Mein Sohn ist 17 Wochen alt und ein sog. Schreibaby. Man merkt, dass ihm manchmal alles, also die Welt um ihn herum zu viel ist. Einkaufen mit ihm vermeide ich, auch alle sonstigen Aktivitäten, soweit es geht. Allerdings hat er eine große Schwester, 23 Monate, deren Spiel oder Geplapper ihn auch manchmal überfordert. Er schreit dann eine halbe Stunde am Stück oder länger. Da ich mit den Kindern alleine bin, ist es mir dann nicht möglich, mich mit ihm in ein ruhiges Zimmer zurück zu ziehen, da ich ja meine Tochter nicht alleine lassen kann. Ich trag ihn bei Schreiattacken und versuche ihn zu beruhigen, er ist also nicht allein! Er ist sonst gesund, keine Blockaden oä.
Schaden diese Schreiattacken unserer Bindung? Er beruhigt sich trotz Körperkontakt nur sehr schwer, schreit auch auf dem Arm eine ganze Zeit lang weiter!
Was kann ich tun, um ihm zu helfen? Schreiambulanz war erfolglos.
von
Else2011
am 28.01.2013, 07:59
Antwort auf:
Schreien
Hallo, zunächst einmal würde mich interessieren, wo Sie in der Schreiambulanz gewesen sind und was man Ihnen dort geraten hat. Es gibt nämlich bisher keine tragfähige Auswertung eines Nutzens solcher Schreiambulanzen.
Eine Mutter allein zu Hause mit einem Kleinkind und einem unruhigen und wahrscheinlich temperamentvollen Säugling ist stark belastet. Sie braucht unbedingt Hilfe und Entlastung. Wenn die Familie nicht einspringen kann, sollte sie sich auch an Hilfsangebote aus der Gesellschaft wenden, die sie über das Jugendamt erfragen kann. Das Problem ist nämlich, dass irgendwann ihre ruhige und ausgleichende Wirkung erschöpft ist und sie dann zu dem Zustand beiträgt, den sie beseitigen möchte. Dieser unglückliche Kreisschluss kann dann nur durch einen Außenstehenden beendet werden, der aber viel Erfahrung und Fingerspitzengefühl mitbringen muss.
Versuchen Sie, Ihren Tag erst einmal zu strukturieren und geschickt zu organisieren. Ihre ältere Tochter könnte - zunächst zusammen mit ihnen - in eine Spielgruppe gehen, wo Sie sich dann tatsächlich immer wieder in eine Nebenzimmer zurückziehen können, um den Kleinen von zuviel Außenreizen etwas abzuschirmen. Ihre Tochter wird sich bei Ihrer Anwesenheit in der zunächst fremden Gruppe sicher fühlen. Spaziergänge, Einkäufe und andere Aktivitäten könnten beiden Kinder Beschäftigung geben, wobei Sie den Kleinen am besten mit einer Tragehilfe am Körper tragen. Solange er Ihnen zugewandt ist, ist er dabei gut abgeschirmt. Wenn Sie selbst ruhig wirken, überträgt sich das auch auf Ihre Kinder. Schreiben Sie mir wieder. Viele Grüße
von
Dr. med. Rüdiger Posth
am 30.01.2013