Hl. Hr. dr. bluni,
ich habe schonmal zu diesem thema geschrieben ob denn eine erneute schwangerschaft nach 3 komplikations-geburten nochmal sinnvoll wäre und wie diese aussehen mag.
hier nochmal mein text von damals
mein erster hatte über 4000 gramm und einen kopfumfang von 38,5 cm. er ging 14 tage über ET und musste eingeleitet werden. die geburt war sehr schwierig und dazu kam, dass mein Fruchtwasser total dick und grün war.
bei der zweiten dasselbe...fruchtwasser grün und dick.
heute sind beide 5 und 6 jahre alt und gottseidank gesund.
nun habe ich vor 10 tagen mein drittes kind geboren. ich bin ins krankenhaus wegen starken blutungen und der kleine kam dann spontan 35+3 auf die welt. trotz 2820g, 43cm KU und 50 cm länge kam er auf die frühchenstation. die blutungen wurden auf einen zu tief sitzenden mutterkuchen zurückgeführt.
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heute ist der kleine 9 monate alt und der damalige tiefsitzende mutterkuchen wurde als vorzeitige teilweise plazentalösung erklärt.
nun bin ich wieder in der 17. woche mit unserem 4. kind schwanger. die schwangerschaft wurde als risikoschwangerschaft eingestuft und leider liegt laut arzt mein mutterkuchen wieder sehr tief und nicht optimal. am ultraschall kann man direkt unterhalb der fruchthöhle immer schwarze flecken ausmachen die laut meinem arzt wohl blut wären. blutungen hatte ich bis jetzt aber noch nicht.
ich habe drei kinder und mit schonen wird es wohl nicht wirklich was während dieser schwangerschaft. muss ich denn wieder davon ausgehen, dass das 4. kind nun auch früher kommen wird? ist die gefahr erhöht wieder butungen zu bekommen oder wieder eine vorzeitige plazentaablösung zu haben?
beim nächsten termin werde ich nun auf ss-diabetes getestet...was gibt es sonst noch für maßnahmen die ich machen sollte oder an die ich mich halten sollte?
sorry für den langen text, ich dachte beim 4. kind wird man cooler, dabei werden diesorgen immer größer :)
danke für ihre antwort...
lg
hevi
Mitglied inaktiv - 20.02.2009, 13:52
Antwort auf:
risikoschwangerschaft
Hallo,
1. 1. wir unterscheiden zwischen einer nur tief und nahe am Muttermund sitzenden Plazenta und derjenigen, die komplett über dem inneren Muttermund sitzt.
Tief oder nahe am inneren Muttermund sitzend hieße, die Plazenta sitzt nahe am inneren Muttermund; liegt aber nicht komplett davor, was einer Plazenta praevia entsprechen würde.
Dieses kann man manchmal im Ultraschall nicht direkt erkennen, wenn sie nur randständig ist.
Wenn es auch in dieser Situation mal bei Anstrengung oder Verkehr aus Randgefäßen bluten kann, so zeigt die Erfahrung, dass die zu einem so frühen Schwangerschaftszeitpunkt randständige Plazenta häufig mit weiterem Alter der Schwangerschaft nach oben wandert; weg vom inneren Muttermund.
Sofern die Frau nicht blutet, sollte sie beruhigt sein und sich an die Empfehlungen des behandelnden Frauenarztes oder Frauenärztin halten. Welche Empfehlungen hinsichtlich Arbeit und Belastung ausgesprochen werden sollten, ist am besten im Einzelfall; auch abhängig von Blutungen zu entscheiden.
Die Plazenta praevia kommt in ca.1 von 200 Schwangerschaften vor, aber nur in 20 Prozent dieser Fälle liegt sie komplett vor dem Muttermund.
In diesem Fall bestehen geringe Chancen, dass hier eine Änderung der Lage im weiteren Verlauf der Schwangerschaft eintritt.
In meinen Unterlagen kann ich keine statistischen Angaben über die Wahrscheinlichkeit einer Blutung finden, jedoch ist diese Risiko bei einer Plazenta praevia totalis entsprechend hoch. Die Ursache für eine Blutung ist entweder die Lösung des Mutterkuchens von seiner Unterlage, Eine Entzündung der Plazenta oder die Ruptur von plazentaren Gefäßen.
2. Untersuchungen zeigen, dass eine nur tiefsitzende Plazenta in den allermeisten Fällen im weiteren Verlauf nach oben rückt. Bei komplett vor dem Muttermund liegender Plazenta sind die Chancen deutlich geringer. Dieses ist in nur 20 Prozent der Fall
In Anlehnung an das amerikanische Lehrbuch zur Geburtshilfe von Williams, geht eine vor der 20. SSW diagnostizierte Plazenta praevia mit einer Wahrscheinlichkeit von 2,3 Prozent hinsichtlich Blutungen unter der Geburt einher. Je weiter man in der Schwangerschaft und der Diagnose einer Plazenta praevia kommt, umso größer wird die Wahrscheinlichkeit.
Darüber hinaus sind die Chancen auf ein sich nach oben Bewegen der Plazenta um so größer, je weiter sie sich vom inneren Muttermund befindet.
2. die Häufigkeit der vorzeitigen Lösung der normal angelegten Plazenta(=Abruptio placentae) wird in der Literatur zwischen 0,3 bis 1% angegeben. In der bayerischen Perinatalerhebung von 1996 betrug sie 0,5%. Sie ist eine gefährliche Komplikation sowohl für die Mutter als
auch für das Kind.
Ihre Ursache besteht am häufigsten in Gefäßveränderungen im Bereich der Insertionsstelle der Plazenta (Mutterkuchen), die im Rahmen einer EPH-Gestose auftreten. Im Bereich der Spiralarterien kommt es zur Gefäßruptur mit Bildung eines retroplazentaren Hämatoms (Bluterguss hinter dem Mutterkuchen).
Wichtig in dem Zusammenhang ist der schon in den 80iger Jahren beschriebene Zusammenhang, dass Raucherinnen ein höheres Risiko für eine nicht reguläre Anlage der Plazenta (Plazenta praevia) haben und wenn Frauen mit dem Rauchen aufhören, haben sie ein um 23% niedrigeres Risiko für eine vorzeitige Plazentalösung und ein um über 30% niedrigeres Risiko für eine Plazenta praevia.
Das Wiederholungsrisiko wird in der Literatur mit Werten zwischen 4,4 % und 12 % angegeben. Als assoziierte Risikofaktoren werden ein vorzeitiger Blasensprung, intrauerine Wachstumsretardierung (Wachstumsminderung) und ein schwangerschaftsbedingter hoher Blutdruck gesehen.
Für eine erneute Schwangerschaft ist es wichtig, dass die Betreuung bei einem Frauenarzt und eine Mitbetreuung und ENTBINDUNG in einer Frauenklinik geschieht. Die individuelle Betreuung und weitere Einzelheiten sollen Sie bitte mit Ihrem behandelnden Frauenarzt/ärztin besprechen.
3. eine Vorgeschichte mit vorzeitigen Wehen oder einer Frühgeburt bedeutet für eine neue Schwangerschaft, dass das Risiko für vorzeitige Wehen inklusive Frühgeburtlichkeit erhöht ist, wobei wir dieses zahlenmäßig nicht allgemein gültig benennen können.
Vor und in einer nachfolgenden Schwangerschaft ist deshalb die ausführliche Aufklärung und Information durch Ihre Frauenärztin/Frauenarzt über Ursachen, mögliche und sinnvolle Präventivmaßnahmen & Diagnostik umso wichtiger:
Dazu gehören die Ausschaltung von Risikofaktoren wie Rauchen und eine rechtzeitige Sanierung der Zähne beim Zahnarzt, da eine Zahnfleischentzündung oder Karies das Risiko für Frühgeburtlichkeit und ein Untergewicht bei den Kindern bekanntermaßen erhöhen. Diese Sanierung der Zähne wird am besten vor der Schwangerschaft durchgeführt. In der laufenden Schwangerschaft ist es ratsam, das genaue Vorgehen zwischen Ihrer Frauenärztin/Frauenarzt und Zahnärztin/Zahnarzt abzustimmen.
In der laufenden Schwangerschaft ist es dann sinnvoll, eine bakterielle Besiedlung der Scheide auszuschließen und dieses ggf. durch PH-Wert-Kontrollen zu ergänzen. Die prophylaktische Einnahme von Magnesium kann zur Beruhigung der Gebärmutter beitragen.
Um die 23. Schwangerschaftswoche kann das Ausmessen der Gebärmutterhalslänge im vaginalen Ultraschall Hinweise auf Frühgeburtsbestrebungen geben.
Stimmen Sie das für Sie sinnvollste Vorgehen rechtzeitig mit Ihrer Frauenärztin/Frauenarzt ab.
Unabhängig von den 3 genannten Dingen wird es in Ihrer persönlichen Situation nicht möglich sein, ein Gesamtrisiko zahlenmäßig zu benennen. Ich bin aber überzeugt, dass Ihre Frauenärztin/Frauenarzt zusammen mit Ihnen die Kontrolluntersuchungen individuell mit Ihnen abzustimmen.
VB
von
Dr. med. Vincenzo Bluni
am 20.02.2009