Lieber Dr. Bluni,
ich bin am überlegen, ob ich im Geburtshaus oder in der Klinik entbinden soll (habe aber noch etwas Zeit, bin 27. SSW).
Ich weiß, dass ich die Entscheidung selber treffen muss, wollte aber trotzdem Ihren Rat bzw. Ihre Meinung.
Meinen Sohn habe ich vor 7 Jahren im Klinikum entbunden.
Negativ an einer Klinikgeburt finde ich, dass man sich so "massenabgefertigt" fühlt. Man lernt in der Zeit im Kreißsaal mehrere Hebammen kennen durch den Schichtwechsel. Wie ich bei meiner Entbindung feststellen musste, ist auch jede Hebamme anders motiviert. Außerdem habe ich mich im Bezug auf mein Neugeborenes Baby bevormundet gefühlt. Positiv finde ich an einer Klinikgeburt, dass man die Sicherheit hat, dass jederzeit Kinderärzte und auch Ärzte für die Mutti da sind im Notfall. Bei uns im Klinikum ist auch eine Kinderklinik.
Beim Geburtshaus finde ich die liebevolle Atmosphäre gut. Man entbindet in einem gemütlichen Zimmer. Während der Entbindung sind sogar 2 Hebammen an der Seite der Mutti. Es wird mit keinen Medikamenten gearbeitet, sondern bespielsweise mit homöopathischen Mittelchen. Das Baby hat man nach der Entbindung bei sich und wird nicht, wie im Klinikum, gleich gewogen, gemessen und kommt gleich ins Kinderzimmer ...
Das Geburtshaus ist ca. 5-8 Autominuten vom Klinikum entfernt. Die Hebamme aus dem Geburtshaus meinte, dass, wenn Komplikationen abzusehen sind, sie die Mutti´s ins Klinikum begleitet und dort entbinden lässt. Das ist ja auch o.k. Aber wie ist es, wenn mitten bei der Entbindung im Geburtshaus unvorhersehbar etwas ist. Man hört ja auch manchmal von Notkaiserschnitten. Wenn bei einer Entbindung im Geburtshaus ein solcher nötig wäre, würde man das doch nicht mehr rechtzeitig bis ins Klinikum schafffen, oder wie sehen Sie das ? Ich hoffe, dass sie mit Ihren fachlichen Ratschlägen zu einer Entscheidung beitragen können.
Liebe Grüße
Yvonne
Mitglied inaktiv - 14.01.2009, 08:48
Antwort auf:
Klinik oder Geburtshaus - ein etwas langer Beitrag :-)
Liebe Yvonne,
1. gegen eine ambulante Entbindung, z.B. in einem Geburtshaus, ist erst mal nichts einzuwenden, sofern medizinisch seitens der Schwangerschaft oder der Vorgeschichte der Schwangeren nichts dagegen spricht.
Es wird allerdings jeder Frauenärztin/Frauenarzt von erfahrenen Juristen empfohlen, die Frau eingehend darauf hinzuweisen, dass bei etwaigen Komplikationen, das Risiko sowohl für das Kind als auch für die Mutter höher sind, als in einer Geburtsklinik. Dieses ist dann auch zu dokumentieren.
Deshalb sollte auch die Hebamme sehr gewissenhaft die Frauen aussuchen, um das Risiko für Mutter und Kind zu minimieren.
Das klappt sicher auch in den meisten Fällen, aber leider hören wir (und nicht die Frauen oder die Presse) von Fällen und Verläufen, die so sicher nicht wünschenswert sind, gerade deshalb, weil eben unter anderem auch nicht wie in der Klinik innerhalb weniger Minuten (15-20) ein komplettes Team für eine Notsituation da ist, oder auch kurzfristiger der diensthabende Arzt/Ärztin.
Wichtig ist in dem Zusammenhang das offene und wertfreie, aber dennoch objektive Gespräch mit den Eltern. Dieses sollte auch auf die möglichen Risiken, soweit es geht, eingehen
Es sollte aber meines Erachtens die mittlerweile überwiegend positive und unkritische Berichterstattung zur Geburt im Geburtshaus oder Hausgeburt, die die "technisierte Entbindung unter der sterilen Klinikatmosphäre" als zunehmend überholt darstellt, ersetzt werden durch eine objektivere Form der Darstellung.
Es darf nicht vergessen werden, dass erstens das Klientel der so genannten Geburtshäuser vorselektiert ist, da Risikofrauen in die Klinik geschickt werden und somit die Ergebnisse zwangsläufig gut ausfallen müssen. Darüber hinaus sollte man bedenken, dass bekanntermaßen in einigen Fällen die Sorgfaltspflicht zumindest zu denken gibt.
2. aus meiner persönlichen Erfahrung heraus, die noch durch gelegentliche Anwesenheiten bei Geburten –auch in großen geburtshilflichen Abteilungen – gekennzeichnet ist, kann ich Ihre Ausführungen zur Klinikgeburt nicht bestätigen. In sehr vielen Fällen werden die Frauen eben auch in einer sehr persönlichen Atmosphäre betreut, Medikamente kommen nur bei Indikation oder Wunsch zum Einsatz und auch die geborenen Kinder bleiben zunächst für 1-2 Stunden bei der Mutter, ohne, dass sie umgehend gewogen und gemessen werden würden. Dass das Personal dann wechselt, lässt sich nur durch die Wahl einer Beleghebamme umgehen.
VB
von
Dr. med. Vincenzo Bluni
am 14.01.2009
Antwort auf:
Klinik oder Geburtshaus - ein etwas langer Beitrag :-)
Hallo!
Ich hätte noch eine 3. Option!
Eine Beleghebamme! Sie begleitet dich während der Schwangerschaft, der Geburt, anfangs zu Hause, dann in der Klinik, und auch danach, das heißt ein Schichtwechsel würde wegfallen, Homäophatische Mittelchen statt Medikamente könntest du mit ihr klären, so hättest du das private nicht Massenabgefertigte im Krankenhaus, aber trotzalledem die Sicherheit, das im Notfall alles schnell genug gehen könnte.
Ich hoffe ich habe dich nicht allzu durcheinander gebracht. Ich persönlich finde Geburtshäuser Klasse, hätte aber selber nicht den Mut, da meine 1. Geburt so ewig gedauert hat und sehr schmerzhaft war und ich beim 2. auf alle Fälle wieder eine PDA haben möchte und da fällt ja das Geburtshaus weg!
Wünsch dir alles Gute
Lg Gesa
Mitglied inaktiv - 14.01.2009, 12:13