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Cluster feeding/Dauernuckeln - ist es wirklich noch normal?

Thema: Cluster feeding/Dauernuckeln - ist es wirklich noch normal?

Ich lese überall, dass cluster feeding normal ist und man im ersten Lebensjahr alle Bedürfnisse befriedigen soll, was ich auch gerne tun möchte. Trotzdem kommt mir die Länge und Häufigkeit bei meiner Tochter extrem vor und ich würde gern wissen was ihr davon haltet. Meine Tochter wurde am 17.06. per Not-Kaiserschnitt geboren und ist jetzt 4 Wochen alt. Der Stillstart war etwas holprig, da ich im Krankenhaus keine richtige Beratung hatte und direkt ein Stillhütchen bekommen habe. Die ersten zwei Wochen habe ich mit Hütchen gestillt, mittlerweile klappt es aber ohne. Meine Brustwarzen sind durch die Hütchen wund geworden, weil sie wohl nicht richtig saßen. Seit ich die Hütchen nicht mehr brauche ist es besser geworden, aber ich habe immer noch Schmerzen, weil sie so oft an der Brust ist und oft auch nur an der Warze nuckelt. Nachts und vormittags ist alles in Ordnung, da trinkt sie meistens ca. alle 2-3 Stunden. Manchmal schläft sie nachts auch 5 Stunden durch. Nachmittags fängt sie meistens irgendwann an ständig an die Brust zu wollen. Es gibt dann eigentlich keine Pause. Sie dockt ab und fängt kurz drauf an zu weinen und will wieder an die Brust. Zum cluster feeding habe ich gelesen, dass die Abstände eher so 20 Minuten bis 1 Stunde sind? Das ganze zieht sich etwa über 6-10 Stunden, z.B. von 13 Uhr oder 17 Uhr bis 23 Uhr. Im Laufe der Zeit wird sie immer unruhiger und fängt teilweise schon an der Brust an zu schreien, lässt sich aber irgendwann wieder an der Brust beruhigen. Die meiste Zeit nuckelt sie nur und hat oft auch nur die Warze im Mund. Schlafen tut sie währenddessen kaum. Ich habe sie quasi 24 h an mir oder auf mir, da sie sich sehr selten ablegen lässt. Wir schlafen auch gemeinsam in einem Bett. Ich würde sie gerne zumindest ab und zu in die Trage tun um noch etwas anderes außer stillen und Windeln wechseln tun zu können. Zeitweise hat es schon funktioniert, aber aktuell finde ich den richtigen Zeitpunkt nicht. Habt ihr Ratschläge für mich?

von Dohle am 14.07.2022, 15:21



Antwort auf Beitrag von Dohle

Hallo, hier hilft immer ein Blick auf die Naturvölker. Denn Anthropologen haben beobachtet, dass es hier so gut wie keine schreienden oder unzufriedenen Babys gibt. Trotzdem hat keine dieser Frauen Zeit, ihr Baby dauernuckeln zu lassen, dafür müssen sie zu viel arbeiten. Die Babys hängen einfach den lieben langen Tag auf ihrem Rücken, damit die Frau die Hände frei hat zur Feldarbeit, fürs Kochen, Waschen usw. Das bedeutet: Ja, es ist natürlich wichtig, alle echten Bedürfnisse des Babys zu erfüllen. Manche Bedürfnisse des Babys sind aber von der Mutter hausgemacht, sie kommen ursprünglich also gar nicht von ihm selbst. Zum Beispiel das Dauernuckeln oder auch, dass manche Babys nur an der Brust einschlafen können. Beim ersten Kind ist mir das auch passiert: Ich habe solche Dinge unbewusst eingeführt, weil ich sie anfangs so wunderbar innig fand und dachte, man müsse das so machen. Meine Tochter schlief z. B. bis übers erste Lebensjahr hinaus nicht ohne Brust ein. Dass dies eine Gewohnheit und kein echtes Bedürfnis war, sieht man daran, dass es kein Problem war, beim zweiten Kind anders vorzugehen: Ich habe meinen Sohn von Anfang an immer gestillt, wenn er Hunger hatte - aber ich habe ihn wach hingelegt und ihn in der Wiege sanft geschuckelt. Er schlief dort völlig zufrieden mit dem Blick auf mein Gesicht ein. Es gibt also einen Unterschied zwischen Gewohnheiten, die man dem Baby unbemerkt selbst beibringt (ständiges Zücken der Brust bei jedem Pieps) und echten Bedürfnissen des Babys nach Nahrung und Nähe (= Trinken in größeren Abständen und nicht ewig, sondern vielleicht 15 Minuten). Das bedeutet: Du darfst Deiner Tochter die anstrengende Gewohnheit, den Tag an Deiner Brust zu verbringen, sanft, aber entschlossen auch wieder abgewöhnen. Das geht, indem Du die Nuckelzeiten deutlich verkürzt, sie also viel früher als bisher abnimmst. Wenn sie dann protestiert, was ihr gutes Recht ist, wenn man eine liebgewonnene Gewohnheit plötzlich ändert, dann lenkst Du sie ab, trägst sie in Fliegerstellung auf dem Unterarm herum, singst etwas, gehst mit ihr im Babywagen raus (auch wenn sie anfangs weint) oder Du hängst sie Dir um. Vielleicht sogar auf den Rücken, denn vorn stört das Gewicht doch wieder sehr. Halte es aus, wenn sie anfangs etwas weint. Sie nimmt dadurch keinen Schaden, weil Du ja bei ihr bist und sie hältst. Sondern sie drückt damit aus, dass es ihr schwer fällt, neue Routinen anzunehmen. Sie kann das aber, solange ihre echten Bedürfnisse (nach Nahrung, Liebe, Nähe, Schmusen, Getragenwerden usw.) erfüllt werden. LG

von Lillimax am 14.07.2022, 16:28



Antwort auf Beitrag von Lillimax

Vielen Dank für deine Antwort. Ich denke du könntest Recht haben und werde probieren sie früher abzudecken und anderweitig zu beruhigen. LG

von Dohle am 14.07.2022, 18:50



Antwort auf Beitrag von Lillimax

Ich sehe es genauso. Ich habe dann irgendwann den Schnuller eingeführt. Bei mir war es nämlich bei beiden Kindern so, dass sie sehr gerne genuckelt haben, an der Brust aber unruhig wurden, weil Milch rauskam und sie das nicht wollten. Der Schnuller hat uns da sehr geholfen.

von Janet90 am 15.07.2022, 09:56



Antwort auf Beitrag von Dohle

Ich kenne das eher von Kind 2, da Kind 1 da ganz anders war. Kind 1 stillte 20 Minuten und war dann in der Regel 2 - 4 Stunden zufrieden, nachts auch gerne länger. Das Einschlafen war allerdings immer extrem stressig. Da er nicht stillen wollte und ihm auch sonst nicht einfach so die Augen zu fielen, schrie er sehr viel in den Abendstunden oder wurde kilometerweise durchs Haus getragen (ablegen war ebenfalls nicht möglich). Das Einschlafen war dann auch mindestens die ersten 1,5 Jahre echt scheiße für alle Beteiligten. Kind 2 war da wie gesagt anders, mit ihr saß ich spätestens um 18 Uhr auf der Couch und dann wurde gestillt, genuckelt, geschlafen... Immer schön im Wechseln, Ablegen nicht möglich. Mich hat das aber ehrlich gesagt auch nicht gestört (es war soooooooo viel entspannter, als das ewige Geschrei oder rumgetrage bei Kind 1). Kind 1 (2 Jahre damals) hat sich meistens dann auch früher oder später dazu gekuschelt, so dass wir noch etwas spielen konnten und oft schlief er dann auch kuschelnd dabei ein, so dass ich dann eingekuschelt mit meinen beiden schlafenden Zwergen auf der Couch lag. Da gibt es echt schlimmeres. ^^ Gegen Mitternacht sind wir dann geschlossen in mein Bett gewandert. Ich glaube mit etwa 6 Monaten änderte sich das schleichend, so dass wir uns abends immer öfter zu zweit ins Bett legten und ich dann auch aufstehen konnte, phasenweise brauchte sie mich aber immer wieder permanent um sich. Ich kann verstehen, dass das nicht "jedermanns Sache" ist, aber solange Kind und Mutter gut zurecht kommen, sehe ich einfach kein Änderungsbedarf, egal ob das "normal" / "üblich" ist, oder nicht. :-)

von Baerchie90 am 15.07.2022, 16:14



Antwort auf Beitrag von Dohle

Ich habe in dem Sinne keinen Rat für dich, sondern kann nur meine Erfahrungen teilen. Ich kam im ersten Monat gefühlt nicht von der Couch weg, weil mein Sohn sehr extremes Clusterfeeding betrieben hat. Ich habe das damals mit einer App getrackt und es waren teilweise 8/9 Stunden, die er über den Tag verteilt an der Brust war. Ich erinnere mich an Nächte, da waren es vier Stunden am Stück im Wechsel immer rechts-links. Durch das Clusterfeeding und Dauernuckeln war natürlich genug Milch da, ich war allerdings auch nicht in der Lage, irgendetwas anderes zu machen. Mein Mann hatte die ersten zwei Monate Urlaub, sonst wäre ich wahrscheinlich nicht einmal zum Essen gekommen. Bei uns nahm es dann eine andere Wendung, weil ich vor Schmerzen und mit dicker Mastitis mit zwei Wochen Antibiotikum das Stillen unterbrechen musste. Ich hatte mir in Woche Zwei Streptokokken an der Brust geholt, was aber lange nicht erkannt wurde und so völlig eskaliert ist. Seitdem stille ich und gebe im Anschluss die Flasche, wenn mein Sohn noch Hunger hat. Nach den Streptokokken hat mein Kind anders gestillt und kein Clusterfeeding mehr betrieben und ich also immer Sorge, dass er nicht mehr genug bekommt, daher das Zufüttern. Auch habe ich in der Antibiotika-Zeit den Schnuller notweise eingeführt. Mein Sohn ist mittlerweile zehn Monate alt und stillt immer noch sehr viel - den Schnuller sind wir seit vier Monaten wieder los, aber dafür vor allem nachts wieder beim Dauernuckeln. Phasenweise ist das vor allem für meinen Rücken anstrengend, mir aber lieber, als irgendwann später einen Schnuller abgewöhnen zu müssen. Der Anfang ist einfach steinig, besonders wenn man extreme Clusterfeeder hat - nicht jedes Baby tut das so intensiv. Stillberater raten immer von jeglichen Fremdsaugern ab - es nützt aber auch nichts, wenn die Mama nicht mehr kann. Mein Sohn war zuverlässig sechs Wochen an der Brust, bevor Schnuller (und stillfreundliche Flasche) zwangsweise hinzukamen. Hier gab es nicht das Problem, dass er die Brust deswegen weniger genommen hat.

von Rihase am 16.07.2022, 04:34