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Kinderschutz - ein unlösbares Problem???

Thema: Kinderschutz - ein unlösbares Problem???

Ich eröffne die Diskussion in diesem Unterforum, weil ich weiß, dass es hier (mindestens 2) Betroffene gibt. Vor dem Hintergrund der schrecklichen Geschehnisse von Darry rufen ja jetzt alle nach einem verbesserten Kinderschutz. Aber gerade vor diesem Hintergrund sehe ICH es äußerst kritisch. Die Kinder waren ja nicht vernachlässigt/misshandelt. Soll denn wirklich jeder Psychotherapeut/Neurologe/Psychologe die Erkrankung einer Mutter dem Jugandamt melden???? Das halte ich für SEHR schwierig!! Trini

Mitglied inaktiv - 10.12.2007, 08:34



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Hallo! Ja, ich finde, dass man wenn psychische Störung eines Elternteils vorliegen, dass dem Jugendamt melden sollte. Bei dem 5 Monate alten Baby das gestern schwer misshandelt gefunden wurde, war das Jugendamt ja auch schon seit der Geburt aufmerksam und hat nichts oder zu wenig gemacht. Außerdem finde ich, gehören die Kontrollen des Jegendamts, bei auffälligen Verhalten der Eltern, unangemeldet. Das gehört auf jeden Fall geändert, denn die heile Welt vortäuschen, wenn man weiß, dass jemand kontrollieren kommt ist ja nicht schwer. Da kann man ja schnell die Wohnung aufräumen und die Kinder waschen etc. - ich finde es zum kotzen! Die armen Kinder! Lg Traude

Mitglied inaktiv - 10.12.2007, 09:26



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Meinst Du u.a. mich als "Betroffene"? Meiner Ansicht nach werden in letzter Zeit drei völlig verschiedene "Sorten" von Kindstötung in einen Topf geworfen. Und das finde ich fatal. Denn zum einen werden da Frauen in große Töpfe geworfen, die nichts miteinander zu tun haben und zu Recht empört sind übder diese "Vergruppisierung", zum anderen muß Hilfe bei verschiedenen Gründen auch verschieden ansetzen, und darüber muß man sich klar sein. Gruppe 1: Kindstötungen direkt nach der Geburt. In dem Fall sind die Frauen schon von der Situation an sich überfordert. Das Kind ist nicht erwünscht, aber die Frauen haben nicht die Kraft, die Energie, die Möglichkeit, das Wissen, um das bereits im Vorfeld "abzuklären". Eine Abtreibung erfordert Initiative. Man muß zum Arzt, man muß sich eingestehen, daß man schwanger ist, man muß sich mit der Schwnagerschaft auseinandersetzen, Beratungsadressen finden, seinen Abtreibungswunsch erklären, vielleicht gegen Widerstände durchsetzen. Vielleicht würde eine De-Stigmatisierung von Abtreibung ein wenig helfen. Gruppe 2: Aktive Kindstötungen aufgrund von psychischen Erkrankungen. Da frage ich mich, ob das überhaupt "verhinderbar" ist. Ich kann mir vorstellen, daß das sozusagen eine Minutenhandlung ist. Ungeplant, unabsehbar. Und es ist definitiv unangebracht, allen psychisch kranken Müttern sozusagen prophylaktisch die Kinder wegzunehmen. Depressionen sind eine Volkskrankheit. Nach vorsichtigen Schätzungen des Bundesgesundheitsministeriums leiden 10% aller Deutschen irgendwann mal an Depressionen. Andere Organisationen gehen von anderen Zahlen aus. Manche Selbsthilfegruppen vermuten sogar, daß jeder Mensch irgendwann mal im Leben unter Dperessionen leidet. Das wäre ja gar nicht zu leisten und auch völlig abstrus, allen diesen Menschen prophylaktisch die Kinder wegzunehmen, zumal die meisten psychisch kranken Menschen sich wunderbar um ihre Kinder kümmern. Ich persönlich habe im KKH gemerkt (das war auch öfter Thema in den Gesprächsgruppen), daß die meisten Mütter eher selber vor die Hunde gehen, bevor sie ihre Kinder vernachlässigen. Vielleicht wäre es wichtig, psychischen Erkrankungen das Stigma zu nehmen. Und bei der Bahendlung die Familie mit einzubeziehen. Psychisch kranke Frauen haben oft Angst, daß man ihnen die Kinder wegnimmt, und gehen deswegen oft zu spät in Behandlung. Auch deswegen wäre ein "prophylaktisches Kinderwegnehmen" eher kontraproduktiv. Gruppe 3: Kindesmißhandlung und -vernachlässigung. DAS ist für mich die wirklich problematische und wohl auch die größte Gruppe. Und das ist wohl auch die größte Gefahr für die Kinder. Da geht es um einen aktiven Vorgang über einen längeren Zeitraum. Da kann man wahrscheinlich am ehesten was tun - und am meisten bewirken. Mich ärgert es, daß da so viele absolut verschiedene und nicht zu vergleichende Fälle in einen Topf geworfen werden. Ich kann mich ein kleines Stück weit in der Mutter aus Darry wiederfinden, weil ich psychische Erkrankungen aus eigener Erfahrung verstehen kann. Aber in eine Kindstötung direkt nach der Geburt oder eine Vernachlässigung über einen langen Zeitraum kann ich mich nicht hineinversetzen. Die Mutter aus Darry hat ihre Kinder erst wenige Wochen vor der Tötung vernachlässigt, die meiste Zeit war sie offensichtlich eine gute und liebevolle Mutter. Das ist für mich, ganz ehrlich beängstigend. Vernachlässigung und Kindesmißhandlung machen mir keine Angst, das macht mich wütend, aber es ist nicht nah genug, um mir Angst zu machen. Ich bin froh, daß ich mir frühzeitig Hilfe gesucht habe. Aber ich bin zu gefühlten tausend Behörden gelaufen, um diese Hilfe zu bekommen. DAS ist tragisch. Aber wirklich wütend machen mich die Menschen, die nicht merken, daß sie Hilfe brauchen. Und das sind dann eher die, die ihre Kinder über einen langen Zeitraum vernachlässigen und/oder mißhandeln. Nicht die, die im Affekt etwas sehr Schreckliches tun. Gruß, Elisabeth.

Mitglied inaktiv - 10.12.2007, 09:29



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ich habe u.a. Dich gemeint. Und genau die gleichen Bedenken wie Du habe ich eben auch bei Punkt 2. Schließlich liegt Darry bei uns im Kreis. Und unsere Zeitungen sind NOCH voller als anderswo. Und ich sehe es äußerst kritisch, wenn Politiker (unser toller Innenminister)große Töne spucken, dass Kindswohl vor Datenschutz gehen soll. Wenn ich nämlich davon ausgehen muss, dass mein Psychiater das Jugendamt informitert, dann gehe ich gar nicht erst hin. Trini

Mitglied inaktiv - 10.12.2007, 09:40



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für Eure BEiträge. Elisabeth hat es auf den Punkt gebracht, da muss man nichts hinzufügen. Ich bin bzw. war selber von Depressionen betroffen, wo ich in einer Situation auch mal so ausgetickt bin, dass ich mich selber minutenlang nicht mehr stoppen konnte, obwohl ich es wollte - es war ohnehin schwer an eine Therapeutin meines Vertrauens zu gelangen, mich üebrhaupt jd. zu offenbaren - aus Angst, dass man mir die Kinder nehmen könnte! Ihc wäre NIEMALS zum Arzt gegangen, stünde dieser nicht unter Schweigepflicht, sondern hätte alleine weitergewurschtelt und wer weiß, was dann geworden wäre :-/ G.s.D. geht es mir derzeit wieder gut und ich hoffe, niemals wieder einen derartigen Zustand erleben zu müssen....

Mitglied inaktiv - 10.12.2007, 11:21



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Das sehe ich genauso wenn mein Therapeut, Psychologe, Psychater das JA informieren würde, würde ich gar nicht erst hingehen! Warum ist das JA so schlecht besucht als "Stelle wo man Hilfe bekommt"? Weil es einen schlechten Ruf hat! Weil für viele Mütter die Angst besteht wenn ich mich dort hinwende nimmt man mir meine Kinder weg! Auch wenn das selten der Tatsachen entspricht, der Ruf des JA ist da und wenn Ärzte, Psychologen und Co. nun auch noch ihre Schweigepflicht brechen dürften um das JA zu informieren, dann würde wohl auch dort niemand mehr hilfe suchen und deren Kinder würde es vielleicht nur aus diesem Grunde schlecht ergehen?! Liebe Grüße Ramona

Mitglied inaktiv - 10.12.2007, 11:59



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Hallo! Wenn gröbere psychische Störungen bei einem Elternteil vorliegen wäre es meiner Meinung nach richtig sowas zu melden, oder zumindest eine Vertrauensperson vom Jugendamt etc. der Frau/Mann zur Seite zu stellen, die kontrollieren kann, ob die Situation sich verbessert. Ich denke auch, dass Kinderschutz VOR Datenschutz stehen sollte, dann würde ev. manches verhindert werden. Und ich finde es erschütternd, dass jemand überhaupt hilflosen Kinder etwas antun kann, welche Art von Psychose auch immer vorliegt. LG

Mitglied inaktiv - 10.12.2007, 09:52



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Die ärztliche Schweigepflicht ist ja wohl unantastbar. Wo soll denn das enden. Auserdem denke ich, dass die Mütter, die sich behandeln lassen ihre Probleme ja schon thematisieren und auch bei den Kindern gegebenenfalls Hilfe einfordern. Gruss Sabine

Mitglied inaktiv - 10.12.2007, 10:38



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Hallo Trini, ich denke das Problem ist nicht nur, dass Eltern die Hilfe brauchen nicht nach Hilfe suchen. Das größte Problem in D. ist meiner Meinung nach Eltern die nach Hilfe suchen und keine bekommen. Ich sehe das jetzt gerade wieder bei uns. Marcel hat nun 5 Mon. Tagesklinik der Kinder und Jugendpsychatrie hinter sich. Es tat ihm gut ohne Frage, es tat uns gut, auch keine Frage. Doch nun ist der Zeitpunkt der Entlassung gekommen und ich stehe mal wieder da und weiß nicht so recht weiter. Die Therapeutin der TK hat beim Amt für Familie und Soziales um hilfe in der Erziehung für uns gebeten, dort aber auch erwähnt, dass mein Mann auf diesen Vorschlag erst einmal mit Abwehr reagiert hat(er war skeptisch wollte sich das ganze aber gern erstmal anschauen). Da haben die vom Amt ganz eiskalt gemeint: Tja dann sind wir wohl nicht die richtige Anlaufstelle für diese Familie da müssen die sich dann anderswo hinwenden! Erziehungsberatung! Waren wir schon, die haben mir erzählt mein Kind ist völlig normal und ich brauch mir keine Sorgen machen(14 Tage später drohte er damit er würde sich umbringen wenn er weiter in die Schule muss). Tja und die TK übernimmt die Behandlung nicht weiterhin nach seiner Entlassung. Also musste ich ran. Wir hatten glück und eine Praxis für Kinder und Jugendpsychatrie hat gerade neu in Krohnshaben aufgemacht sonst hätten wir mind. mit 1-3 Mon. wartezeit bei den Psychatern warten müssen. Wie sich eine so lange Zeit ohne Therapeutische Behandlung auf Marcel ausgewirkt hätte..... keine Ahnung! Aber letztendlich stand ich wieder allein da, ich habe hilfe gesucht, wurde vertröstet oder mir wurde die Hilfe verwehrt und das ganze nur weil mein Mann gesagt hat er sei skeptisch dem Amt gegenüber und wollte sich das erstmal in Ruhe anhören was die zu sagen haben. Und da sehe ich ein großes Problem. Es gibt viele Eltern die sehen, dass sie mit ihren Kindern Probleme haben, dass die Kinder Probleme haben, dass sie selber Probleme haben, doch dann eine Anlaufstelle zu finden die einem auch wirklich hilft und das schnell..... das ist schwer. Ich selber habe vor 2 Jahren einen Psychologen für mich gesucht und hatte Wartezeiten von bis zu 3 Mon. Den Platz in der Tagesklinik haben wir im vergangenen Juli bekommen im November habe ich das erste mal ernsthaft mit unserem KiA gesprochen dass wir das Problem mit Marcel nicht allein in den Griff bekommen. Ich denke es fehlt einfach an Hilfe und Angebot. Liebe Grüße Ramona

Mitglied inaktiv - 10.12.2007, 11:09



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Das Problem ist aber manchmal auch, dass man gar keine wirkliche Hilfe bekommt, wenn man sie braucht. Ich kann nun nur von mir aus reden, als Betroffene. Ich hab hier in der relativen Anonymität kein Problem damit, ehrlich zu sein und zu sagen, ich bin manisch-depressiv und habe eine Angst- und Panikstörung, sowie Phobien. In der Öffentlichkeit lass ich die BiPo (Also das manisch-depressive) möglichst weg, weil viele einfach ein total falsches Bild haben und mich dann mit Sicherheit für eine potentielle Kindsmörderin halten. Ich muss dazu sagen, dass die Bipo erst dieses Jahr bei mir diagnostiziert wurde, ich aber nach Hochrechnungen der Ärtzte, Psychologen und Psychiater schon seit etwa 16 Jahren krank bin. Bipo ist eine chronische Krankheit und je später sie erkannt wird, desto festgefahrener sind die Phasen der Schwankungen. Mein Sohn (wird bald 8) ist damit großgeworden, dass ich mal so, mal so bin, und egal wie manisch oder reizmanisch ich war, ich bin nie auf die Idee gekommen, ihm irgendwas anzutun, ich hab eher einen Ich-muss-hier-weg-Reflex, aber ich würde nie ohne mein Kind gehen. Einige von euch haben ja mitbekommen, wie sehr ich hinterher bin, dass ich endlich ein Gespräch mit der Lehrerin führen kann, damit er dort aufgefangen wird, damit die wissen, was wirklich los ist, wenn er sagt, seine Mama ist magisch. Als er Dezember 2004 von einem Jugendlichen aus der damaligen Nachbarschaft vergewaltigt wurde, habe ich auch um Hilfe geschrieben - beim Jugendamt. Bis dahin hatte ich nie wirklich was mit dem JA zu tun, außer dass ich UVS bekam und einmal eine Frage zum Umgangsrecht hatte. Daher wußte ich auch nicht, dass ein Herr W. für mich zuständig gewesen wäre. Allerdings wollte ich definitiv NICHT mit einem Mann zusammen arbeiten, es ging nicht. Das war für mich ein absolutes NoGo, ich hab heute noch Probleme, mit einem Mann darüber zu reden. Das Jugendamt war der Meinung, wenn ich das nicht wolle mit dem Herrn W., dann hätte ich auch keine Probleme. Zu dem Zeitpunkt war ich so depressiv, dass ich anfing, mich blutig zu kratzen, ich konnte das Haus fast nicht mehr verlassen, nur wenn es gar nicht anders ging, zum Einkaufen oder so. Ich lief tagelang in den selben Sachen rum. Mein Kind war aber immer in Ordnung, war sauber, hatte zu essen. Meinen Müll stapelte ich in der Dusche, weil ich es nicht schaffte, das Haus zu verlassen und ihn zur Tonne zu tragen. All das trug ich heulenderweise der Frau am JA-Telefon vor, aber sie blieb dabei: Ich hatte keine Probleme, da ich mich weigerte mit Herrn W. auch nur zu sprechen. Im übrigen hat das JA nie nachgefragt oder nachgeschaut, was bei uns los war. Ich habe damals über Selbstmord nachgedacht, aber es war mir nie in den Sinn gekommen, meinem Sohn was anzutun. Und ist es bis heute nicht. Allerdings bin ich dadurch jetzt meilenweit davon entfernt, das JA nochmal um Hilfe zu bitten. Es wäre schön, wenn es eine Institution geben würde, die man in Notsituationen um Hilfe bitten kann, aber das JA halte ich nicht für geeignet. Nicht nach meinen Erfahrungen mit unserem JA, das kann in anderen JÄ anders sein. Ich bin allerdings schon dafür, dass Ärzte bei manchen Fällen sich mit dem JA oder der Polizei kurzschließen, nämlich wenn ein KInd regelmässig beim Arzt vorstelleig wird mit schweren Verletzungen oder Verletzungen die auf sex. Mißbrauch hindeuten. Übrigens, als im November 2001 mein damaliger Freund mich krankenhausreif prügelte, vor den Augen meines Sohnes, sagte der Polizist, der meinen Ex entfernte, er müsse eine Meldung ans JA machen. Etwa ein Jahr später hatte ich besagte Frage zum Umgangsrecht (wg. leiblicher Vater), wo ich ganz nebenbei gefragt wurde, was damals eigentlich los war. Sie (die Frau vom JA) wollte mich ja schon längts mal angerufen haben, aber sie hätte keine Tel. von mir, nur die Adresse. Mmmh, da frag ich mich, warum ist sie denn nicht mal vorbei gekommen? Naja, was ich halt sagen wollte, ist halt, dass Außenstehende nicht urteilen sollten, denn sie wissen nicht alles. Wir wissen nicht, ob die Frau in Darry um Hilfe gebeten hatte, wir wissen nicht, ob die Kinder nicht evtl. eine Lehrerin angsprochen hat aber nicht ernst genommen wurde. taube

Mitglied inaktiv - 10.12.2007, 18:31



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Das Problem liegt wie immer beim Geld. Wenn ich zur Zeit an meiner Schule erlebe, wie viele Kinder bis Weihnachten aus den Heimen in ihre Familien zurück integriert werden, dann weiß ich den Grund, der uns auch inoffiziell bestätigt wurde. Das Jugendamt hat kein Geld! Ein Heimplatz ist einfach sehr teuer. Billiger ist eine Pflegefamilie. Am billigsten ist die Betreuung in der Familie. Die Politik schreit immer laut auf, wenn es zu spät ist, aber Gelder werden nicht locker gemacht. Armes Deutschland!

Mitglied inaktiv - 10.12.2007, 19:13