Frage: Chinin in der SS

Sehr geehrter Prof. Dr. Costa, mein Sohn leidet seit seiner Geburt im letzten Jahr an einer hochgradigen Schallempfindungsschwerhörigkeit. Bislang konnte noch nicht bewiesen werden, dass er überhaupt hören kann. In den letzten 2 Monaten der SS habe ich ab und an einen alkoholfreien Aperitif getrunken. Dieser beinhaltet 100 ml und ist wie ich jetzt festgestellt habe, chininhaltig. Er nennt sich Crodino. Insagesamt habe ich über die 2 Monate 7 Fläschchen getrunken (also insgesamt 700ml). Nun habe ich bei meinen Recherchen gelesen, dass Schwangere auf chininhaltige Getränke verzichten sollten und das die Einnahme chininhaltiger Medikamente zu Schwerhörigkeit führt. Kann das Getränk die Ursache sein? Mir ist bewusst, dass die Verwendung in Lebensmitteln nicht der Menge in Medikamenten entspricht. Ihre Einschätzung dazu würde mich dennoch sehr interessieren. Infektionen wie Toxoplasmose, Ringelrödeln, Zytomengalie konnten bereits ausgeschlossen werden. Über eine Rückmeldung würde ich mich freuen!

von Elise86 am 22.01.2019, 09:14



Antwort auf: Chinin in der SS

Einen Zusammenhang zwischen Chinin und Fehlbildungen beim Ungeborenen gibt es laut wissenschaftlicher Berichte nur bei sehr hohen Chininmengen, die man im ersten Drittel der Schwangerschaft einnimmt. Früher hat man versucht, durch hohe Mengen Chinin einen Schwangerschaftsabbruch durchzuführen, was meistens misslang. Wenn diese Kinder dann auf die Welt kamen, litten sie unter Taubheit und Augendefekte. Aber es geht hier um "hohe Mengen", also ein Vielfaches von dem, was in Getränken wie Crodino, Bitter Lemon oder Tonic Water enthalten ist. Außerdem geht es um die ersten drei Schwangerschaftsmonate. Weiter unten schicke ich Ihnen den Text, den ich aus einer der seriösesten Seiten im Internet kopiert habe (Embryotox). Das ist eine Seite, die auch wir, Ärzte im Alltag verwenden, wenn es um Stoffe/Medikamente/etc. geht, mit denen Schwangere in Kontakt gekommen sind: "1. Trimenon Es gibt Berichte von Fehlbildungen nach einer Chininexposition zur Abortinduktion im 1. Trimenon. Dabei wurden unter anderem Taubheit und Augendefekte beschrieben. Diese Berichte beruhen aber auf einer sehr viel höheren Dosis, als heute üblich. Die Erfahrungen zur Anwendung bei Malaria deuten auf kein nennenswertes Fehlbildungsrisiko hin. Bei anderen Indikationen und in chininhaltigen Getränken sind die Dosen noch geringer. 2.-3. Trimenon / Perinatal Ein wehenfördernder Effekt wird diskutiert. Aufgrund einer erhöhten Insulinsekretion kann es vor allem in der Spätschwangerschaft zu schweren Hypoglykämien bei der Mutter kommen. Es gibt einen Fallbericht über ein Neugeborenes mit vorübergehenden Entzugserscheinungen, dessen Mutter während der Schwangerschaft täglich mehr als einen Liter Tonic Water getrunken hatte." Zusammenfassend kann ich Ihnen mitteilen, dass das Chinin-haltige Getränk "Crodino" als Ursache für die Schwerhörigkeit Ihres Kindes eher nicht in Frage kommt. Ganz ausschließen kann ich das nicht, weil es in der Medizin auch solche Situationen gibt, dass ein Mensch ganz besonders empfindlich auf eine Substanz reagiert, die von anderen Menschen problemlos vertragen wird. Wenn Sie mich vorher gefragt hätten, ob Sie "Crodino" trinken dürfen, hätte ich Ihnen geantwortet, dass Sie es trinken dürfen, aber nicht täglich. Die wissenschaftliche Datenlage ist nicht so, dass man solche Getränke ganz verbieten müsste. Daher hätte ich Ihnen nicht ganz davon abgeraten.

von Prof. Dr. med. Serban-Dan Costa am 24.01.2019