Liebe Stillberaterinnen,
ich wende mich wieder einmal in meiner Verzweiflung an diese Plattform, denn so langsam macht mich das Verhalten dieses Kindes verrückt!
Mein Kind ist jetzt 13 Monate alt und ich stille noch nachts, da er immer noch locker 10 mal pro Nacht wach wird. Ich frage mich nun doch, ob es nicht einen Zusammenhang zwischen der Stillerei und dem häufigen wach werden gibt?
Nach über einem Jahr Schlafentzug bin ich einfach am Ende meiner Kräfte, nicht unbedingt körperlich, wobei es sich da auch langsam bemerkbar macht, sondern auch mental. Das Kind lässt sich einfach nicht von anderen ins Bett bringen und schläft niemals einfach so ein, egal wie müde. Ich habe seit über einem Jahr nicht mehr länger als 3 Stunden am Stück geschlafen und so eine lange Schlafphase ist eine echte Seltenheit (7x) - in der Regel wird er alle 40 bis 70 Minuten wach. Da nutzt es auch nichts tagsüber sich mal hinzulegen und die Hilfe anderer nehme ich so gut es geht in Anspruch.
Ich verstehe einfach nicht, wo das Problem ist, warum er nicht schlafen kann und es nur so miniminimal besser wird (die ersten 11 Monate waren es 30 bis 50 Minuten Schlafphase). Ist Abstillen doch eine Lösung? Oder werden die Probleme nur größer, weil er trotzdem so oft wach wird...??
Danke!
von
Vogelbaby17
am 23.11.2018, 22:09
Antwort auf:
Stillen und Schlafen
Liebe Vogelbaby17,
ich kann dich sehr gut verstehen und stimme dir zu, dass das so nicht weitergehen sollte. Leider kann niemand sagen, ob es ohne Stillen besser wäre, doch du bist trotzdem nicht gezwungen, so lange zu leiden bis du krank wirst!!
Das Verhalten deines Kindes ist nicht unnatürlich oder falsch (es IST eben so, dass es an deiner Brust genau das findet, was es zum Weiterschlafen braucht), doch es belastet dich und darum darfst du was ändern.
Mit 13 Monaten kann ein Baby es schaffen, ein paar Stunden ohne Brust auszukommen. Ja, mag sein, dass es sich nicht anders beruhigen lässt, oder gar "einfach so" einschläft (das wäre auch eher ungewöhnlich). Aber ich würde es trotzdem probieren.
Wichtig ist, dass du jemanden hast, zu dem dein Baby schon eine Bindungsbeziehung aufgebaut hat, und der oder die in der Lage ist, ruhig zu bleiben, auch wenn das Baby unglücklich ist.
Ich zitiere dir mal einen Vorschlag von Sibylle Lüpold, Mutter, Stillberaterin und Expertin für Babyschlaf (www.1001kindernacht.ch):
"Wenn Du die Rolle des nächtlichen Begleiters übernimmst, ist es zu erwarten, dass Euer Kind vorerst unglücklich ist und nach Deiner Frau weint. Das bedeutet nicht, dass es Dich ablehnt: Es würde in der unsicheren Situation der Nacht und des Einschlafens ganz einfach seine Mutter bevorzugen. Viele Väter sind mit dieser Situation überfordert und befürchten, dass es so bleiben wird. Wichtig ist hier aber, dass Du nicht vorschnell aufgibst, sondern Dir und Deinem Kind mehrere Chancen gibst, die gemeinsame Beziehung langsam zu festigen. Nur weil Dein Kind bei Dir weint, heisst es nicht, dass es leidet. Du bist eine enge Bindungsperson und kannst es genauso liebevoll betreuen wie seine Mutter. Mit der Zeit wird es sich auch bei Dir immer besser entspannen können.
Damit Dein Kind bei Dir einschläft, kannst Du es zu Hause herumtragen, mit ihm spazieren gehen oder Dich bequem mit ihm hinsetzen/-legen. Streichle es dabei liebevoll und sprich leise zu ihm. Du kannst ihm auch etwas vorsingen – die tiefe Stimme des Vaters kann für ein Kind sehr beruhigend ein. Wichtig ist, dass Du (auch wenn Dein Kind weint) innerlich ruhig sein kannst. So gelingt es Deinem Kind besser, sich bei Dir zu beruhigen, denn Deine Emotionen übertragen sich nonverbal. Du kannst Dir bildlich vorstellen, Du seiest der stabile Felsen inmitten des wilden Meeres, auf dessen Wellen das Schiffchen (Dein Kind) hin und herschaukelt. Verlässt Du die stabile, entspannte Position, kann Dein Kind keinen Halt an Dir finden. Bleibst Du aber ruhig, indem Du Dich z. Bsp. auf Deine Atmung konzentrierst, hilfst Du damit auch Deinem Kind, zur Ruhe zu kommen."
Das muss aber gar nicht der Papa sein, eine liebevolle Oma oder gute Freundin, die dein Kind gut kennt, geht auch. Wichtig ist: Diese nächtlichen Stunden sind nicht dazu da, das Baby umzuerziehen. Es geht nur darum, für es da zu sein, während du mal ein paar Stunden am Stück schlafen kannst.
Sibylle Lüpold hat auch einen Ansatz entwickelt, wie das nächtliche Stillen reduziert werden kann, siehe hier: https://www.still-lexikon.de/nachts-abstillen/
Parallel dazu weiß ich, dass sich auch die Pantley-Methode oft genug bewährt hat, darum kopiere ich sie dir hier ein:
Erkläre deinem Kind schon bei Tag, was sich in der Nacht ändern wird, und versuche, Signale zu definieren, die es wieder erkennen kann (z.B. "erst wenn der Radiowecker angeht, dann darfst Du trinken") und die sich eventuell anpassen lassen (den Radiowecker kann man etwa jeden 2. Tag eine viertel Stunde nach hinten programmieren, so dass die Pause immer länger wird). So wird die Nacht allmählich stillfrei.
Wenn sich dein Kind dann in der Nacht beschwert, dass es nicht trinken darf (und das kann es natürlich nur durch weinen oder schreien), dann tröste es und sprich liebevoll-beruhigend mit ihm, und gestehe es ihm auch wirklich zu, sauer zu sein, aber bleib konsequent beim "Nein", bis der vereinbarte Zeitpunkt (z.B. der Radiowecker geht an) für das Stillen gekommen ist. Dann jedoch solltest Du auch von dir aus deinem Kind die Brust anbieten - so lernt es, dass es sich auf dein Wort verlassen kann.
Natürlich kannst Du ihr während der Nacht einen Schluck Wasser oder auch einen Schnuller anbieten, doch sei nicht allzu überrascht, wenn das anfangs mit Wut abgewiesen wird.
Im Idealfall ist jemand da, der dein Baby bis zum nächsten "Jetzt ist Stillzeit"-Signal nimmt, herumträgt und liebevoll begleitet.
Ehrlicherweise muss ich dazu sagen, dass die ersten Nächte zwangsläufig sehr unruhig sein werden. Doch in der Regel akzeptieren Kinder relativ schnell die neuen "Spielregeln", und je älter sie sind, desto einfacher. Einen "Knacks" beim Kind brauchst du nicht befürchten, wenn du ihm wirklich beistehst und ihn nicht "strafst" für seine natürliche Reaktion auf diese Veränderung.
Nur wenn sich dein Kind über mehrere Tage hinweg gegen diese stillfreie Zeit sperrt, oder gar tagsüber extrem anhänglich bzw. weinerlich wird, oder gar eine Hautreaktion zeigt, dann weißt du, dass es noch zu früh ist und du vielleicht einfach noch ein paar Wochen warten und durchhalten solltest.
Dieser Vorschlag stammt von Elizabeth Pantley, Autorin des Buchs "Schlafen statt Schreien: Das liebevolle Einschlafbuch: Das 10-Schritte-Progamm für ruhige Nächte", das erst im Herbst auf Deutsch erschienen ist und das ich wärmstens empfehlen kann.
Pantley hat ein Programm entwickelt, mit dem man älteren Babys, auch Stillkinder, dabei helfen kann, auch ohne Brust oder ständiges Stillen die Nacht zu schaffen. Auch wenn man nicht alle ihre Schritte anwendet haben viele Mütter doch gute Erfahrungen mit diesem Buch gemacht.
Ultima Ratio, wenn diese Methode nichts bringt, wäre noch die Methode von Jay Gordon: https://www.stillkinder.de/das-10-naechte-programm-fuer-besseres-schlafen-im-familienbett/
Auch sie ist zunächst einmal mit Stress verbunden, hat aber bei einigen Familien geholfen.
Letztenendes bleibt nicht anderes übrig, als es auszuprobieren.
Ich hoffe, dass dir meine Antwort weiterhilft.
Lieben Gruß,
Kristina
von
Kristina Wrede
am 24.11.2018