkeit mit Trotz zu erzwingen.
  • Eltern sind jetzt als die richtigen Vorbilder besonders wichtig. In diesem Alter ist die Nachahmung der engsten Bezugspersonen, also das "Lernen am Modell" die wichtigste Quelle für die kindliche Verhaltensprägung. Von daher wird es nun auch immer wichtiger, Entscheidungen dem Kind gegenüber zu begründen, damit es die Abwägung von Argument und Gegenargument lernen kann. Schon ab einem Alter von eineinhalb Jahren kann man bei Kindern mit ruhiger, vernünftiger Argumentation mehr erreichen als mit erregtem Schimpfen.
  • Verständnis müssen Kinder erst lernen. Das gilt z. B. dafür, dass sie bestimmte Dinge nicht tun sollen. Wenn sie erst den Grund begriffen haben, werden sie in aller Regel nicht trotzig versuchen, sie dennoch weiter auszuüben. Nehmen Sie z. B. das wilde Herumschießen mit einem Ball auf der Terrasse - was den Bruch einer Scheibe zur Folge hat. In entsprechend jungem Alter ist das Schuldempfinden noch nicht ausgeprägt. Ihre Argumentation könnte sachbezogen lauten: "Sieh´mal, jetzt ist das schöne Glas kaputt - schade!". Das Kind kann nachvollziehen, dass es um das schöne Glas schade ist und wird beim nächsten Spielen vorsichtiger sein - das Eintreten eines finanziellen Verlustes mit dem Bruch der Scheibe versteht es mit etwa zwei Jahren sicher noch nicht. Wenn Sie nur sagen: "Du bist ein Tollpatsch - Mami hat Dich nicht mehr lieb !" und hauen ihm einen "hintendrauf", wird es beim nächsten Spielen vermutlich auch vorsichtiger sein - aber aus Angst vor Liebesentzug und Strafe, nicht aus besserem Verständnis. Je früher Sie mit Argumentationen beginnen, desto mehr schulen Sie das Verständnis des Kindes - und desto mehr wird es in seiner Trotzphase Argumenten zugänglich sein.
  • Begegnen Sie dem Kind in dieser Phase stets freundlich, aber auch bestimmt. Sprechen Sie ruhig über seine Wünsche und verwerfen Sie diese nicht, ohne einen Grund zu nennen. Plausiblen Wünschen sollte man ruhig auch mal nachgeben - ein langer Einkaufstag z. B. kann für ein Kind auch zur Qual werden.
  • Auch wenn`s bei heftigen Trotzreaktionen manchmal sehr schwer fällt: Bewahren Sie Ruhe und warten erst einmal ab, bis sich der größte Zornesausbruch gelegt hat. Zu Hause können Sie das Kind stehen lassen, bis es sich beruhigt hat. Unterwegs schnappen Sie es sich ohne viele Worte und gehen zu einem Ort,
    (z. B. zum Auto), um mit ihm unter vier Augen zu sprechen.
  • Seien Sie bestimmt und setzen Sie Grenzen - aber nehmen Sie es als einen "Partner" ernst und achten darauf, dass es sein Gesicht nicht verliert. Auslachen z. B. wäre das Schlimmste, was man machen könnte - bei dem Versuch einen Willen durchzusetzen ausgelacht zu werden, empfindet das Kind ebenso wie körperliche Schläge.
  • Wo es geht, ermuntern Sie das Kind seine Wünsche zu begründen. So merkt es schnell, dass Sie es ernstnehmen und wird versuchen, seiner Rolle gerecht zu werden. Können Sie einen Wunsch nicht erfüllen, wiegeln Sie nicht kurzerhand ab, sondern machen vielleicht einen kleinen Gegenvorschlag - wie sich das unter Partnern eben gut macht.
  • Man kann den Kindern schon recht früh - vor der Trotzphase - helfen, ihre Wünsche in der richtigen Form anzumelden, indem man mit ihnen "übt", dass sie mit "ich möchte" mehr erreichen, als mit trotzigem "ich will". Diese Erkenntnis werden sie mit hineinnehmen in die kritische Phase.
  • Ablenken kann lange Diskussionen überflüssig machen und Trotzreaktionen schlagartig beenden. Zugegeben - bei allem Stress, den die kindlichen Wutausbrüche verursachen können, auch noch genial einfallsreich zu reagieren, ist kaum drin - versuchen Sie`s dennoch. Wenn das Kind z. B. bei einem Spaziergang streikt und lieber getragen werden will, schlagen Sie ihm einen kurzen Wettlauf mit einer kleinen Belohnung für den Sieger vor. Macht es Probleme beim Anziehen, könnten Sie die Bemerkung fallen lassen, dass Sie ja noch bei Oma Kuchen essen wollen.
  • Strafe ist sinnlos - schon deshalb, weil das Kind ja nicht bewusst böse sein oder Sie ärgern will. Wiederum zugegeben, ist das oft kaum zu glauben - aber dennoch wahr. Es möchte lediglich etwas erreichen. Die Notwendigkeit der Rücksichtnahme auf andere Menschen will erst verstanden sein - sprechen Sie deshalb mit ihm und erklären Sie ihm, dass beim Durchsetzen von Wünschen auch die Bedürfnisse anderer zu berücksichtigen sind.
  • Wichtig ist bei aller Liebe, dass das Kind erkennt, dass es mit Trotzreaktionen allein bei Ihnen nichts erreichen kann. Geben Sie also infolge einer Trotzreaktion nicht nach (fällt natürlich besonders in peinlichen Situationen schwer). Es würde sonst gleich bei der nächsten Gelegenheit dieselbe (weil erfolgreiche) Strategie anwenden. Kinder, die sich allein mit Trotz durchzusetzen vermögen, entwickeln sich nicht selten zu Egoisten oder Haustyrannen.
  • Ebenso wichtig ist, dass man Kindern gegenüber nicht nachtragend ist. Wenn ein Trotzanfall einmal vorüber ist, sollte die Sache auch "gegessen" sein und das Kind dieselbe Zuwendung erfahren, wie zuvor. Liebesentzug würde es nicht begreifen - nur verletzen. Besonders in dieser schwierigen Phase brauchen die Kleinen viel Liebe und Zuwendung.

Zuletzt überarbeitet: April 2019

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