Guten Tag Herr Dr. Bluni,
ich habe eine Frage zum Thema CMV. Ich möchte gerne bald schwanger werden.
Nun haben wir erfahren, dass mein kleiner Neffe das CMV ausscheidet (ehemaliges Frühchen, wurde getestet da seine Mutter CMV positiv war und er sich wohl über die Muttermilch angesteckt hat nachdem diese nach der 36.SSW nicht mehr pasteurisiert wurde). Ich habe recht viel und engen Kontakt zu ihm, d.h. ich wickle ihn zB. auch.
Ob ich selbst CMV positiv bin weiß ich nicht, in meiner ersten SS wurde es nicht getestet. Wann die Infektion meines Neffen war weiß man nicht, es muss aber in den letzten drei Monaten gewesen sein weil er bei seiner Entlassung aus der Klinik noch nicht positiv war.
Nun bin ich sehr unsicher ob es überhaupt gut wäre bald schwanger zu werden? Ist es möglich, dass ich mich angesteckt habe aber die Infektion erst in ein paar Wochen durchkommt und ich dann womöglich schon schwanger bin?
Was würden Sie jetzt machen? Mich schon vorab testen lassen?
Vielen Dank!
von
JohannaK
am 19.02.2011, 10:55
Antwort auf:
Wie Vorgehen bei CMV- Ansteckungsgefahr?
Hallo,
1. Ihre eigene Immunität können Sie bei Ihre Frauenärztin/Frauenarzt testen lassen.
2. bei fehlender Immunität gilt ganz klar: jeglichen engen Kontakt zu dem Kind meiden.
3. Wer ist durch eine Ansteckung besonders gefährdet?
Seronegative werdende Mütter und Väter mit engem Kontakt zu Kleinkindern und diejenigen seronegativen werdenden Mütter, die in Einrichtungen wie Kindertagesstätten, Kindergärten, Grundschulen oder im Gesundheitswesen überwiegend mit Kleinkindern/Säuglingen (jünger als 3 Jahre) zu tun haben (z.B. Kinderarztpraxis, Kinderstation, etc.)
Übertragungsweg
Überwiegend Schmierinfektion über CMV-ausscheidende Kleinkinder (Urin und Speichel). Bei Frauen zwischen 14-20 Jahren auch über Sexualkontakt.
Infektionsrisiko
im Fall einer Primärinfektion mit dem Cytomegalievirus der Mutter im 1. Schwangerschaftsdrittel wird mit einer Infektionsrate beim Kind von 10 bis 20% gerechnet. Wenn das Kind infiziert ist, beträgt das Schädigungsrisiko 10%. (Collinet, A. et al.)
Die perinatal (unter der Geburt) oder beim Stillen entstandenen neonatalen Infektionen verlaufen in der Regel asymptomatisch und verursachen keine bleibenden Schäden.
Nur etwa 1% der Neugeborenen von seropositiven Müttern sind nach mütterlicher Reinfektion in der Schwangerschaft kongenital infiziert. Davon sind jedoch nur wenige Kinder symptomatisch. (Fowler et al., 1992). Wenn das Risiko auch deutlich geringer ist, so kann es vorkommen, dass auch Neugeborene nach Reinfektionen der Mutter mit dem Virus symptomatisch werden, z.B. mit Beteiligung des Zentralnervensystems und entsprechend erkranken (Ahlfors et al., 1999; Boppana et al., 1999; Morris et al., 1994).
Präventionsmaßnahmen für Risikogruppen
In diversen Publikationen und Untersuchungen haben sich die prophylaktischen Maßnahmen für risikogefährdete Schwangere als sehr effektiv erwiesen, die Infektionshäufigkeiten der seronegativen Mütter und damit etwaige Folge bei den Kindern zu verhindern.
„Um hier aber gerade für die schwangeren Frauen, die selbst Säuglinge und Kleinkinder (jünger als drei Jahre) im Haushalt haben, die Verhältnismäßigkeit zu wahren, kann man sich an die Empfehlungen von Frau Professor Gisela Enders aus dem Labor Enders in Stuttgart sehr gut orientieren:
Für seronegative Schwangere, die in Einrichtungen wie Kindertagesstätten, Kindergärten, Grundschulen oder im Gesundheitswesen (z.B. Kinderarztpraxis, Kinderstation, etc.) überwiegend mit Kleinkindern/ Säuglingen unter drei Jahren beschäftigt sind, gelten besondere gesetzliche Vorgaben, die auch eine eventuelle Freistellung für die gesamte Schwangerschaftsdauer beinhalten kann, da bei diesen Frauen die Infektionsinzidenz relativ hoch ist.
Wichtigste Maßnahme ist danach das Waschen der Hände mit Seife für etwa eine halbe Minute mit warmem Wasser. Dieses gerade nach dem Wechsel von Windeln oder der Hilfe beim Toilettengang der Kinder.
Gleiches sollte erfolgen beim oder nach dem Umgang mit Gegenständen, die speichelbesetzt sein könnten, dem Putzen der Nase, der Tränen oder Speichel, Verabreichung von Nahrung oder Baden des Kindes.
Alternativ können z.B. beim Windelwechseln oder der Hilfe zum Toilettengang Einmalhandschuhe getragen werden.
Schwangere Mütter sollten in engem Kontakt zu den Kleinkindern das Berühren des eigenen Mundes, der Nase oder der Augen mit ungewaschenen Händen vermeiden. Sie sollten direkte Küsse auf den Mund und die gemeinsame Benutzung von Besteck/Trinkgefäßen vermeiden und keine Essensreste der Kinder zu sich nehmen.
Ebenfalls nicht gemeinsam benutzt werden sollten Zahnbürsten, Waschlappen und Handtücher.“
Quellen:
Adler SP. Cytomegalovirus and child day-care: risk factors for l maternal infection. Pediatr Infect Dis J 1991;10:590-4.
Adler SP, Starr SE, Plotkin SA, et al. Immunity induced by primary human cytomegalovirus infection protects against r secondary infection among women of childbearing age, J, Infect Dis 1995;171:26-32
Adler S, Finney J, Manganello A, Best RN and AL. Prevention of child-to-mother transmission of cytomegalovirus by changing behaviors: a randomized controlled trial. Pediatr Infect Dis J. 1996;15:240-6
Adler S, Finney J, Manganello A, Best RN and AL. Prevention of child-to-mother transmission of cytomegalovirus among pregnant women. The Journal of Pediatrics. 2004; 145:485-91
Ahlfors K, Ivarsson SA, Harris S. Report on a long-term study of maternal and congenital cytomegalovirus infection in Sweden. Review of prospective studies available in the literature. Scan J Infect Dis 1999; 31:443-457.
Boppana SB, Fowler KB, Britt WJ, Stagno S, Pass RF. Symptomatic congenital cytomegalovirus infection in infants born to mothers with preexisting immunity to cytomegalovirus. Pediatrics 1999; 104:55-60.
Cannon M.J. & Davis K.F. (2005) Washing our hands of the con- t genital cytomegalovirus disease epidemic. BMC Public Health | 5(70), 1-8.
http://www.cdc.gov/cmv/pregnancy.htm (Centers for Disease Control and Prevention [CDC] (2006) Cytomegalovirus (CMV). April 2006., Letzter Abruf: 7.1.2011
Collinet, A. et al.: Routine CMV screening during pregnancy.: Eur J Obstet Gynecol Reprod Biol. 2004; 114: 3 ff.
Enders G., Metke G., Heizmann W.R. et al., Persönliche Mitteilungen, 1995
Fowler KB, Stagno S, Pass RF, Britt WJ, Boll TJ, Alford CA. The outcome of congenital cytomegalovirus infection in relation to maternal antibody status. N Engl J Med 1992; 326:663-667.
Harvey J, Dennis CL. Hygiene interventions for prevention of cytomegalovirus infection among childbearing women: systematic review. J Adv Nurs. 2008 Sep; 63(5):440-50.
Info-Nr.: 11d Dez. 2010: „Zum Infektionsrisiko mit Cytomegalovirus (CMV) für seronegative Frauen kurz vor bzw. in Schwangerschaft und Möglichkeiten der Prophylaxe“, LABOR ENDERS:Prof. Gisela Enders & Partner, Partnerschaftsgesellschaft, Rosenbergstraße 85, 70193 Stuttgart, www.labor-enders.de
Morris DJ, Sims D, Chiswick M, Das VK, Newton VE. Symptomatic congenital cytomegalovirus infection after maternal recurrent infection. Pediatr Infect Dis J 1994; 13:61-64.
Varga, M.; Remport, Á.; et,al., Comparing cytomegalovirus prophylaxis in renal transplantation: single center experience, Transplant Infectious Disease, Volume 7, Issue 2, pages 63–67, June 2005
Vauloup-Fellous C, Picone O, Cordier AG, Parent-du-Chätelet l, Senat MV, Frydman R, Grangeot-Keros L.: Does hygiene counseling have an impact on the rate of CMV primary infection during pregnancy? Results of a 3-year prospective study in a French hospital. J Clin Virol. 2009; Oct 5.
von
Dr. med. Vincenzo Bluni
am 19.02.2011