Hallo,
Ich habe 2 Fragen:
1.: Meine Tochter wird kommenden Montag 6 Monate alt. Daher will ich mit der Beikost anfangen (bis jetzt wird sie voll gestillt). Ich habe bei der Geburt vom Krankenhaus eine sog. Mütterinformation erhalten. Darin steht unter anderem, dass abends ab ca. dem 7. Monat Milchbrei mit Folgemilch, nachts und morgens bis zum 1. Lebensjahr gestillt wird. Jetzt ist meine Frage, ob der Milchbrei wirklich sein soll, oder auch abends gestillt wird. Ich will nämlich wenn möglich vermeiden, dass sie doch noch eine Flasche bekommt. Lieber wäre mir, nur mit dem Trinklernbecher anzufangen. Ab wann soll ich Wasser dazu anbieten? Wenn sie das Gläschen komplett ausgegessen hat? Ist sie auch noch zu stillen, wenn das Gläschen ausgegessen ist?
2.: Zum ewigen Thema Schlafprobleme. Vor einiger Zeit konnte ich mein Kind tagsüber und abends ins Bettchen legen, und sie konnte von alleine einschlafen. Man soll ja auf die ersten Müdigkeitsanzeichen achten, dass sie nicht übermüdet sind. So. Seit ca. 1 Monat kann unsere Kleine nur mehr einschlafen, wenn ich sie herumtrage – und das bis zu 2 Stunden. Dann ist sie mit Sicherheit total übermüdet – was das Einschlafen ja noch schwieriger macht. In der Nacht hat sie schon 6 Stunden durchgeschlafen – jetzt wird sie fast jede Stunde munter. Jetzt hat mein Kinderarzt gesagt, ich soll sie auf jeden Fall alleine einschlafen lassen, sonst wird das ganze immer schlimmer, und auf keinen Fall tragen!!! Bis max. 10 Minuten schreien würden sie schon vertragen. Ich bin jetzt total verunsichert. Denn heute Früh ist sie um 6 Uhr aufgewacht und war immer noch total müde. Ich habe sie zu mir ins Bett genommen, war ganz ruhig neben ihr, und dachte nach einiger Zeit wird sie schon einschlafen, denn sie ist ja müde. Nach 2 ½ Stunden habe ich die Aktion abgebrochen, bin mir ihr ca. 15 min. am Arm gegangen, und sie hat geschlafen. Wenn sie müde ist und ich sie alleine liegen lasse, immer wieder nach meiner Tochter sehe, fängt sie immer mehr an zu quengeln, bis sie nur mehr weint, statt schläft(sie schaukelt sich richtig hoch). Letzten Samstag habe ich versucht sie den ganzen Tag von allein einschlafen zu lassen. Das war eine Katastrophe. Sie hat den ganzen Tag nicht geschlafen, wollte auch nicht spielen, usw. sie war den ganzen Tag nur weinerlich und grantig. Ich hatte zu tun, um allein aufs Klo zu kommen.
Bitte um ein paar Tips!
Danke, Lg Ines
Mitglied inaktiv - 12.08.2009, 12:32
Antwort auf:
Einführung Beikost und Schlafprobleme
Liebe Ines,
im gesamten ersten Lebensjahr kann der Flüssigkeitsbedarf eines Babys vollständig über die Muttermilch gedeckt werden, vorausgesetzt, es wird weiterhin nach Bedarf gestillt. Dennoch ist es sinnvoll parallel zur Einführung der Beikost auch den Becher mit Wasser einzuführen. Tee oder Saft sind nicht notwendig.
Man kann eine Faustregel aufstellen, dass ein Baby mit sieben Monaten eine bis zwei zusätzliche Beikostmahlzeiten ergänzend zur Muttermilch bekommt, mit acht Monaten zwei bis drei, mit neun Monaten zwei bis vier, mit zehn Monaten vier und mit zehn bis zwölf Monaten drei bis fünf. Daneben kann und darf es so oft gestillt werden, wie es möchte.
Mit sieben bis neun Monaten braucht das Kind noch mindestens drei Milchmahlzeiten, mit zehn bis zwölf Monaten noch mindestens zwei.
Wird das Kind ausreichen häufig gestillt, braucht es keine andere Milchnahrung und auch keinen Milchbrei oder Flaschennahrung.
Es ist bei den Meinungen rund um das Thema Schlaf nicht anders als bei anderen Themen: es gibt immer unterschiedliche Meinungen.
So wie es Kinderärzte gibt, die das Konzept von Kast Zahn und Morgenrot vehement verteidigen, so gibt es genau so Kinderärzte, die dieses Konzept vehement ablehnen. Allerdings würden mich die Belege für eine "wissenschaftliche Unbedenklichkeit" der Methode interessieren, denn eine solche Studie konnte mir bisher noch nie jemand zeigen und selbst Prof. R. Ferber auf dessen Methode Kast Zahn und Morgenrot und auch die Freiburger Sanduhr Methode aufbauen warnt davor, diese Methode leichtfertig und zu früh einzusetzen.
In einem Interview während einer öffentlichen Radioshow in Mineota hat Prof. Ferber 1998 bereits gesagt, dass seine Methode nicht für Babys unter 12 (!) Monaten gedacht ist, und dass sie der letzte Ausweg sei, ehe die Eltern so weit sind, dass sie ihr Baby aus dem Fenster werfen. Seinen Verständnis der medizinischen und wissenschaftlichen Forschung nach, ist eine Anwendung seiner Methode bei Kindern, die jünger als 12 Monate sind, mit allen möglichen Problemen verbunden.
Später hat Ferber dem amerikanischen Journalisten John Seabrook ein Interview gegeben, das in "The New Yorker" veröffentlich wurde und in dem Ferber einige sehr interessante Dinge gesagt hat.
Auszug:
""Aber hier in Ihrem Buch heißt es doch..." Ich (Anmerkung: John Seabrook) las ihm zwei Sätze vor, die ich meiner Frau während einer unserer Auseinandersetzungen um 2 Uhr morgens vorgelesen hatte: "Obwohl es vernünftig sein kann, Ihr Kind für ein oder zwei Nächte mit zu sich ins Bett zu nehmen, falls es krank oder wegen irgendetwas verängstigt ist, ist es jedoch meistens keine gute Idee." Und: "Allein schlafen zu lernen ist wichtig für das Kind, damit es lernt, ohne Ängste von Ihnen getrennt zu sein und sich selbst als ein unabhängiges Individuum zu betrachten."
"Ich wünschte, ich hätte diese Sätze nicht geschrieben", entgegnete Ferber. "Sie stammen aus der herkömmlichen Literatur. Es sind Pauschalaussagen, die einfach nicht stimmen. Es gibt viele Beispiele, in denen das Familienbett funktioniert. Meine heutige Einstellung ist, dass Kinder mit ihren Eltern zusammen oder allein schlafen können. Was wirklich zählt, ist, dass die Eltern sich darüber klar werden, was sie wollen.""
Wird dem Kind die Gelegenheit dazu gegeben, wird jedes Kind irgendwann seinen Weg zum Durchschlafen und alleine schlafen finden. Das eine früher, das andere später.
Ich bin überzeugt, dass bis auf die wenigen Ausnahmen, die extrem "pflegeleichte" Kinder haben jede Mutter diesen Punkt kennt, an dem Du jetzt bist. Die Zweifel nagen und die Frage stellt sich "Will mein Kind mich nicht doch manipulieren?" "Wird es je anders werden?"
Da es nicht nur jede Menge Menschen gibt, die der Meinung sind, dass ein Kind möglichst früh lernen muss "was Sache ist", sondern auch Bücher, die ein Kind vom ersten Lebenstag an als Wesen hinstellen, das nur darauf aus ist, mit den Eltern und ihren Bedürfnissen in Konflikt zu treten, ist es nur zu verständlich, dass sich alle Eltern, die nicht diesem Strom folgen, sondern einen anderen Weg im Umgang mit ihren Kindern suchen, in Zeiten besonderer Erschöpfung oder einfach dann, wenn auch noch andere Dinge das Nervenkostüm sehr dünn werden lassen, nachdenklich werden: ist unser Weg wirklich gut oder ziehe ich mir einen Tyrannen heran?
Als dreifache Mutter von ebenfalls keineswegs immer "pflegeleichten" Kindern, kenne ich diese Gedanken nur zu gut. Doch inzwischen, wo mein ältester Sohn bereits ein junger Erwachsener ist, bin ich froh, nie auf die "andere Seite" übergelaufen zu sein. Ich bin überzeugt, dass der Weg, das Kind zu achten und auf seine Bedürfnisse einzugehen, richtig ist und das nicht nur, wenn ich mir meinen Großen anschaue (und mal wieder froh bin, dass er ungefragt dafür sorgt, dass die Blumen, die ich vergessen habe, gegossen werden, dass er den Streit zwischen den Kleineren schlichtet, ihnen etwas zu essen macht, weil Mutter am PC sitzt und unzählige Stillberatungen schreibt oder plötzlich mit einer Tasse Kaffee neben mir steht, weil "Du ihn jetzt sicher brauchen kannst"), sondern auch wenn ich andere Kinder und Jugendliche erlebe, die in ähnlicher Weise erzogen wurden und ebenfalls fröhliche und in sich ruhende Menschen sind.
Sicher gibt es auch in unserer Familie Konflikte und auch unser Sohn hatte Pubertätskrisen, doch bis jetzt konnte ich immer auf ein festes Fundament unserer Beziehung vertrauen, das uns durch alle Krisen getragen hat und von dem ich mir wünsche, dass es weiter bestehen wird, auch wenn alle meine Kinder erwachsen sind.
Ich schreibe das jetzt deshalb so detailliert, weil es mir ungemein geholfen hat, die älteren Kinder und Jugendlichen in den Familien von anderen LLL Stillberaterinnen zu erleben, als ich das Gefühl hatte, dass meine Kinder mich zuviel fordern und ich jetzt endlich auch mal wieder jede Nacht oder zumindest jede zweite schlafen will.
Die Art, wie ein 16jähriger bei einem LLL Regionaltreffen liebevoll ein völlig außer sich geratenes kleines Geschwisterkind in den Arm nahm und beruhigte, werde ich nie vergessen, obwohl es schon Jahre her ist. Für mich, war es damals ein ungeheures Erlebnis, einen Teenager zu sehen, für den es selbstverständlich war, so einen Umgang mit seinen kleinen Geschwistern zu pflegen und heute höre ich manchmal von anderen Müttern "toll, wie euer Großer das macht".
Auch hat es mir enorm geholfen, zu sehen, dass die Mütter von diesen Kindern keineswegs total aufgearbeitet und verbraucht aussehen, im Gegenteil.
Es ist schwer, müde zu sein und jede Nacht x Male aufzuwachen, weil das Kind mich braucht und ich hätte zeitweise sehr viel dafür gegeben nur einmal einfach weiterschlafen zu können und am nächsten Tag nicht vor einem Berg unerledigter (Haus)Arbeit zu stehen. Doch es hat sich gelohnt, den Haushalt zurückzuschrauben, mir Nischen zu suchen, in denen ich auftanken konnte (sowohl körperlich als auch emotional) und zu akzeptieren, dass meine Kinder keine kleinen Roboter sind, die auf das Durchschlafen (o.a.) "programmiert" werden können.
Überlege dir einmal zu einem Stillgruppentreffen zu gehen und tausch dich dort mit den anderen Müttern aus. Vielleicht hast Du sogar das Glück so wie ich vor Jahren dass Du dort Mütter oder eine Stillberaterin kennen lernst, die bereits ältere Kinder haben und Du kannst miterleben, dass es sich lohnt noch etwas durchzuhalten.
Ich möchte dir zu diesem Thema auch noch ein ganz neues, wunderbares Buch empfehlen von Sibylle Lüpold: "Ich will bei euch schlafen - Ruhige Nächte für Eltern und Kinder." Du bekommst es im Buchhandel und auch hier im Still-Shop.
LLLiebe Grüße,
Biggi
von
Biggi Welter
am 12.08.2009