Hallo,
meine 7 monate alte Tochter ist ein sehr temperamentvolles, aktives und waches Kind.
Sie ist ständig in Bewegung und meist zappelt alles an ihrem kleinen Körper.
Wird sie müde, wird alles noch viel intensiver. Dann geht ihr Körper auf dem Schoß nur noch auf und ab.Sie wirft sich mit aller Kraft nach hinten und reibt sich ihre Augen.
Der neueste Tick ist, immer die Hände bzw.Handgelenke und Füßchen zu kreisen.Gibt man ihr etwas zum spielen in die Hand, zeigt sie kurz dafür Interesse und danach fangen die Händchen wieder an zu kreisen.Ist das normal oder nur so eine Art Tick?Überhaupt hat sie immer was in der Hand, so als müsse sie sich daran festhalten und damit beruhigen. Selbst in ihrem Bettchen klammert sie sich zum Einschlafen an ihre Schmusewindel.Beim stillen klammert sie sich an meinem Pullover fest bzw.kreisen ihre Ärmchen - sie kann einfach nicht in Ruhe sein.
An den Spielsachen erfreut sie sich immer nur kurz, dann wird ihr alles langweilig.Wenn ich nicht mit ihr auf der Krabbeldecke sitze, gibt es nur Theater.Sie fordert extrem viel Aufmerksamkeit und ihre Stimmung schwankt extrem. Sie war im ersten halben Jahr ein extremes Schreibaby, einschlafen war die Hölle, Tagesschläfchen gab es nur 3x30 Minuten. Das hat sich zum Glück gebessert. Nachts braucht sie leider noch 2 Stillmnahlzeiten.Schlafen insgesamt etwa 14 Stunden. Tagsüber schläft sie nun schon mal 1,5-2 Stunden.
Insgesamt mache ich mir große Sorgen, dass ihr Verhalten nicht normal sei.Zumal wir als Eltern beide eher ruhig veranlagt sind und uns oftmals denken, ob wir mit ihrem starken Temperament wohl zurecht kommen!?
Kann man da schon von hyperaktivem Verhalten sprechen?Sollte man jetzt schon gewisse Grenzen setzten?Wenn ja,wie? Oder wird das erst im 2.Lebensjahr wichtig?
Vielen Dank, Simone.
Mitglied inaktiv - 03.11.2003, 20:35
Antwort auf:
immer in Bewegung
Liebe Simone, bis zu einem gewissen Grad ist das Verhalten Ihrer 7monatigen Tochter ja normal. Z.B. die motorische Regsamkeit, das Sich-klammern an die Schmusewindel, die noch kurze Beschäftigung mit einem Gegenstnd, die Forderung Ihrer mütterlichen Präsenz auf der Krabbeldecke. Lesen sie meinen Text über das emotionale Bewußtsein, v.a. Teil 2. Da geht es ums Fremdeln und die Anhänglichkeit.
Wenn Ihre Tochter ein sogenanntes Schreibaby gewesen ist, dann ist es ganz entscheidend zu wissen, Wie Sie damit umgegangen sind, ob Sie Hilfe bekommen haben, ob Medikamente zur Behandlung etwaiger Blähungskoliken eingesetzt worden sind, usw. Man weiß nämlich heutzutage, daß dieses Schreien sehr ungünstig für die Gehirnentwicklung ist, und sich wahrscheinlich unruhiges Verhalten aus dem Schreien-lassen direkt ableiten läßt (s.Text, 1.Teil). Das kommt daher, daß die Mutter-Kind-Bindung nicht sicher wird und der Säugling seine Emotionen nicht mehr mit Hilfe seiner primären Bezugsperson regulieren kann. Die Folge sind anhaltendes Angstgefühl und extremes Anklammern an die primäre Bezugsperson bei tatsächlichem Vertrauensverlust. Die Angst besteht vor dem Verlust der Mutter. Es resultiert eine unsicher-ambivalente Bindung, die wiederum die weiteren Loslösungschritte im zweiten Lebensjahr kompliziert (Entwicklung des Willens vornehmlich durch großen Widerstand, früher und heftiger Trotz).
Deswegen ist es jetzt ganz wichtig, daß Sie, was so früh noch unproblematisch geht, Ihrer Tochter ganz viel Bindungssicherheit geben durch Ihre Nähe, Einfühlsamkeit und Verläßlichkeit. Grenzen kann man jetzt noch gar nicht, und es wäre auch völlig verfehlt. Nein, ganz viel Zuwendung sollten Sie gewähren, Verläßlichkeit auch in den Nächten zeigen, wobei es meiner Meinung nach gleichgültig ist, ob Sie das durch fortgesetztes Stillen erreichen oder durch Ihr alleiniges Dasein und ruhiges Zureden. Für eine ausreichende Sättigung am Abend sollten Sie natürlich sorgen. Viele Grüße
von
Dr. med. Rüdiger Posth
am 05.11.2003