Lieber Dr. Posth !
Mein Sohn (2 Jahre 8 Monate) will zur Zeit oft nicht auf mich hören. Wenn er irgendetwas nicht darf oder nicht machen will (z.B. beim einkaufen jedesmal eine Schokolade mitnehmen, oder den Schlafanzug anziehen oder wenn er will das ich mit ihm spiele aber ich keine Zeit habe oder er will rausgehenund es geht eben gerade nicht)dann rennt er weg oder schmeißt sich am Boden und schreit oder will aus dem Haus raus. Oft haut er auch nach mir. Ich weiß nicht wie ich mich verhalten soll, was ich machen soll. Mir wird oft gesagt ich soll ihm auf die Finger haun oder einen klappst auf den Popo, aber ich möchte ihn nicht hauen. Auf meinen Mann hört er viel mehr, was ich nicht verstehe. Ich verbringe mit meinen Sohn den ganzen Tag und mein Mann kommt jeden Tag ca. 20 Uhr nach Hause (wegen seiner Arbeit). Ich denke manchmal meinen Sohn fehlt irgendwie der Respekt vor mir oder ist das normal. Er ist eigentlich sonst ein ganz lieber nur macht mir zu schaffen das er einfach nicht auf mich hören will und nach mir haut.
Bitte helfen Sie mir.
Danke Gruß Sandra
Mitglied inaktiv - 27.09.2004, 14:38
Antwort auf:
Will einfach nicht hören!
Stichwort Trotz
Liebe Sandra, über die Trotzproblematik wurde in diesem Forum schon viel gesagt. Mal im Suchlauf unter Trotz nachschauen. Oder meinen Langtext lesen über das emotionale Bewußtsein, link oben rechts, Teil 3.
Daß Ihr Sohn im Moment mehr auf Ihren Mann hört, also seinen Vater, liegt daran, daß der Vater für ihn jetzt ein wichtiges Vorbild ist zur Loslösung aus der primären Bindung zu Ihnen, der Mutter. Ihr Sohn möchte selbständig sein, und v.a. selbständig entscheiden. Dabei entscheidet er allerdings erst einmal nur nach seinem Gutdünken und nach Lust und Laune. So will er alles haben, was ihm gefällt und nicht machen, was ihm Verdruß bereitet. Das entspricht seinem Entwicklungsstand. Wir alle waren einmal genauso. Warum ihn dafür bestrafen??
Drei Dinge sind beim Trotz wichtig für das günstige Elternverhalten: Erstens das Verständnis für den Vorgang selbst. Zweitens die geschickte Deeskalation. Also Umgehung kritischer Momente, rechtzeitige Ablenkung vom problematischen Schauplatz, Ignorieren geringfügiger Anlässe, Locken mit besseren Angeboten usw. Drittens die Intervention. Die ist immer dann geboten, wenn es doch zu einem heftigen Trotzanfall gekommen ist, oder dieser gerade aufkommt. Mimisches Drohen soll das Einhalten eines bestimmten Maßes erwirken, Schimpfen u.U. den Abbruch hervorrufen. Beim Schimpfen niemals das Kind im ganzen rügen oder gar demütigen und herabwürdigen, nur die Sache, bzw. das unerwünschte Verhalten kritisieren. Als letzte Eingriffsmöglichkeit besteht die kurze, soziale Auszeit mit Wiederannäherung und Versöhnung. Auch man selbst kann sich vom Kind einmal kurz entfernen. Die genannten Möglichkeiten genügen und entsprechen einem natürlich vorgegebenen Repertoire. Strafen oder Schlagen kommt darin nicht vor, selbst wenn das Kind seine Wut im aggressiven Angriff auf die Eltern entlädt. Sie wollen ja Ihrem Kind nicht den Kampf beibringen, sondern die friedliche Beilegung von Konflikten. Viele Grüße
von
Dr. med. Rüdiger Posth
am 01.10.2004