Sehr geehrter Dr. Posth,
unser Sohn (6 Monate / gestillt/ Familienbett) ist ein sehr schlechter Schläfer/Einschläfer. Er schreit vor jedem Einschlafen- tagsüber oder abends. Wir können nichts machen. Wenn er müde wird, wird er sehr unruhig , wirft sich hin und her, windet sich- bis er schließlich schreit. Das Ganze hat sich mittlerweile auf höchstens 15 Minuten reduziert ( welche mir in dem Moment aber immer noch endlos lang vorkommen)- meist sind es aber nur 5-6 Minuten. Wir schaffen es nicht, ihm ein Einschlafen ohne Schreien zu ermöglichen- egal, ob wir in tragen, Hüpfball, gemeinsam im Bett… Nur im Tragetuch unterwegs schafft er es einzuschlafen. Funktioniert nur unterwegs- zu Hause nicht.
Kann sich dieses Schreien negativ auf die Bindung auswirken, da wir nicht in der Lage sind, das Bedürfnis nach Einschlafen zu befriedigen? Woran kann es liegen, dass er trotz geduldiger Einschlafbegeleitung nicht in den Schlaf findet, ohne zu schreien?Ist es einzig eine Frage der Reife?
Anna
von
dickemama112
am 28.07.2014, 08:50
Antwort auf:
Schreien, Schlafen und Bindung
Hallo, man kann nur sagen: ja und nein. Ja, weil die allgemeine Unruhe und die Unfähigkeit zum "Abschalten" entweder Zeichen eines irrtierten Nervensystems ist (also weinigstens z.T. auch angeboren), nein, weil Sie ja einen großen Einsatz zeigen, durch einfühlsames Elternverhalten und Bindung fördernde Maßnahmen dem angeborenen "Defizit" entgegen zu wirken. So geht es allen Eltern mit schwierigen Säuglingen. Die angeborene Unruhe, Nervosität und Empfindsamkeit sind für mich Temperamentseigenschaften, die nicht ganz einfach von außen zu beeinflussen sind. Genau das stellen Sie fest. Aber die Mühe, die Sie sich dabei geben, läuft nicht ins Leere, sondern hilft Ihrem Sohn, sich zu "strukturieren" (Fachwort für nachhaltige Verbesserung der nervösen Verhaltensweisen). Dabei, und das ist das Entscheidende der hier von mir vertretenen Konzepts (Bindungskonzept), dürfen keine konditionieren Maßnahmen auf negativen Emotionen angewandt werden. Es muss immer bedürfnisgerecht und zuwendungsintensiv vorgegangenen werden. Wenn es mal nicht gelingt, ist es nicht so schlimm, denn die vielen Male, in denen es gelungen ist, wirken so gut vor (positive emotionale Integration), dass ein paar "Versager" vom Säugling verschmerzt werden. Also im Prinzip machen Sie alles richtig, Sie brauchen nur viel Durchhaltevermögen. Auf jeden Fall wird sich das Verhalten Ihres Sohnes in der nächsten Zeit zum Positiven verbessern. Gibt es vielleicht noch organische Probleme, die die Entspannung verhindern, wie Zahnungsprobleme oder Nahrungsmittelunverträglichkeiten? Viele Grüße
von
Dr. med. Rüdiger Posth
am 01.08.2014