Hallo Dr. Posth,
sein Problem hat unser Sohn (3,5 J.) wohl in seine Wiege gelegt bekommen, da ich als Kind auch so war, und wir Eltern beide so sind: seine Impulsivität und
Aggressivität. Es ist so, daß er bei kleinsten Problem oft ausflippt inkl. Sachen zerstören und uns hauen, und
zwar so schnell, daß man gar nicht erst den Konflikt vermeiden kann. So ist er dann nat. nicht ansprechbar, und wir können nur sehen, daß er und die Wohnung heile bleiben. Wenn er sich beruhigt hat, tut es ihm wirklich leid, er versteht seinen Fehler und hilft aufräumen. Ich glaube, er leidet selbst darunter. Für Wutkissen, -bilder etc. ist er noch zu klein. Es funktioniert jedenfalls nicht. Haben Sie vielleicht einen Tip, wie wir das in den Griff kriegen.
"Verwächst" sich das mit zunehmender Vernunft oder ist das schon ein Fall für professionelle Hilfe?
Ach ja, er hat eine anderthalbjährige Schwester, mit der ihn eine recht innige Beziehung verbindet, aber auch Eifersucht!
Vielen Dank u. Gruß, M.
Mitglied inaktiv - 09.10.2006, 19:58
Antwort auf:
Aggressivität eines 3,5-jährigen
Stichwort: Aggressivität bei Kleinkindern
Hallo, genetisch weitergegeben oder stilles Vorbild (Lernen am Modell), das ist hier die Frage. Im ersten Fall hätten Sie wenig Chancen, das Verhalten Ihres Sohnes vollständig zu ändern, im zweiten Fall schon, indem Sie nämlich darauf achten, kein Modell mehr hierfür abzugeben. Das wäre auch schon die ganze Therapie. Die bereits eingeschliffenen Reaktionen müßten Sie dann langsam durch ein konsequent einzuhaltendes Regelkonzept abbauen.
Die Wahrheit liegt wie in fast allen Dingen auch hier in der Mitte. D.h. ein Teil wird des Verhaltens wird angeboren sein und damit genetisch vorgegeben, der andere Teil ist falsches Vorbild. So trifft mein gerade gemachter Vorschlag durchaus zu, und Sie sollten sich wirklich bemühen, kein schlechtes Vorbild mehr zu sein.
Darüberhinaus braucht Ihr Sohn überzeugende Eltern, die wissen, was in der Familie zu gelten hat und was nicht. Aber alle Regeln müssen gewaltfrei durchgesetzt werden! Liebevolle Konsequenz ist das Zauberwort. Konsequent sein heißt: ausgehandelte Regeln müssen von beiden Seiten eingehalten werden, Übertretungen und Verstöße müssen verbal, also mit eindringlichen Worten geahndet werden, nicht mit Strafen und schon gar nicht mit Strafen, die mit der Sache nichts zu tun haben. Die Ächtung der Tat (nie der Person!) genügt, und es muß ein Wiedergutmachungsvorschlag gemacht werden. Der muß sach- und kindgerecht sein, und auf seine Verwirklichung ist unbedingt zu achten. Sie muß konsequent durchgeführt werden. Ziel ist die Unterlassung der sanktionierten Handlung in der Zukunft.
Mit der Zeit schleift sich dieser Vorgang im Kind ein. Die erfolgreiche Umsetzung er Wiedergutmachung erzeugt Stolz, der durch ein angemessenes Lob im Kind gefödert werden sollte. In der weiteren Entwicklung werden diese Mechanismen vom Kind innerlich übernommen und in sein Verhaltskonzept eingebaut. Dadurch entwickeln sich Gewissen und Vernunft, die in Zukunft ohne ständige elterliche Kontrolle die Einsichtsfähigkeit im Kind übernehmen. Viele Grüße
von
Dr. med. Rüdiger Posth
am 13.10.2006