9 Monate altes Kind isst nicht

 Kristina Wrede Frage an Kristina Wrede Stillberaterin

Frage: 9 Monate altes Kind isst nicht

Hallo, ich weiß, dass dieses Thema schon unzählige Male aufgegriffen wurde, aber ich bin momentan so verzweifelt, dass ich auch nochmal darüber schreiben will. Mein Sohn ist jetzt gut 9 Monate alt. Ich habe ihn die ersten 6 Monate ausschließlich gestillt. --- Und eigentlich stille ich ihn immernoch voll. Nach 6 Monaten habe ich (ganz locker und ohne Druck) versucht Beikost einzuführen. Bis jetzt ohne Erfolg! Brei lehnt der Kleine völlig ab. Es gab in den letzten 3 Monaten vielleicht 2 Tage an denen er ca 4 Löffelchen Brei gegessen hat. Ich habe wirklich alles versucht! -- feste Essenszeiten -- variable Essenszeiten -- Brei gefüttert -- Brei selber mit dem Löffel essen lassen -- Fingerfoot (ob Obst oder Gemüse) -- steng -- locker -- mit dem Essen spielen lassen --- oder auch gar nicht die Schüssel brühren lassen. -- Brot -- Kekse....... Also ich habe wirklich alle Varianten ausprobiert. Er isst nicht! Sonst entwickelt er sich wirklich prima. (Er nimmt alles sofort in den Mund, wenn es sich nicht um Essen handelt) Mittlerweile ist es schon so schlimm, dass er würgt wenn er nur den Löffel sieht. Ich bin krank geworden und es stehen mehrere Untersuchungen an nach denen ich jeweils 2 Tage nicht mehr stillen darf. Nur mein Sohn nimmt noch nicht einmal abgepumpte Milch aus der Flasche oder dem Becher etc. Wie bewegt man ein Kind mit dem Essen zu starten? Vielen Dank und viele Grüße

von Eraypasa am 03.05.2013, 20:42



Antwort auf: 9 Monate altes Kind isst nicht

Liebe Eraypasa, was genau bringt dich denn zum Verzweifeln? Geht es deinem Kind denn schlecht, körperlich gesehen? Hungert er, hat er stark abgenommen, ist er entwicklungsverzögert? Oder entspricht er nur einfach nicht den Vorgaben, die in einem Buch oder Ratgeber stehen? Es gibt da auch andere... Zum Beispiel das Buch "Mein Kind will nicht essen" vom spanischen Kinderarzt Carlos Gonzalez (das bekommst du überall im Buchhandel). Dr. Gonzales hat eine Aufstellung gemacht, wie viel Muttermilch (MM) ein Baby im Alter zwischen neun und zwölf Monaten benötigt, um den empfohlenen Bedarf an verschiedenen Nährstoffen zu decken: Energie: 830 kcal = 1185 ml MM Eiweiß: 9,6 g = 910 ml MM Vitamin A: 350 µg = 700 ml MM Vitamin B: 0,4 µg = 412 ml MM Vitamin C: 25 mg = 625 ml MM Diese Angaben zeigen, dass Muttermilch den Bedarf des Kindes an vielen Nährstoffen lange zu decken vermag und nicht unbedingt Eile geboten ist, das Kind zum Essen zu zwingen. Ich hänge euch unten noch eine Zusammenfassung eines Vortrages von Carlos Gonzalez an... Übrigens: Selbst voll gestillte Einjährige sind nicht die ganz große Seltenheit und es gibt vereinzelte Berichte über Kinder, die sogar noch weit ins zweite Lebensjahr hinein ausschließlich gestillt wurden und dabei gut gediehen sind und sich altersentsprechend entwickelt haben. Ein Kind, das lange jegliche feste Nahrung verweigert, kann aber wohl kaum zum Essen gezwungen werden, denn was macht ein Mensch, den man mit Gewalt dazu zwingen will, etwas zu tun? Er blockiert oder zerbricht. Beides ist nicht wünschenswert, schon gar nicht in der Eltern-Kind-Beziehung. Druck und Zwang sind nicht geeignet, um ein Kind zum Essen zu bringen. Im Gegenteil: je mehr Druck, je mehr Kampf es gibt, umso schwieriger wird die Situation und zum Schluss gibt es in diesem Kampf ums Essen nur Verlierer. Verweigert ein Kind allerdings DEUTLICH länger jegliche Beikost, ist es sicher nicht verkehrt, das Kind genauer anzuschauen und eventuell auch die Eisen- und Zinkwerte zu kontrollieren. Es kommt zwar eher selten vor, doch manchmal liegt die Essensverweigerung der Kinder gerade an einem Mangel dieser Spurenelemente und dieser Mangel verschärft sich dann noch weiter, wenn das Kind nicht isst. Lieben Gruß, Kristina Hier ist die Zusammenfassung: Mein Kind will nicht essen Vortrag von Dr. Carlos Gonzales auf der LLL Europa Konferenz 2000 in Nottingham zusammengefasst von Denise Both, IBCLC Dr. Carlos Gonzales ist Kinderarzt in Barcelona. In den letzten zwölf Jahren hat er Vorträge bei zahlreichen La Leche Liga Konferenzen gehalten. Er gründete ACPAM (eine katalanische Stillorganisation), organisiert Stillkurse für medizinisches Fachpersonal in ganz Spanien, übersetzte Veröffentlichungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ins spanische und ist Mitglied des Medizinischen Beirates von LLLInternational. Dr. Gonzales ist Vater von drei gestillten Kindern. 1999 hat Dr. Gonzales sein Buch "Mi nino no me come" (Mein Kind will nicht essen) veröffentlicht und mit diesem Thema beschäftigte sich auch sein Vortrag in Nottingham. "Mein Kind isst nicht(s)" das ist einer der Sätze, mit denen Kinderärzte fast täglich in ihrer Praxis konfrontiert werden. Besorgte Mütter berichten entsetzt, wie wenig ihre Kinder essen und schildern mit welchen Tricks sie versuchen, Nahrung in ihr Baby oder Kleinkind hineinzuzwingen. Der Kampf ums Essen spielt sich täglich ab und letztlich gibt es nur Verlierer. Dr. Gonzales erklärte in seinem Vortrag, dass er nun nicht ein Patentrezept liefern mag, mit dem erreicht wird, dass das Kind isst, sondern er will erklären, warum das Kind nicht isst. Zunächst einmal gibt es drei Gründe, warum ein Kind nicht isst: es gibt nichts zu essen, das Kind hat keinen Hunger oder das Kind ist krank. Der erste Grund ist in unserer Gesellschaft meist auszuschliessen. Ein gesundes Kind isst in der Regel wenn es hungrig ist, allerdings nicht immer das, was die Mutter möchte und schon gar nicht so viel wie es nach den Vorstellungen der Mutter essen müsste. Verwunderlich ist dabei, dass die Kinder noch nicht verhungert sind, obwohl sie laut Aussage der Mütter "nichts" essen. Gestillte Babys lehnen oft feste Nahrung über einen langen Zeitraum ab, nicht selten bis zum Alter von acht Monaten oder gar einem Jahr. Die Mutter verzweifelt und das Kind leidet, weil ständig versucht wird, es zum Essen zu überreden oder gar zu zwingen. Wie kommt es nun dazu, dass (anscheinend) immer mehr Kinder die Nahrungsaufnahme verweigern? Und ist es notwendig ein Kind zum Essen zu zwingen? Dr. Gonzales vergleicht, wie sich die Empfehlungen, wann das Baby feste Nahrung erhalten beziehungsweise wie lange es ausschliesslich gestillt werden sollte, im Verlaufe der letzten 100 Jahre verändert haben. Dann hat er das "Phänomen" der nicht essenden Kinder sowie die Sorge der Mütter, dass Ihre Kinder nicht essen, anhand der diesbezüglich in Kinderpflegebüchern auftretenden Ratschläge beleuchtet und einen erstaunlichen (oder vielleicht doch nicht erstaunlichen) Zusammenhang gefunden: Anfang des 20. Jahrhunderts wurde in spanischen Büchern zur Säuglingspflege eine Zeit von zwölf Monaten mit ausschliesslicher Muttermilchernährung empfohlen. Gleichzeitig findet sich nirgends ein Hinweis in diesen Büchern, wie mit einem Kind zu verfahren sei, das nicht essen will. Je weiter das Jahrhundert fortschreitet, um so jünger sollen die Kinder laut den Empfehlungen der diesbezüglichen Bücher sein und: um so mehr Ratschlage gibt es, was mit einem Kind zu tun sei, das nicht essen will. Wird zu Beginn der dreissiger Jahre noch nur ganz kurz auf dieses Thema eingegangen, so sind 30 Jahre später schon seitenweise Abhandlungen zu finden, was mit einem die Beikost (im Alter von drei bis sechs Monaten) verweigernden Kind zu tun sei und die Seitenzahlen zu diesem Thema werden von Jahr zu Jahr mehr. Wie viel Nahrung braucht ein Kind? Der Nahrungsbedarf eines Kindes hängt ab von seiner Körpergrösse, seiner Aktivität und vom Wachstum des Kindes. Allerdings ist es nicht so, dass das Kind wächst, wenn es isst, sondern umgekehrt, das Kind isst, wenn es wächst. Der Nahrungsbedarf des Kindes lässt sich daher nicht pauschal bestimmen. Am ehesten gelingt dies, wenn das Kind sich in einer Wachstumsphase befindet, dann lässt sich eine Relation zwischen Gewicht des Kindes und erforderlicher Nahrungsmenge herstellen. Ein Kind im Alter zwischen einem und vier Jahren benötigt etwa 1000 bis 1100 kcal pro Tag (das entspricht etwa 102 kcal pro Tag und kg Körpergewicht). Nun gibt Dr. Gonzales an, was ein "nicht essendes Kind" täglich nebenbei zu sich nimmt: 1/2 l Milch (335 kcal), einen Becher Joghurt mit Früchten (141 kcal), einen Schokoriegel (275 kcal) und 150 ml Apfelsaft (85 kcal). Zusammen ergibt das bereits eine Kalorienaufnahme von 836 kcal. Wie soll das Kind dann noch zwei komplette weitere Mahlzeiten essen können, wenn es seinen Kalorienbedarf bereits zu gut 80 Prozent quasi "nebenbei" gedeckt hat? Wie lange kann ein Baby ausschliesslich mit Muttermilch ernährt werden? Die derzeit verbreiteste Empfehlung lautet, dass ein Baby mit sechs Monaten zusätzliche Beikost ergänzend zur Muttermilch benötigt. Nun gibt es aber bekanntermassen viele gestillte Kinder, die zu diesem Zeitpunkt noch keine Beikost akzeptieren. Dr. Gonzales hat deshalb eine Aufstellung gemacht, wie viel Muttermilch (MM) ein Baby im Alter zwischen neun und zwölf Monaten benötigt, um den empfohlenen Bedarf an verschiedenen Nährstoffen zu decken: Energie: 830 kcal = 1185 ml MM Eiweiss: 9,6 g = 910 ml MM Vitamin A: 350 µg = 700 ml MM Vitamin B: 0,4 µg = 412 ml MM Vitamin C: 25 mg = 625 ml MM Diese Angaben zeigen, dass Muttermilch den Bedarf des Kindes an vielen Nährstoffen lange zu decken vermag und nicht unbedingt Eile geboten ist, das Kind zum Essen zu zwingen. Ohnehin sind die Empfehlungen dazu, wie viel ein Baby benötigt meist zu hoch. Die Empfehlungen beruhen beispielsweise darauf, dass untersucht wird, welche Mengen gesunde, reif geborene Babys im Durchschnitt essen. Daraus werden Richtwerte berechnet, die sich immer an den Höchstmengen orientieren und zusätzlich noch Sicherheitszuschläge enthalten. Babys benötigen auch weniger Eisen, als meist angegeben wird. Dabei lässt sich beobachten, dass die meisten Kinder instinktiv das essen, was bei einem Mehrbedarf an Eisen sinnvoll ist. Babys sind Skeptiker, wenn sie neue Lebensmittel essen sollen. Dieses Misstrauen ist ein Schutzmechanismus, der das Kind davor bewahren soll, etwas zu essen, was ihm nicht bekommt. Bevorzugt isst ein Baby das, was auch seine Mutter isst, denn dieser Geschmack ist ihm durch die Muttermilch vertraut. Es ist deshalb nicht erstaunlich, dass ein Baby gekochte Karotten ablehnt, wenn die Mutter nie gekochte Karotten isst. Die meisten Babys mögen kein Gemüse, aber sie essen gerne Bananen, Nudeln und Süssigkeiten. Ein Vergleich der Kaloriendichte ergibt, dass Babys Nahrungsmittel mit einer grösseren Kaloriendichte bevorzugen und Muttermilch liefert mehr Kalorien als Gemüse und die meisten Nahrungsmittel, aus denen Mahlzeiten für Babys hergestellt werden. Um die gleiche Menge an Kalorien, wie sie in 100 ml Muttermilch enthalten sind, durch den Verzehr von Karotten aufzunehmen, müsste das Kind fast 400 g gekochte Karotten essen! Daraus lässt sich ein Zusammenhang zwischen Unterernährung und Nicht Stillen erklären: da der Magen des Babys klein ist, benötigt es hochkalorische Kost. Gemüse kann nicht in so grossen Mengen gegessen werden, wie es notwendig wäre, um das Kind mit genügend Kalorien zu versorgen. Laut Dr. Gonzales weiss das Kind ganz genau, was und wann es essen muss. Deshalb lautete sein Schlusssatz, den er den Zuhörern mit nach Hause gab: Zwingen Sie ein Kind niemals zum Essen. NIEMALS!

von Kristina Wrede am 03.05.2013



Antwort auf: 9 Monate altes Kind isst nicht

Lass ihm Zeit! Das gleiche habe ich auch hinter mir. Mein Kleiner ist Sonntag 1 Jahr alt geworden und fängt seitdem an zu essen. Allerdings sehr sehr wenig! Ich stille ihn also auch noch voll. Er entwickelt sich super. Von daher habe ich mir keine Gedanken gemacht. Er hat auch die Flasche und Schnuller verweigert. Ist eben ein ganz starkes Brust-Kind! :-)

von MamaundMini86 am 04.05.2013, 20:38



Antwort auf: 9 Monate altes Kind isst nicht

Liebe Eraypasa, ich schließe mich an. Lass Dein Kind stillen, lass ihm Zeit, dränge ihn nicht. Das Buch von Gonzalez kann ich auch sehr empfehlen. Es nimmt einem wirklich den Druck da raus. Auch empfehlenswert, falls Du Englisch liest ist Jill Rapley: "Baby-led Weaning". Wird aktuell übersetzt, gibts aber noch nicht zu kaufen auf Deutsch. Unser Kind hat zwar früh viel gegessen, aber eher als Spiel (immer Fingerfood, weich gekocht, in Pommesform), ab ca. 10 Monaten hörte das auf, und unsere Tochter aß fast nichts mehr, stillte aber ewig viel weiter. Erst mit ca. 15 1/2 nahm sie das Essen wieder auf, und nun (mit 18 Monaten) isst sie quasi alles und oft viel. Die Kinder wissen, was sie brauchen und nehmen es sich, wenn es an der Zeit ist. Dein Kind entwickelt sich gut. Das ist der Maßstab. Nicht verzweifeln, vertrau Deinem Kleinen und nimm den Druck aus dem Essen. Es ist für einen Neunmonatigen wirklich noch nicht wichtig. Alles Gute! Sileick

Mitglied inaktiv - 05.05.2013, 22:42