Liebe Frau Schuster,
unser 2,5-jähriger Luca lehnt seine Mama (meine Frau) häufiger ab.
# Lucas Alltag
Tagsüber geht er an Werktagen in die Kita, wo er sich sehr wohl fühlt und viel Spaß hat. Abwechselnd bringt ihn meine Frau und ich hole ihn ab, oder umgekehrt. Jedes mal freut er sich, wenn er abgeholt wird (egal von wem), ist meist ausgeglichen und versteht sich gut mit den Betreuern und den anderen Kindern. Den späten Nachmittag und Abend verbringt er mit uns, genauso wie die Wochenenden. Meist verbringen wir die Zeit gemeinsam, manchmal ist meine Frau mit Luca allein, manchmal umgekehrt.
Normalerweise freut er sich über uns beide, spielt mit uns und macht Späße. Wenn Mama abwesend ist, fragt er nach ihr und freut sich, wenn sie wieder nach Hause kommt - und umgekehrt bei mir.
# Die Ablehnung
Luca lehnt meine Frau meist ab, wenn er müder wird. Dann kriegt er Trotzanfälle. Wenn die Mama ihm dann etwas verweigert oder verbietet, reagiert er viel stärker als wenn ich es tue. Er will dann nur von mir die Kleidung ausgezogen haben, ich darf ihn wickeln und ins Bett bringen. Wenn Mama ihn streichelt, wischt er sich an dieser Stelle mit der Hand ab und schiebt Mamas Hand von sich. Nachts, wenn Luca unruhig schläft, fragt er nach mir. Wenn dann Mama kommt, hört das Schreien nicht auf, er lässt sich von Mama selten beruhigen. Häufig beruhigt er sich, wenn er auf meinem Arm ist und seinen Kopf auf meine Schulter legt.
# Autonomie-Phase
Seit ein paar Monaten ist er in einer Autonomie-Phase, wo er vehement darauf besteht, alles selbst zu machen. An- und ausziehen, essen, laufen, Türen auf/zumachen etc. - es gibt so gut wie nichts, was er nicht allein machen will. Wenn man ihm dann hilft (egal wer), rastet er aus, macht alles rückgängig und dann wieder von vorn - allein.
# Wie gehen wir damit um?
Wenn er auf meine Hilfe besteht, stellen wir ihn immer wieder zur Wahl: entweder er lässt sich von Mama helfen, oder er muss es selber machen. Das führt meist zu einem trotzigen auf-der-Stelle-Schreien. Wir fragen ihn dann auch, ob er kuscheln will. Auch wenn er ja sagt, will er dann meist zu mir.
# Lucas Lebensverlauf
Im Verlaufe seines Lebens hat Luca die ersten fünf Monate mit Mama verbracht, dann ein halbes Jahr mit Papa, während Mama Vollzeit gearbeitet hat, dann wieder mit Mama zuhause bis vor ca. einem Jahr. Seitdem geht er in die Kita.
# Sprache
Manchmal haben wir das Gefühl, dass er sich mehr von Mama entfernt, weil sie mit ihm nur ihre Muttersprache - portugiesisch - spricht. Da wir in Deutschland wohnen, kann er sich nicht so gut auf portugiesisch ausdrücken, wie auf deutsch. Wir vermuten, dass das seinen Frust meiner Frau gegenüber erhöht.
# Fragen
Meine Frau macht die Situation sehr traurig und beunruhigt.
Wie sollen wir adäquat damit umgehen?
Regelt sich das von allein / ist das nur eine Phase?
von
maxstierlitz
am 03.05.2012, 22:19
Antwort auf:
Ablehnung der Mutter bei 2,5-jährigem Jungen
Hallo maxstierlitz
Bitte trösten Sie Ihre Frau damit dass Sie ihr versichern, dass Sie BEIDE für Ihren Sohn die vertrautesten, liebsten Bezugspersonen sind und auch bleiben werden.
Meist sind die Mütter, deren Anwesenheit und Fürsorge für die Kleinen eine Selbstverständlichkeit, während eine männliche Bezugsperson (immer noch) etwas Besonderes ist. Wer liebt nicht das Besondere?!-
Sprechen Sie selbst gegenüber Luca über Ihre Frau immer wieder positiv und loben Sie Können, bzw. ihren Spagat zwischen Kinderbetreuung, Haushalt, Beruf, liebevoller Zuwendung usw.
Bitten Sie aber auch Ihre Frau darum sich von dem Gedanken zu lösen in ALLEM gleich perfekt sein zu können.
Halten Sie gemeinsam daran fest Ihrem Sohn soviel Selbstständigkeit zu ermöglichen, wie er selbst den Anspruch erhebt, ihm aber auch klare, begründete Grenzen zu setzen, die Sie zuvor wenigstens in wichtigen Eckpunkten abgesprochen haben, werden sich immer Kompromisse finden lassen zwischen Luca's Bedürfnissen und Ihren eigenen Wünschen.
Ein Kompromiss wäre es meiner Ansicht nach, wenn auch Sie in festgelegten Situationen mit Luca portugiesisch sprechen würden, während Ihre Frau es zur Regel werden lässt zu abgesprochenen Zeiten Deutsch zu sprechen.
Dieser Sprachen-Wechsel lässt sich bestimmt lustig gestalten, wenn Sie und Ihre Frau vor Luca zugeben, dass auch Sie genauso wie er lernen müssen.
Viel Erfolg, liebe Grüße und: bis bald?
von
Christiane Schuster
am 04.05.2012
Antwort auf:
Ablehnung der Mutter bei 2,5-jährigem Jungen
Die "Ablehnung" kann sehr wohl (und ist es wahrscheinlich, falls nichts schwerwiegendes passiert ist) nur ein Zeichen der völlig normalen und notwendigen Loslösung des Jungen von der Mutter sein. Eigentlich ist das ein Grund zur Freude. Das Kind hat sein Ich entdeckt und trotzt stärker bei der Mutter, weil es sich stärker von ihr abgrenzen muss, um sein Ich zu etablieren und zu verteidigen.
Mehr dazu hier: http://www.rund-ums-baby.de/entwicklung/emotionales_bewusstsein_3.htm Von dort ein Zitat:
"War der Vater im ersten Lebensjahr weitgehend nur Ersatzbindungsperson für den Fall, dass die Mutter als primäre Bezugsperson ausfiel, bekommt er zum Ende des ersten Lebensjahres und im zweiten Lebensjahr eine wichtige Funktion im Rahmen der Loslösung. Damit das Kleinkind sich aus der eng gefügten Mutter-Bindung herauslösen kann, braucht es ein positiv empfundenes Vorbild für sein selbstständiges Agieren. Zumindest ist ihm ein solches sehr hilfreich. Denn auch bei alleinerziehenden Müttern, ein Zustand, der aus diesen Gründen als recht schwierig anzusehen ist, muss die Loslösung gelingen können. Hier fehlt allerdings dann das den Vorgang der Loslösung tragende Vorbild, wenn nicht eine andere Person aus der Familie oder dem näheren Lebensumfeld dafür fungiert. Schon zum Ende des ersten Lebensjahres erleben viele Mütter diesen Trend ihres Kindes hin zum Vater wie einen ersten schmerzlichen Abschied. Manche Mütter fühlen sich gar verletzt und "ausgenutzt". Das ist unsinnig. Bei aller Loslösungstendenz bleibt die Mutter-Bindung zunächst immer noch die Grundfeste aller kindlichen Unternehmungen, wie ich bereits im Kapitel über die Anhänglichkeit mit ihrer "Urambivalenz" geschrieben habe. Für die Väter sollte diese, ihre erste eigene, wichtige Rolle in der frühkindlichen Welt unbedingt klar sein. Es kommt darauf an, dass sie zuverlässig und empfindsam ihre Funktion ausüben und ihrem Kind all die Wärme geben, die es ihnen abverlangt. Dazu gehört es vor allen Dingen, das kindliche Bedürfnis nach Körpernähe und Schmusen angemessen zu beantworten, und in den brenzligen Situationen wie beim Füttern und im Übergang zum Schlaf weitgehende Aufgaben im Ritual zu übernehmen. Ich sage bewusst angemessen zu reagieren, um damit zum Ausdruck zu bringen, dass all die überstarken, übertriebenen und aktiv-aggressiven Elemente im Umgang mit ihren Kindern, die Väter so gerne demonstrieren, unterbleiben sollten."
von
blah
am 07.05.2012, 14:14