Melatonin-Gummibärchen für Kinder - bitte nicht!

Bronchitis und Husten

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Spezielle Gummibärchen können deinem Kind das Einschlafen erleichtern - was spricht dagegen, auf diese Unterstützung zu vertrauen? Viel!

In den Medien, speziell in den sozialen Netzwerken wie TikTok, zeigt sich ein neuer Trend: Eltern geben ihren Kindern Melatonin-Gummibärchen, welche zum besseren Einschlafen geeignet sein sollen. Ein neuer Life-Hack, um das Elterndasein und das leidige Thema Schlafen zu vereinfachen? Nein, das ist nicht sinnvoll, warnen Mediziner.

Gummibärchen mit Melatonin - harmlose Einschlafhilfe?

Es klingt erst mal unkompliziert, harmlos und simpel: Gummibärchen geben und das Kind schläft. Die amerikanische Schauspielerin Kristen Bell, die ihren Töchtern, sieben und neun Jahre alt, abends die Melatonin-Gummibärchen gibt, beschreibt: "Es haut sie einfach schneller um, und es geht ihnen super.”

Zum Hintergrund: Melatonin ist das Hormon, welches uns einschlafen lässt. Der Körper bildet es selbst, und zwar im Gehirn, vor allem bei Dunkelheit. In Deutschland gibt es zugelassene Melatonin-Medikamente. Darüber hinaus werden im Internet Nahrungsergänzungsmittel denen Melatonin zugesetzt wurde, angeboten. Sie sind nicht apothekenpflichtig. In der Palette gibt es auch spezielle Produkte für Kinder, die damit werben das Einschlafen zu erleichtern. Es wird der Eindruck erweckt, es sind sanfte und harmlose Mittel, welche man Kindern im Alltag bedenkenlos geben kann. Aber das ist falsch!

Langzeitfolgen nicht erforscht - Auswirkung aufs Immunsystem möglich

"Auch wenn Melatonin wenig unerwünschte Effekte hat, haben wir noch keine Langzeiterfahrungen damit, gerade auch im Kindesalter. Es gibt zum Beispiel Hinweise, dass Melatonin vielleicht auch Auswirkungen auf unser Immunsystem hat", warnt Mirja Quante, Oberärztin in der Abteilung Neonatologie und Leiterin des Kinderschlaflabors des Universitätsklinikums Tübingen. Die Ärztin warnt: "Deshalb wäre ich da entsprechend vorsichtig!"

Melatonin sei per se ein tolles Medikament und in der Kinderheilkunde auch das Schlafmittel der ersten Wahl, weil es wenig unerwünschte Effekte habe und den Schlaf an sich, also die Schlafarchitektur, auch nicht stark beeinflusse. "Wir setzen Melatonin daher gerne ein, aber nie alleine - sondern es gehört immer auch eine Schlafberatung dazu", erklärt Quante. Es werde auch immer nur kurzfristig eingesetzt. "Es ist und bleibt ein Medikament", stellt die Medizinerin klar.

Schlafhygiene prüfen und Ursachen für Schlafprobleme finden

Bevor du Medikamente einsetzt, damit deine Kinder einschlafen, solltest du zuerst mal die Schlafhygiene unter die Lupe nehmen. Dazu sind Antworten auf folgende Fragen vonnöten: Können deine Kinder eine verlässliche Tagesstruktur genießen? Wie ist ihr Schlafbedarf? Machen sie erst spät bzw. zu ausgiebig Mittagsschlaf, weshalb sie am Abend nicht müde sind? Habt ihr eine Abendroutine bzw. ein Einschlafritual? Wenn Familien sehr variable Einschlafzeiten haben und diese nicht dem Schlafbedürfnis der Kinder entsprechen, könne es durchaus zu Problemen beim Einschlafen kommen, erklärt Mirja Quante. Manchmal können auch Krankheitsbilder für Schlafprobleme verantwortlich sein, dann wäre eine Selbstmedikation fatal, warnt die Schlafexpertin.

Hat dein Kind Schlafprobleme, dann solltest du zuerst Ursachenforschung betreiben und die Gründe herausfinden. Versuch zu klären, warum dein Kind schlecht einschläft oder nicht durchschläft. "Es ist ein ganz wichtiger Entwicklungsschritt für Kinder, zu lernen, alleine einzuschlafen. Und auch die Erfahrung zu machen, dass Schlaf etwas ganz Wundervolles ist”, betont Quante. Die Fachfrau weiß aus Erfahrung, dass es anstrengend sein kann, mit den Kindern eine gute Einschlaf-Routine zu entwickeln. "Da ist mein Eindruck, dass manche Familien diesen Prozess auch scheuen und dann den einfachen Weg gehen und zu einer Selbstmedikation greifen", berichtet die Oberärztin und betont: "Von daher finde ich das gefährlich.”

Vorlesen einer Gutenachtgeschichte - immer noch die beste Idee!

Als Erstes gehört die Einschlafsituation überprüft. Wiederkehrende Abläufe und Rituale am Abend sind ideal. Mediennutzung am Abend vermeidet man besser. "Computer, Tablet, Smartphone - all diese Geräte strahlen blaues Licht aus und das führt zu einer Unterdrückung des körpereigenen Melatonins. Wenn Eltern darauf achten, dass diese Geräte zwei Stunden vor der Einschlafzeit nicht mehr genutzt werden, ist das sehr hilfreich", rät Quante. Außerdem seien es zusätzlich ja auch die Inhalte, die die Kinder aufregen. Dagegen ist die gute alte Gutenachtgeschichte immer noch die beste Einschlafhilfe. "Das klassische Vorlesen am Abend - das haben wir auch in Studien zeigen können - ist immer noch eine super Einschlafhilfe", empfiehlt auch Mirja Quante.

Sollte dein Kind trotz alledem Probleme mit dem Einschlafen haben, suchst du dir besser professionellen Rat, anstatt ihm Melatonin-Gummibärchen zu verabreichen. Die erste Anlaufstelle seien immer die Kinderärzt:innen, die im Ernstfall an die Kinderschlaflabore verweisen können, empfiehlt Quante. Dazu bieten auch Familienberatungsstellen wie Profamilia Schlafberatungen für Familien an oder du fragst bei allgemeinen Fragen einfach mal unser Rund ums Baby - Expertenteam zum Babyschlaf.

Weitere Infos bekommst du übrigens auch hier: Schlafbedarf: wie viel Schlaf brauchen Kinder?.


Quellen:
Fokus.de: Melatonin-Gummibärchen für Kinder zum Einschlafen? Medizinerin warnt vor Folgen

Zuletzt überarbeitet: Juli 2023

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