Guten Abend Frau Henkes,
meine Tochter (2,5) sollte an Heiligabend und Silvester bei Ihrem Vater übernachten. Er hat sie nachmittags abgeholt und einen schönen Abend mit ihr verbracht. Kurz vor Mitternacht erhielt ich den Anruf, dass sie weint und schreit, weil sie lieber bei der Mama schlafen will und ich sie abholen soll, was ich auch tat. Das kam noch nie vor, weil sie eigentlich gerne bei ihm ist. Sie sagt ja nicht mal hallo oder tschüss zu mir sagt, wenn er dabei ist.
Heute war es umgekehrt. Ich wollte sie am späten Nachmittag abholen und habe schon relativ wenig Aufmerksamkeit von ihr bekommen. ihr Vater hat ihr ein Milchtrink mit ins Auto gegeben, wovon ich nicht begeistert war, da ich vor nicht all zu langer Zeit das halbe Auto und Kindersitz reinigen musste, weil alles mit dieser Milch vollgeschüttet war und sagte deswegen, dass sie die Milch nicht im Auto trinken kann. Es gab viel Geschrei und Tränen deswegen. Kurz darauf waren wir bei der Post und eine Kleinigkeit einkaufen. Von jetzt auf gleich flippte sie auf meinem Arm völlig aus und schrie wie verrückt, dass sie zu ihrem Papa will und nicht mit mir kommen will. Ihr Papa sollte sie sofort abholen, weil ich eine böse Mama sei. Das hat sie solange, so extrem laut weitergemacht bis ich tatsächlich ihren Papa angerufen habe und er sie dann nach nur 15 gemeinsamen Minuten abgeholt hat.
Ich habe letztendlich das Gefühl, dass ich falsch gehandelt habe und sie einfach mit nach Hause hätte nehmen sollen.
Ihr Verhalten hat mich sehr verletzt. Das konnte ich nicht verbergen. Auch wenn ich mit ihrem Papa nicht das beste Verhältnis habe, Fande ich es an Heiligabend sehr traurig für ihn, weil sie auch nur 1x pro Woche bei ihm übernachtet.
was können Sie zu dieser Situation sagen? Können sie mir irgendeinen Rat geben?
vorab vielen Dank.
Lg
von
07020822luvmybabygirl
am 04.01.2024, 22:12
Antwort auf:
Tochter 2,5 J. will nicht bei Elternteil bleiben
Guten Tag,
das Verhalten Ihrer Tochter ist für Kinder getrennter Eltern nicht untypisch. Die Übergänge von einem Elternteil zum anderen, das Verabschieden vom einen und die Kontaktaufnahme mit dem anderen Elternteil fallen Kindern in diesem Alter noch sehr schwer. Es handelt sich meist um relativ abrupte Veränderungen, bei denen es (vermutlich wegen der Trennungskonflikte) keine Übergangsphase gibt. Können Sie versuchen, mit dem Vater Ihrer Tochter ins Gespräch zu kommen? Sie könnten sich dann besser abstimmen und nicht nur auf Ihre Tochter sondern auch aufeinander mehr Rücksicht nehmen. Der Vater bräuchte z.B. der Tochter kein Milchgetränk mit ins Auto zu geben, wenn er wüsste, dass Sie das nicht wollen. So musste Ihre Tochter die Situationen ausbaden. Sie kann mit zwei Jahren nicht verstehen, warum sie das nicht haben soll, wo der Vater es ihr doch gegeben hat. Für Situationen, in denen Ihre Tochter vom anderen Elternteil abgeholt werden will, gibt es keine Patentlösungen. Mal kann es richtig sein, dem kindlichen Wunsch nachzukommen, mal kann es sich als ungünstig erweisen. So ist Ihre Tochter mit zwei Jahren im Trotzalter. Sie lernt jetzt Ihren Willen kennen und will ihn dementspechend auch durchsetzen. Das wird sie sicher auch mit dem Wunsch nach Wechsel ausprobieren. Je nach Situation sollten Sie gemeinsam entscheiden, ob Sie dem Wunsch der Tochter nachkommen oder nicht. Wichtig ist dabei, dass Ihre Tochter von einem von Ihnen getröstet wird, weil sie ihren Willen nicht bekommen kann. Sie wird sicherlich frustriert und wütend sein. Mit diesen heftigen Gefühlen kann sie jedoch noch nicht gut umgehen. Das muss sie mit Unterstützung der Eltern lernen. Bitte machen Sie sich klar, dass Ihre zweijährige Tochter Sie nicht absichtlich verletzen will. Solche Denkprozesse kann sie noch gar nicht leisten. Sie ist in diesem Alter noch ganz bei sich und ihren Gefühlen. "Ich will das jetzt." Sie braucht die Sicherheit, dass Sie ihr Verhalten gut ertragen können und sie weiter lieben wie immer. Diese Autonomieprozesse können für Eltern sehr anstrengend sein. Sie sind aber für die psychische Entwicklung sehr wichtig.
Entschuldigen Sie bitte die lange Wartezeit bis zur Beantwortung Ihrer Frage. Meine Urlaubspause erschien versehentlich nicht auf dieser Seite.
Ich wünsche Ihnen alles Gute.
Ingrid Henkes
von
Ingrid Henkes
am 11.01.2024