Hallo Doc Bluni,
ich bin Ende 7. SSW und gelte wohl als "Risikoschwanger".
Dazu hab ich "leider" gleich mehrere Fragen bzw. Sorgen oder würde einfach eine andere Meinung dazu hören.
Ich mit sehr untergewichtig (42 kg bei 1,59), leide an einer extremen Fructoseintoleranz (kaum Gemüse, kaum Obst und sehr wenig Zucker) und bin daher mangelernährt.
Ich versuche so gut es geht (bekomme starke Bauchschmerzen und teilweise Durchfall) Obst und Gemüse zu mir zu nehmen und nehme Femibion 800.
Ist die Zugabe von Femibion 800 metafolin hier ausreichend?Und würde man in diesem Fall nach der 12.SSW bei Femibion 800 bleiben oder auf 400 umsteigen?Oder könnten sie ein anderes Präparat empfehlen?
Zudem hatte ich während der Schwangerschaft meiner Tochter (2004- 3. Kind) immer wieder Blutungen (wie jetzt auch), zudem Kontraktionen ab der 12.SSW mit muttermundswirksamen Wehen ab der 20.SSW.
In der 23. SSW wurde mir aus diesem Grund eine Cerclage gelegt und ich bekam den Rest der Schwangerschaft Wehenhemmer.
Jetzt soll vorsorglich wieder eine Cerclage gelegt werden.
Die OP damals und die Behandlung im KH war der blanke Horror für mich, die Cerclage bereitete mir die gesamte Schwangerschaft Schmerzen ebenso war die Geburt, da der Muttermund aufgrund starker Vernarbungen der Cerclage nur 6-8 cm aufging, der Horror schlechthin und die kleine wurde per Kristeller (schreibt man das so)- Methode ins Leben "gepresst".
Alles in allem so schreckliche Erlebnisse für mich, zumal ich extreme Angst vor einer Fehlgeburt hatte- und jetzt wieder habe) dass ich schon den blanken Horror vor einer erneuten Cerclage habe.
Gibt es eine andere Möglichkeit eine Öffnung des Muttermundes zu stoppen bzw. das Risiko gering zu halten?
Meine Tochter kam, gegen jede Erwartung, nach lösen der Cerclage (34.SSW) auch "erst" in der 38.SSW nach Einleitung wegen bersorgniserregender Herztätigkeit.Sie kam im Endeffekt NICHT zu früh wegen vorzeitiger Muttermundsöffnung.
Ist es möglich dass Schonung und Wehenhemmer genauso viel Erfolg gehabt hätten??
Und wie hoch wird das Risiko einer Fehlgeburt bei/nach einer Cerclage eingeschätzt?
Tut mir Leid für den langen Text und vielen Dank für ihre Antwort!
GLG
Mitglied inaktiv - 20.06.2008, 17:00
Antwort auf:
Risikoschwanger- Cerclage und Untergewicht/Fructoseintoleranz?
Liebe Teyla,
1. bei einem solchen Untergewicht ist es sicher sehr wichtig, dass Sie sich - ggf unter Begleitung - ausreichend und nährstoffreich ernähren.
Was die Frage nach einer Substitution von Nahrungsergänzungsstoffen & Vitaminen bei Kinderwunsch und in der Schwangerschaft angeht, so ist dieses für die sich normal ernährende und gesunde Mitteleuropäerin und Nordamerikanerin auf Folsäure und Jodid beschränkt.
Eine darüber hinausgehende Vitaminsubstitution ist nach bisheriger Datenlage nicht zwingend notwendig, auch, wenn es für einige Substanzen einen gewissen Nachholbedarf gibt.
Eine sinnvolle Substitution betrifft vor allem Folsäure, Jodid, Magnesium und/oder Eisen (bei nachgewiesenem Eisenmangel).
Für alle Frauen ohne Risiko (Patientin mit Epilepsiemedikamenten, Kindern mit einer Spina bifida oder ähnlicher Fehlbildung) werden 0,4 mg Folsäure/Tag empfohlen, ansonsten 5 mg/Tag.
Die Jodidsubstitution sollte in jedem Fall in der Stillzeit fortgesetzt werden.
2. eine Vorgeschichte mit vorzeitigen Wehen oder einer Frühgeburt bedeutet für eine neue Schwangerschaft, dass das Risiko für vorzeitige Wehen inklusive Frühgeburtlichkeit erhöht ist, wobei wir dieses zahlenmäßig nicht allgemein gültig benennen können.
Dazu gehören die Ausschaltung von Risikofaktoren wie Rauchen und eine rechtzeitige Sanierung der Zähne beim Zahnarzt, da eine Zahnfleischentzündung oder Karies das Risiko für Frühgeburtlichkeit und ein Untergewicht bei den Kindern bekanntermaßen erhöhen. Diese Sanierung der Zähne wird am besten vor der Schwangerschaft durchgeführt. In der laufenden Schwangerschaft ist es ratsam, das genaue Vorgehen zwischen Ihrer Frauenärztin/Frauenarzt und Zahnärztin/Zahnarzt abzustimmen.
In der laufenden Schwangerschaft ist es dann sinnvoll, eine bakterielle Besiedlung der Scheide auszuschließen und dieses ggf. durch PH-Wert-Kontrollen zu ergänzen. Die prophylaktische Einnahme von Magnesium kann zur Beruhigung der Gebärmutter beitragen.
Stimmen Sie das für Sie sinnvollste Vorgehen rechtzeitig mit Ihrer Frauenärztin/Frauenarzt ab.
3. zur Frage einer prophylaktischen Cerclage/Muttermundverschluss gibt es mittlerweile in der Fachwelt eine relativ einhellige Meinung:
Dank immer kritischerer Indikationsstellung ist die Cerclagefrequenz innerhalb weniger Jahre von fast 10 % auf 1-2% gesunken. Therapeutisch sind nur echte isthmocervicale Insuffizienzen (Gebärmutterhalsschwächen) eine Indikation.
Prophylaktische Cerclagen aus anamnestischer Indikation oder bei Mehrlingsschwangerschaften sind schon deshalb sehr kritisch zu betrachten, weil sie nicht zu einer Tragzeitverlängerung führen
Eine Zervixinsuffizienz (Gebärmutterhals-Schwäche) im klassischen Sinn ist ein sehr seltener Befund. Bei unsicherer Entscheidungsgrundlage zeigen Studienergebnisse keine eindeutigen Vorteile einer Cerclage gegenüber abwartendem Verhalten. Ob Schwangere mit ultrasonographischer Verkürzung des Gebärmutterhalses oder einer Öffnung des inneren Muttermundes von einer Cerclage profitieren,
lässt sich noch nicht abschließen beurteilen.
Als einzige Ausnahme verbleiben noch Schwangere mit mehrfachen Frühgeburten in der Anamnese. Bei der Diagnose einer Gebärmutterhalsschwäche ist neben der transvaginalen Sonographie mit ihrer Verkürzung und Eröffnung der Zervix unbedingt immer auch die Konsistenz der Portio durch Vaginalpalpation zu beurteilen.
Notfallcerclagen bei Cervixinsuffizienz mit Fruchtblasenprolaps sind nur bis zur 32. SSW indiziert. Gleichwohl ist das Komplikationsrisiko einer Cerclageoperation gering und besteht praktisch nur in minimalen Verlängerungen der Eröffnungsphase sowie einer leicht höheren Inzidenz von Zervixrissen. Frauenarzt 40, 5 (1999) 659
Insofern ist hier im individuellen Fall sicher das immer ausführliche Gespräch mit Ihrer Frauenärztin/Frauenarzt und der Frauenklinik (am besten ein Perinatalzentrum) im Vorfeld sinnvoll, inwiefern eine Cerclage zu Prophylaxe einer vorzeitigen Muttermundseröffnung im individuellen Fall geboten ist unter Abwägung des Für und Wider.
Dieses gilt auch für die Fragestellung, inwiefern eine prophylaktische Cerclage/Muttermundverschluss nach einer Infektion mit Fehlgeburt anzuraten ist.
4. die orale Gabe von Wehenhemmern hat bekannte Nebenwirkungen, wie Herzrasen und Unruhe und nicht nur deshalb, gilt die orale Wehenhemmung in der Fachwelt mittlerweile als obsolet. Sprich, sie sollte nicht angewandt werden und schon gar nicht rein prophylaktisch.
VB
von
Dr. med. Vincenzo Bluni
am 21.06.2008